Das Hamburgische Welt Wirtschafts Institut (HWWI) hat angesichts der Coronavirusepidemie seine Prognose der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland für 2020/2021 überarbeitet.

Die Virusepidemie belastet die gesamte Weltkonjunktur demnach schwer; nach China breitet sich diese auch in Europa und anderen Regionen aus. Die deutsche Wirtschaft ist über Liefer- und Produktionsketten wie auch als Absatzmärkte betroffen, zudem sind viele Wirtschaftsbereiche durch die hiesigen Schutzmaßnahmen stark betroffen. Die ökonomischen Auswirkungen sind schon wegen des nicht absehbaren Ausmaßes der Epidemie schwer abschätzbar. Zumindest in der ersten Hälfte dieses Jahres wird die Wirtschaftstätigkeit in Deutschland dadurch stark gedämpft. Bei Eindämmung der Epidemie könnte ab dem späteren Jahresverlauf einiges wieder nachgeholt werden. Das HWWI erwartet für 2020 dann ein Minuswachstum von 2,5 %, für 2021, wenn zu der Erholung auch Nachholeffekte beitragen, ein Wachstum von 2,3 %. Die Gefahr einer längeren und noch ausgeprägteren Rezession, was Tiefe wie Dauer betrifft, ist aber bei Ausweitung zur Pandemie hoch.

Stagnation bereits vor Corona – Niedriger Ölpreis bremst negative Effekte

Die deutsche Wirtschaft konnte im vergangenen Jahr noch einer Rezession entgehen, seit Frühjahr letzten Jahres stagniert sie aber annähernd und in den ersten Monaten dieses Jahres kamen mit Ausbreitung der Coronavirusepidemie neue Belastungen – zu globalen Handelskonflikten und Brexit – hinzu. Schon im vergangenen Jahr kam insgesamt gesehen von der Au-ßenwirtschaft ein negativer Impuls und die Exporte sind so schwach gewachsen wie seit der Finanzkrise 2009 nicht mehr. Die Virusepidemie beeinträchtigt zum einen weiter die deutschen Exporte. Und, wie schon im letzten Jahr, wird das auch die Investitionsneigung der Unternehmen weiterhin mindern. Im vergangenen Jahr hat noch die ansonsten robuste Binnennachfrage, privater und staatlicher Konsum sowie Wohnungs- und öffentlicher Bau, dafür gesorgt, dass die deutsche Konjunktur nicht rückläufig war. Schon vor Ausbruch der Virusepidemie war allerdings absehbar, dass sich der Anstieg der Beschäftigung und damit von Einkommen und von privatem Verbrauch, und letztlich auch der der übrigen binnenwirtschaftlichen Nachfrageaggregate tendenziell verlangsamen würde. Diese Entwicklung verstärkt sich ebenfalls durch die Auswirkungen der Virusepidemie, zumal der Staat eine Reihe von Schutzmaßnahmen erlassen hat, die auch die Binnenwirtschaft ungewöhnlich einschränken. Wieweit die Epidemie die Wirtschaft belastet und eine Wiederbelebung der Konjunktur verhindert bzw. hinausschiebt hängt letztlich von Dauer und Ausmaß der Epidemie ab. Der jüngste Ölpreissturz hat dank der Senkung der heimischen Energiepreise erst mal positive konjunkturelle Wirkung. Negative außenwirtschaftliche Effekte dürfte dies allerdings hinsichtlich der Ölförderländer haben.

