Prof. Yulong Ding von der University of Birmingham entwickelt neue leistungsfähige Energiespeicher für Solar- und Windstrom. Er besucht als Träger des Alexander-von-Humboldt-Forschungspreises die Universität Stuttgart und das DLR-Institut für Technische Thermodynamik. Im Team von Prof. André Thess will er die technischen Grundlagen für die anstehende Transformation der Energieversorgung weiterentwickeln.

„Eines meiner Ziele hier in Stuttgart ist es, die Effizienz und Kosten-Effektivität von Carnot-Batterien zu verbessern“, sagt Ding. Carnot-Batterien wandeln überschüssige Elektrizität aus kohlenstoffarmen Quellen, etwa erneuerbaren, in thermische Energie um. Diese kann in großen Mengen gespeichert und bei Bedarf wieder in Strom zurückverwandelt werden. Die Technologie zielt auf die starken Schwankungen bei der Produktion von Wind- und Solarstrom ab. Ding gehört weltweit zu den führenden Forschungspersönlichkeiten auf dem Gebiet der Carnot-Batterien. In Stuttgart wird er sich speziell mit der Flüssigluft-Energiespeicherung (Liquid Air Energy Storage, LAES) beschäftigen – eine Technologie, die er selbst erfunden hat und bei der er die erste Phase der Technologieentwicklung leitete.

Dreimal thermische Energie

LAES ist eine Sonderform der Carnot-Batterien, weil sie ohne Hochtemperatur-Wärmepumpen funktioniert. „Sie wandelt überschüssigen Strom in flüssige Luft um, die in einem Kältetank gespeichert wird“, erklärt Yulong Ding. Zur Effizienzsteigerung werden neben der flüssigen Luft (-190 Grad Celsius) auch noch hochwertige Kälte (-160 Grad Celsius) und Kompressionswärme (ungefähr 300 Grad Celsius) gespeichert. Es sind also drei Arten thermischer Energiespeicher gekoppelt. Yulong Ding befasst sich intensiv mit der Entwicklung neuer Methoden zur Verbesserung der Kompressionswärmenutzung. Zu diesem Zweck erforscht und optimiert er Kaskadenprozesse, um die LAES-Technologie so effizienter und kostengünstiger zu machen.

Industrie ohne fossile Energien

Zweitens untersucht Ding, wie LAES durch Sektorkopplung in industrielle Grundprozesse integriert werden kann. Sektorkopplung bedeutet, dass Carnot-Batterien nicht nur die Funktion haben, überschüssigen Sonnen- oder Windstrom zu speichern. Die gespeicherte Wärmeenergie kann auch direkt für industrielle Prozesse zur Verfügung gestellt werden. Diese Prozesse benötigen sehr viel Wärme, die bisher aus fossilen Quellen, etwa Kohle und Erdgas, stammt. „Wenn wir fossile Wärme durch erneuerbare Wärme ersetzen, können wir die Produktion von Stahl, Zement, Glas, Keramik oder Chemikalien dekarbonisieren“, erklärt Yulong Ding. In Stuttgart wird sich seine Arbeit speziell auf den Stahlsektor konzentrieren, der große Mengen an Treibhausgasen produziert. Ziel ist es, Carnot-Batterien in den Prozess der Eisenerzeugung zu integrieren – den energie- und kohlenstoffintensivsten Teil des Stahlsektors.

Abwärme von grünem Wasserstoff

Drittens möchte Yulong Ding erforschen, wie die Energieinfrastruktur der nächsten Generation aussehen könnte. Denkbar wäre für ihn ein Netzwerk hocheffizienter, kosteneffektiver, multisektoraler Energiedienstleistungen, das so viele thermische Energiequellen wie möglich nutzt. In Stuttgart untersucht der Forscher die Versorgungskette sowie Möglichkeiten zur effizienten und kostengünstigen Nutzung der Abwärme, die bei der Produktion, Verdichtung, Speicherung und Nutzung von Wasserstoff entsteht.

Gastgeber Prof. André Thess freut sich auf den Gast aus Birmingham: „Mit der Verleihung des Alexander-von-Humboldt-Preises an meinen hochgeschätzten Kollegen Herrn Professor Yulong Ding würdigt die Stiftung seine Exzellenz sowohl in der Grundlagenforschung also auch bei Industriekooperationen.“ Darüber hinaus sei die Auszeichnung ein wichtiges Zeichen für die große Bedeutung der preiswerten, sicheren und umweltfreundlichen Speicherung thermischer Energie für Gebäude, Industrieprozesse und CO2-arme Kraftwerke. Zusammen mit dem Gast möchte Prof. Thess nicht nur neue Konzepte zur Speicherung elektrischer Energie in Carnot-Batterien erforschen, sondern auch das Potenzial für Industriepartnerschaften ausloten.

Gewaltiger Speicherbedarf

Ding betont, dass Energiespeicherung ein entscheidendes Element im künftigen Energiesystem ist, welches von erneuerbaren Energien dominiert sein wird. „Die Rolle der Carnot-Batterien besteht für mich vor allem darin, den riesigen Bedarf an groß angelegten Speicheranwendungen mit einer mittleren Laufzeit von wenigen Stunden bis zu einigen Hundert Stunden zu decken.“ Ein oder zwei einzelne Organisationen allein könnten diesen so wichtigen Technologiebereich nicht voranbringen, dafür brauche es die Bemühungen der ganzen Gemeinschaft. Er persönlich, sagt der Wissenschaftler, werde sein Bestes geben. In Stuttgart fühlt sich Ding gut aufgehoben: „Professor André Thess und sein Team haben internationales Renommee, besonders im Bereich der thermischen Energieumwandlung und -speicherung.“ Und die Region Stuttgart stehe für Spitzentechnologie und Innovation.

Bild oben: Zu Gast in Stuttgart: Alexander von Humboldt-Preisträger Yulong Ding arbeitet an flexiblen thermischen Energiespeichern. Foto: Uli Regenscheit

Von fil