Wie lässt sich hochwertiges Rezyklat zuverlässig in bestehende Kunststoffprozesse integrieren? Wittmann zeigt mit der modularen Smart Recycling-Lösung, wie Inline-Recycling zur industrietauglichen Antwort auf steigende Nachhaltigkeitsanforderungen wird. Vertriebsleiter Alexander Paech erläutert, wie Qualität, Effizienz und Ressourcenschonung im Produktionsalltag zusammenfinden – mit intelligenten Komponenten, konkreten Kundenerfahrungen und Blick auf neue Einsatzfelder bis in die Medizintechnik.

Bei Wittmann in Nürnberg steht Nachhaltigkeit im Zentrum technologischer Entwicklung. Das Unternehmen setzt auf konkrete Lösungen, die die Kreislaufwirtschaft industrietauglich machen. Alexander Paech, Vertriebsleiter Automation und Peripherie am Standort Nürnberg, gibt im Gespräch mit Circular Technology Einblick in aktuelle Entwicklungen rund um den Einsatz von Rezyklaten in der Kunststoffverarbeitung. Besonders die modulare Smart Recycling-Lösung zeigt, wie ressourcenschonende Produktion auch unter hohen Qualitätsanforderungen möglich wird.

Rezyklate im industriellen Einsatz

Wittmann demonstriert, wie sich 100 Prozent recyceltes Material erfolgreich in anspruchsvollen Anwendungen einsetzen lässt. Auch mit der Rezyklatverarbeitung im Schaumspritzguss hat Wittmann viel Erfahrung. „Wir konnten in einem Projekt das Bauteilgewicht um bis zu 15 % reduzieren“, so Paech.

Herausforderung Materialqualität

Alexander Paech vor der Smart-Recycling-Anlage im Technikum von Wittmann in Nürnberg. Foto: Circular Technology

Gerade in regulierten Branchen wie der Medizintechnik oder im Automotive-Sektor gelten höchste Anforderungen. „Die Qualitätsanforderungen sind enorm hoch“, erklärt Paech. „Deswegen hat man sich eigentlich immer gesträubt, Mahlgut einzusetzen.“ Die häufig heterogene Zusammensetzung und die schwierige Vorhersagbarkeit der Materialeigenschaften machten es bislang unattraktiv oder sogar unmöglich. Inzwischen steigen aber auch in regulierten Industrien die Anforderungen an die CO₂-Bilanzen und Rezyklatquoten. Smart Recycling setzt genau hier an und zielt darauf ab, den Unterschied zwischen Neuware und Mahlgut so gering wie möglich zu halten.

Inline statt extern

Ein Kernelement der Lösung ist die vollständige Integration des Recyclings in die Produktionszelle. „Der Kunststoff oder das recycelte Material darf die Anlage nicht verlassen“, betont Paech. „Das Recycling muss Teil des Prozesses sein.“ Damit entfällt der Transport zu zentralen Regranulierungsanlagen. Angüsse und Fehlteile werden direkt an der Maschine zerkleinert und dem Prozess erneut zugeführt. Das reduziert den Energieeinsatz spürbar. „Die Mühle wird nur angesteuert, wenn sie auch tatsächlich benötigt wird“, so Paech.

Effizienz durch Prozessnähe

Für einen stabilen und effizienten Prozess ist die Materialqualität entscheidend. Daher setzt Smart Recycling auf klar definierte Korngrößen, permanente Entstaubung und eine gezielte Kontrolle der Materialfeuchte. „Wir passen uns nicht dem Prozess an, sondern wir bestimmen von vornherein, wie das Mahlgut bereitgestellt wird unter Kundenbedingungen.“ Damit wird die Verarbeitung optimiert und die Konsistenz des Prozesses gesichert – auch bei einem hohen Anteil von Rezyklat.

Wertschöpfung als Investitionskriterium

Die Investition in eine Smart Recycling-Lösung rechnet sich vor allem bei hochwertigen Bauteilen und Serien mit langen Laufzeiten. „Es muss eine gewisse Wertschöpfung sein“, sagt Paech. Gerade im Automotive-Bereich sind die Werkzeuge oft Jahrzehnte im Einsatz. „Wir haben es teilweise mit Werkzeugen zu tun, die aus den 70er Jahren stammen“, erklärt Paech. „Da machen die Angüsse manchmal 20 % der Bauteilgröße aus.“ Die Rückführung dieser Materialmengen in den Prozess kann einen erheblichen Beitrag zur Material- und Kosteneffizienz leisten.

Anwendungsbeispiele und nächste Schritte

Die Smart Recycling-Technologie läuft bereits bei mehreren Kunden im regulären Betrieb. „Mittlerweile haben wir sechs Anlagen im Feld, und dieses Jahr werden  noch weitere hinzukommen“, berichtet Paech. Die Technologie überzeugt offenbar auch im Netzwerk. „Ein großer Verarbeiter, der Smart Recycling einsetzt, ist dabei, das jetzt auch seinen Zulieferern schmackhaft zu machen.“ Der nächste Entwicklungsschritt soll den Einsatz im Medizinbereich erschließen. „Wenn es nach mir geht, würde ich gerne noch den Einsatz im Medizinbereich testen“, sagt Paech. Die technischen Voraussetzungen dafür sind vorhanden, je nach Hygieneanforderung und Produkttyp.

Feedmax Clean als weitere Schlüsselkomponente

Ein wichtiger Baustein hierfür ist der Feedmax Clean. Dieses Fördergerät wurde ursprünglich entwickelt, um Mahlgut besser zu verarbeiten. Heute zeigt es auch bei Neuware Wirkung. „Ein Kunde hat bei einem 25-Kilo-Sack PP 300 Gramm Staub rausgeholt“, erklärt Paech. Hochgerechnet auf das Jahr ergibt das erhebliche Mengen. Der Staub selbst ist für den Prozess hochproblematisch. „Staub klebt an der Wandung fest, ist statisch aufgeladen und kann unter Umständen sogar explodieren.“ Daher gilt für Paech: „Staub ist Mist. Wie im Haushalt.“

Pioniergeist zahlt sich aus

Wittmann zeigt, wie sich technologischer Anspruch, Praxiserfahrung und Kundennähe zu einer ganzheitlichen Lösung verbinden lassen. „Man hat den Mut gehabt zu sagen, wir wollen das jetzt machen“, sagt Paech. Das Ergebnis: eine modulare Recyclinglösung, die Prozesse effizienter macht, Qualitätsstandards sichert und wirtschaftlich überzeugt. Smart Recycling steht für eine neue Generation industrieller Kreislaufwirtschaft.

Bild ganz oben: Philipp Lubos (l.) und Alexander Paech im Technikum in Nürnberg. Foto: Circular Technology

Von fil