Manfred Hackl, CEO von EREMA, beschreibt im Interview, wie das Unternehmen trotz angespannter Marktlage seine globale Wettbewerbsfähigkeit stärkt, den Customer Value erhöht und durch rund 40 Prozessoptimierungsprojekte die interne Kostenstruktur verbessert. Gleichzeitig betont er, dass technologische Entwicklung Priorität haben muss, um neue Anwendungen im Kunststoffrecycling zu erschließen. Markus Huber-Lindinger, Chief Operating Officer, stellt aktuelle Entwicklungen im Post-Consumer Recycling vor und erklärt, wie Technologien wie EcoGentle oder PredictOn helfen, Energie zu sparen und Ausfallzeiten zu reduzieren. Auch in der Digitalisierung sieht EREMA eine Schlüsselrolle für Wirtschaftlichkeit und Prozessstabilität.
Circular Techology: Herr Hackl, das Marktumfeld ist angespannt, Investitionen in neue Anlagen werden vielfach verschoben. Wie reagiert EREMA strategisch auf diese Entwicklung mit Blick auf globale Wettbewerbsfähigkeit und Standort Europa?
Manfred Hackl: Wir gehen davon aus, dass mittel- bis langfristig Kunststoff und Kunststoffrecycling ein klares Wachstum haben werden. Unser Fokus liegt auf der Erhöhung des Customer Values und der Optimierung der internen Kostenstruktur. Hier haben wir in den letzten zwei Jahren im Rahmen unseres internen Prozessoptimierungssystems „EREMA Prozesse Next Level“ rund 40 Projekte umgesetzt, um interne Abläufe zu verbessern. Was nicht passieren darf ist, dass aufgrund von Kostenoptimierung die Innovation leidet. Für uns steht die technologische Entwicklung im Vordergrund, denn im Kunststoffrecycling ergeben sich weiterhin viele neue Möglichkeiten, insbesondere durch neue Anwendungen. Uns hilft, dass wir nicht auf eine Anwendung beschränkt sind, sondern ein breites Portfolio haben.
Kunden stärken
Circular Technology: Viele Recyclingunternehmen kämpfen aktuell mit niedrigen Rezyklatpreisen bei gleichzeitig hohen Betriebskosten. Welche Rolle spielt die Wirtschaftlichkeit Ihrer Technologie für Kaufentscheidungen – und wie kommunizieren Sie diesen Nutzen gegenüber Kunden?
Manfred Hackl: Die wirtschaftliche Situation unserer Kunden ist derzeit deutlich angespannt. Umso entscheidender ist es, dass unsere Maschinen und Technologien geringe Betriebskosten (OPEX) ermöglichen. Darauf haben wir in den letzten Jahren besonderen Fokus gelegt. Zum Beispiel durch unsere intelligente Austragssteuerung DischargePro für den EREMA Laserfilter. Erste Ergebnisse zeigen eine deutliche Reduktion von Materialverlusten durch den gleichmäßigeren Betrieb. Je nach Anlage und Material liegt das Einsparungspotenzial bei 50-70.000 Euro. Auch unsere Digitalisierungsmaßnahmen zielen darauf ab, die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und wir erweitern hier kontinuierlich unser Angebot. Zur K wächst beispielsweise die

Reihe für die vorausschauende Wartung um ein neues Modul und eine KI-Analyse. All diese Maßnahmen helfen, Ausfallzeiten zu reduzieren.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Energieverbrauch der Maschine. Hier ist unser EcoGentle Plastifiziersystem ein großer Hebel. Die DuaFil Compact Technologie benötigt deutlich weniger Energie als klassische Doppelfiltrationssysteme. Gerade in Europa, wo Energie teuer ist, lassen sich so erhebliche Einsparungen erzielen.
Kreislaufwirtschaft ermöglichen
Circular Technology: Die politischen Ziele zur Kreislaufwirtschaft sind ambitioniert, aber die Umsetzung stockt. Was braucht es aus Ihrer Sicht, damit sich Investitionen in hochwertige Recyclingtechnik langfristig rechnen – auch für mittelständische Betriebe?
Manfred Hackl: Das Wichtigste für unsere Kunden wäre eine langfristige Preisstabilität oder langfristige Lieferverträge, damit Investitionen planbar sind. Kurzfristige Einjahresverträge machen Investitionen in Maschinen sehr risikoreich. Darüber hinaus sind Maßnahmen hilfreich, bei denen Produkte mit Recyclinganteil Bonuszahlungen erhalten.