Verunsicherung dämpft Konjunktur

Die ursprüngliche Erwartung für die diesjährige Konjunkturentwicklung, dass sich die Belastungen von außenwirtschaftlicher Seite allmählich lindern und die Expansion der Binnennachfrage zwar etwas nachlässt, aber von ihr weiterhin spürbare Wachstumsimpulse kommen, ist durch die Virusepidemie erst mal aufgeschoben. Selbst bei relativ kurzer Dauer der Epidemie ist aufgrund der Einschränkungen bei Lieferketten sowie der staatlich verordneten Schutzmaßnahmen zunächst von einem deutlichen Rückgang von Nachfrage und Produktion auszugehen, bei einer Pandemie auch mit einer ausgeprägten Rezession. Die um sich greifende Verunsicherung wird nach Ausfuhren und Investitionen in einigen Bereichen auch den privaten Konsum, etwa von bestimmten Dienstleistungen, langlebigen Gütern und Reisen, beeinträchtigen. Hinzu käme eine abgeschwächte Beschäftigungs- und Einkommensentwicklung, was ebenfalls den privaten Konsum dämpft.

Nachholeffekte ab Sommer 2020

Mit Eindämmung der Virusepidemie, mit der nach Expertenmeinung im Laufe des Sommers gerechnet werden kann, wäre dann eine durch Nachholeffekte verstärkte Erholung der Wirtschaft zu erwarten; für diese Prognose wird damit ab Herbst dieses Jahres gerechnet. Die außenwirtschaftlichen Belastungen würden nachlassen, und die Binnenkonjunktur dürfte wieder an Stärke gewinnen. Diese dann zusammenfallenden Impulse werden der deutschen Wirtschaft zumindest vorübergehend einen kräftigeren Schub geben. Im Gesamtjahr 2020 würde das reale Bruttoinlandsprodukt dann, trotz der höheren Zahl an Arbeitstagen, die für sich einen positiven Wachstumseffekt von 0,4 % ausmacht, gleichwohl um 2,5 % schrumpfen. Die Beschäftigung wird im Verlauf von 2020 sinken, die Zahl der Arbeitslo-sen sich vorübergehend erhöhen. Der Anstieg der Verbraucherpreise bleibt auch dank gedrückter Energiepreise mit 1,2 % im Jahresdurchschnitt moderat.

Erholung ab 2021?

Unter den vorgenannten Prämissen würde sich die Lage gegen Ende dieses Jahres hin wieder entspannen; Handelskonflikte, Brexit und vor allem Coronavirus würden immer weniger den deutschen Außenhandel belasten und dieser wieder mit zum Wachstum beitragen. Das wird sich dann auch auf das binnenwirtschaftliche Wirtschaftsklima, die Investitionsneigung sowie die Einstellungsbereitschaft der Unternehmen positiv auswirken. Unter diesen Bedingungen bestehen gute Aussichten, dass sich die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland im nächsten Jahr weiter stabilisiert und festigt. Bei einem Anstieg des realen Bruttoinlandsprodukts entsprechend des Potenzialpfads würde dieses dann 2021, verstärkt um Nachholeffekte, um 2,3 % wachsen. Die Lage am Arbeitsmarkt würde sich im Jahresverlauf wieder langsam verbessern. Der Preisauftrieb dürfte sich dabei nur geringfügig beschleunigen, die Inflationsrate mit eineinhalb Prozent niedrig bleiben.

Unsichere Ausgangslage

Diese Prognose geht von der Annahme aus, dass die bisher erfolgten und noch erfolgenden Maßnahmen zur Begrenzung sowohl der Ausweitung der Virusepidemie als auch der wirtschaftlichen Folgen den erhofften Erfolg haben, und dass ab etwa Mitte dieses Jahres eine Eindämmung der Virusepidemie möglich ist. Es handelt sich allerdings bei der Coronakrise um einen von anderen Rezessionen sich den Ursachen nach deutlich unterscheidenden kombinierten Angebots- und Nachfrageschock. Die Risiken einer ungünstigeren Entwicklung der Epidemie und damit einer länger andauernden und tieferen Rezession sind folglich hoch. Klassische konjunkturpolitische Maßnahmen hierzulande würden im Moment nur begrenzt helfen. Zielorientierter sind zunächst sicherlich die von der Regierung geplanten Hilfen für von der Virusepidemie betroffene Unternehmen und deren Arbeitnehmer.

 

Von fil

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