Magnete aus gut verfügbaren und umweltfreundlichen Materialien sind das Ziel eines neuen europäischen Forschungsprojekts. Die Forschenden werden die Open-Source-Softwareplattform Magnetic Multiscale Modelling Suite, kurz Mammos, aufbauen. Die Plattform wird eine Fülle von Softwarewerkzeugen umfassen, mit denen sich die Eigenschaften neuartiger magnetischer Materialien modellieren und simulieren lassen. Die Europäische Union fördert das Projekt, an dem Computerwissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Struktur und Dynamik der Materie in Hamburg maßgeblich beteiligt sind, mit sechs Millionen Euro.

Magnete kommen bei vielen technischen Anwendungen zum Einsatz, von den Generatoren in Windturbinen und den Motoren für Elektrofahrzeuge bis hin zu Computern, Sensoren und Smartphones. Sie werden also in großer Zahl benötigt, doch die in ihnen enthaltenen seltenen Erden sind knapp. Zudem entstehen bei Ihrem Abbau und ihrer Trennung große Mengen sehr giftiger Schlämme, die schwere Umweltprobleme verursachen können. Ein weiteres Problem für die EU: Ihre Länder müssen 98 Prozent der Seltenen Erden importierden, was sie sehr abhängig von China und anderen Nationen macht, die die Metalle exportieren.

Maßgeschneiderte Magnete für jede Anwendung

Nun haben sich Forschende aus Österreich, Frankreich, Deutschland und Schweden mit zwei großen Unternehmen zusammengetan, um umweltfreundlichere Magnete aus nachhaltigen Materialien zu entwickeln. Sie richten eine Open-Source-Softwareplattform mit fortschrittlichen Modellierungsprogrammen ein, um das Verhalten magnetischer Materialien zu simulieren und sie auf spezifische Anwendungen zuzuschneiden. Die Magnetic Multiscale Modelling Suite (Mammos) wird Experimente, Simulationen und künstliche Intelligenz (KI) kombinieren, um innovative magnetische Materialien zu identifizieren oder zu entwerfen und sie für modernste Geräte und Sensoren zu optimieren. Das auf vier Jahre angelegte Projekt, das die Europäische Union mit sechs Millionen Euro unterstützt, wurde kürzlich gestartet.

Mammos könnte die Entwicklungszeit für neuartige dauermagnetische Werkstoffe erheblich verkürzen. KI-Methoden in den Modellierungsprozessen sollen dabei die Genauigkeit der Simulationen erhöhen. Das Projektteam plant, in Zusammenarbeit mit der EU-Magnet-, Automatisierungs- und Sensorindustrie Standards für die Verknüpfung bestehender und künftiger Simulationssoftware in allen Entwicklungsstadien zu schaffen – von quantenmechanischen Rechnungen und Mikromagnetik bis hin zu Simulatoren auf Geräteebene. Die teilnehmenden Institutionen sind auf die Modellierung, Charakterisierung oder Produktion von magnetischen Materialien in verschiedenen Größenordnungen spezialisiert. Mammos soll die Fülle an Simulationswerkzeugen, Charakterisierungsmethoden und technischem Know-how bündeln, damit ein breites Spektrum vielversprechender Materialien modelliert werden kann.

Open-Source-Software für Wissenschaft und Industrie

Das Softwarepaket und die Daten, die im Mammos-Projekt entstehen, können Forschende aus Wissenschaft und Industrie nutzen. „Wir werden das Mammos Multiskalen Modellierungs-Framework als Open Source im Internet zur Verfügung stellen“, erklärt Hans Fangohr, der Projektleiter am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie. „Durch diese Zugänglichkeit maximieren wir den potenziellen Nutzen der Investition für alle Länder, Industrien und akademische Bereiche und tragen zur dringend notwendigen grünen Revolution bei.“

Zu den weiteren wissenschaftlichen Partnern gehören neben der Universität für Weiterbildung im österreichischen Krems, das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung in Dresden, die Universität Uppsala in Schweden und das Centre National de la Recherche Scientifique (CNRS) in Grenoble, Frankreich. Zwei der weltweit bekanntesten deutschen Technologieunternehmen, die Siemens AG und die Robert Bosch GmbH, werden ein breites Spektrum an industriellem Fachwissen und Forschungs- und Entwicklungskapazitäten einbringen. „Umweltfreundlichere Dauermagnete sind von größter Bedeutung im Wettlauf um die Bewältigung der aktuellen klimatischen Herausforderungen“, sagt Projektkoordinator Thomas Schrefl, Leiter des Zentrums für Simulation und Modellierung an der Universität für Weiterbildung in Krems: „Das Projekt Mammos leistet einen Beitrag zum Green New Deal der EU, indem es Methoden entwickelt, um den Einsatz kritischer Rohstoffe in Hochleistungsmagneten, die integraler Bestandteil von Elektromotoren und Generatoren sind, zu minimieren.“

Bild oben: Berechnung der magnetischen Domänen in Dauermagneten. Abbildung: Alexander Kovacs, Universität für Weiterbildung Krems

 

Von fil