Mein persönlicher Wunsch wäre eine Aufteilung der Kunststoffsteuer nach dem Prinzip 50/25/25: 50 Prozent gehen nach Brüssel, 25 Prozent bleiben im Land für Investitionen ins Kunststoffrecycling und 25 Prozent bleiben für Converter und Neuwarehersteller, um Design for Recycling und Design for Recyclat voranzutreiben.
Wirtschaftlichkeit erhöhen
Circular Technology: Herr Huber-Lindinger, die Anforderungen an Recyclinganlagen steigen kontinuierlich: flexible Inputströme, hohe Outputqualität, maximale Energieeffizienz. Welche technologischen Entwicklungen treiben Sie derzeit am stärksten voran?
Markus Huber-Lindinger: Ein Schwerpunkt liegt auf dem Post-Consumer Recycling. Mit unserem neuesten Technologie-Update für die INTAREMA TVEplus, das wir auf der K präsentieren werden, steigern wir die Entgasungsleistung nochmals deutlich und eröffnen unseren Kunden damit neue Geschäftsmöglichkeiten. Für Recycler entscheidet neben der Qualität der Regranulate vor allem die Anlagenverfügbarkeit über den wirtschaftlichen Erfolg. Daher treiben wir Entwicklungen voran, die unsere Kunden dabei unterstützen, Stillstände auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Umfassende Serviceleistungen, schnelle Ersatzteilverfügbarkeit oder intelligente Assistenzsysteme sind Beispiele dafür.

Auch jene Technologien, die den Energieverbrauch senken, wie DuaFil Compact oder die EcoGentle Plastifiziertechnologie sind hier relevant. Darüber hinaus die Weiterentwicklung unserer Filtertechnologien. Größere Filterflächen erlauben eine feinere Filtration auf einer Maschine und verbessern gleichzeitig die Schmutzabfuhr.
Im PET-Bereich haben wir mit VACUNITE bereits eine sehr gute Technologie, die beste Qualitätsstufen liefert. Dennoch konnten wir hier den Stickstoffverbrauch noch um 40 Prozent reduzieren.
Das sind alles Maßnahmen, die die Wirtschaftlichkeit vorantreiben bei gleichzeitig weniger Energieeinsatz. Und hier ist noch wichtig, dass wir mit unserem Joint-Venture-Partner Lindner Washtech die Anlagenkombination von Waschanlage über Extrusion und Filtration bis hin zum ReFresher komplett vernetzen können und damit die Energie und Personaleinsatz noch effizienter gestalten.
KI und Digitalisierung
Circular Technology: Digitalisierung und Automatisierung gelten als Schlüssel zur Prozessstabilität und Effizienzsteigerung. Welche konkreten Lösungen bietet EREMA in diesem Bereich – und welche Rückmeldungen erhalten Sie von der Praxis?
Markus Huber-Lindinger: Hier bekommen wir das Feedback, dass EREMA in der Branche Benchmark ist. Einerseits bei der Automatisierung unserer Maschinen, die wir seit Jahrzehnten vorantreiben und stetig neue Lösungen liefern, wie zum Beispiel aktuell eine Temperaturregelung für die PCU. Andererseits unsere digitale Kundenplattform BluPort und alle Funktionalitäten, die dort abgebildet sind. Zur K neu ist PredictOn:Plastification Unit, womit wir den Verschleiß kontinuierlich an der Schnecke während des Betriebs messen. Dadurch lässt sich der optimale Zeitpunkt für den Schneckentausch ermitteln. Auch das gesamte PredictOn:Drive System haben wir weiterentwickelt und setzten jetzt KI-Modelle für Deep-Dive-Analysen ein, wenn Kunden hierfür Bedarf haben.
Die Rückmeldungen aus der Praxis sind durchweg positiv: Unsere Kunden schätzen den hohen Automatisierungsgrad, weil qualifiziertes Personal oft schwer zu finden ist. BluPort wird dafür geschätzt, dass man Anlagen bequem von überall aus überwachen kann und den Gesamtüberblick behält.
Bild ganz oben: Markus Huber-Lindinger (l.) und Manfred Hackl sehen EREMA in herasufordernden Zeiten gut aufgestellt. Foto: Circular Technology
