Der aktuelle Marktbericht von Recycario und prognostica (Ausgabe Oktober 2025) zeigt eine zunehmend instabile Lage im europäischen Rezyklatmarkt. Während sich die Preise für LDPE-Regranulate kurzfristig stabilisieren, verschärfen sich strukturelle Engpässe durch Kapazitätsverluste und politische Unsicherheiten.

Die Prognosemodelle zeigen ein enges Preisband mit hohem Risiko für Marktverwerfungen ab dem Frühjahr 2026. Kunststoffverarbeiter sollten ihre Versorgungssicherheit frühzeitig absichern.

Rückgang am unteren Marktsegment, Oberband bleibt stabil

Im Oktober 2025 gab der LDPE-Rezyklatmarkt uneinheitliche Signale. Hochwertige, hellfarbige Regranulate behaupteten sich auf stabilem Preisniveau, während schwächer sortierte Qualitäten deutliche Preisrückgänge verzeichneten. Der im Spätsommer erreichte Preisscheitelpunkt konnte am Markt nicht gehalten werden. Gleichzeitig zeigt die aktuelle Modellbewertung von Recycario und prognostica eine außergewöhnlich hohe Prognosegenauigkeit. Die Notierungen bewegten sich im vorhergesagten Korridor, was die Relevanz datenbasierter Beschaffungsplanung unterstreicht.

Herbstabschwächung ohne klassischen Preiseinbruch

Typische saisonale Preisrückgänge blieben bislang aus. Viele Recycler mit ausreichender Kapitaldecke setzen gezielt auf Lageraufbau, statt Margen durch Abverkauf unter Druck zu setzen. Diese Strategie basiert auf der Annahme, dass die Nachfrage aus dem Bau- und Infrastruktursektor im Frühjahr anziehen wird. Rezyklate könnten dann aus Lagerbeständen gezielt abgerufen und besser vermarktet werden. Die aktuell moderate Marktdynamik täuscht über die zunehmende Anspannung in den Lieferketten hinweg.

Strukturelle Engpässe verschärfen sich

Der strukturelle Abbau von Regranulierkapazität in Europa setzt sich fort. Innerhalb von drei Jahren wurde nach Schätzungen von PRE rund eine Million Tonnen Produktionsvolumen vom Markt genommen. Besonders kritisch ist die aktuelle Entwicklung in Italien. Dort stehen Teile der Recyclingindustrie aufgrund regulatorischer Hemmnisse vor einem vollständigen Produktionsstopp. Dieser italienische Dominoeffekt könnte sich auf benachbarte Märkte ausweiten und die gesamte europäische Versorgungslage destabilisieren.

Versorgungsrisiko bei Ballenware steigt

Bei LDPE-Ballenware zeigen sich weiterhin gegenläufige Trends. Minderwertige Qualitäten gaben im Preis leicht nach, während hochtransparente Materialien auf stabilem Niveau verblieben. In sechs von zehn Monaten dieses Jahres lagen die Preise für K40-Ballen oberhalb der 400-Euro-Marke. Dies signalisiert eine anhaltende Teuerung bei hochwertigem Inputmaterial. Gleichzeitig sinkt das mengenmäßige Angebot, unter anderem aufgrund wachsender Exporte in außereuropäische Märkte.

Prognosemodelle zeigen kritische Szenarien

Die aktualisierten Vorhersagemodelle von Recycario und prognostica simulieren drei Marktverläufe bis ins Frühjahr 2026. Im Stressszenario führen geopolitische Disruptionen und der Wegfall zentraler Kapazitäten zu massiven Preissteigerungen bei Rezyklaten. Selbst die konservativen Szenarien zeigen stabile bis leicht steigende Notierungen. Die gemeinsame Aussage aller Modellvarianten ist eindeutig. Ohne strategische Mengensicherung könnte die Versorgungslücke im Frühjahr deutlich größer ausfallen als bisher erwartet.

Handlungsempfehlung für Kunststoffverarbeiter

Verarbeiter, die auf zuverlässige Regranulatversorgung im Frühjahr 2026 angewiesen sind, sollten bereits jetzt in den Dialog mit etablierten Lieferpartnern treten. Insbesondere hochreine LDPE-Qualitäten mit stabiler Farbausprägung sollten frühzeitig gesichert werden. Die gegenwärtige Marktruhe bietet eine Gelegenheit, die sich mit Blick auf drohende strukturelle Engpässe kaum wiederholen dürfte. Wer wartet, riskiert nicht nur höhere Preise, sondern auch operative Unsicherheiten bei der Rohstoffversorgung.

Bild oben: Die Unsicherheit wächst und Engpässe verschärfen sich auf dem europäischen Rezyklatmarkt. Abbildung: prognostica

Von fil