Reifen mit Pannenschutz- oder Geräuschdämmtechnologie setzen sich im Markt zunehmend durch – stellen Altreifenentsorger aber vor massive Probleme. Die Initiative ZARE warnt vor steigenden Kosten, erschwerter Sortierung und mangelnden Verwertungswegen.

Moderne Reifentechnologien wie Seal- und Silent-Konzepte verbessern zwar die Fahrsicherheit und den Komfort für Verbraucher, bedeuten für die Entsorgungsbranche jedoch einen deutlichen Rückschritt in Sachen Recyclingfähigkeit. „Diese Reifen lassen sich nicht wie herkömmliche Produkte verarbeiten und sind auch nicht einfach zu erkennen. Das macht sie aus Sicht der Kreislaufwirtschaft zu einem echten Problemfall“, warnt Wilfried Pastorik, Sprecher der Initiative ZARE (Zertifizierte Altreifenentsorger).

Unsichtbare Zusatzstoffe, unklare Kennzeichnung

Seal-Reifen enthalten im Inneren eine viskose Dichtmasse, die kleine Perforationen selbstständig verschließt. Silent-Reifen wiederum verfügen über eine verklebte Schaumeinlage zur Reduzierung des Innengeräuschpegels. Beide Technologien verändern die Struktur und Zusammensetzung des Reifens deutlich – mit gravierenden Folgen für die stoffliche Verwertung.

„Das Problem beginnt bereits bei der Identifikation“, erklärt Pastorik. „Oft gibt es keinerlei Hinweise auf der Reifenflanke, ob es sich um einen Seal- oder Silent-Reifen handelt. Manche Hersteller kennzeichnen es gar nicht, andere nutzen nicht standardisierte Abkürzungen oder Logos.“ Die Folge: Eine sortenreine Trennung ist nur durch manuelles Aufschneiden und Begutachten möglich – ein enormer Aufwand für Recyclingbetriebe.

Wachsende Mengen – aber keine Verwertungskonzepte

Obwohl der Anteil dieser Spezialreifen bislang noch relativ gering sei, wachse das Aufkommen laut ZARE kontinuierlich. Eine geeignete Recyclingtechnologie für die verbauten Materialien existiere bislang jedoch nicht. „Seal-Reifen können unter Umständen auch gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe enthalten, weshalb wir sie derzeit als nicht recyclingfähig einstufen“, so Pastorik.

Die Entsorgungsbetriebe sehen sich deshalb mit steigenden Kosten und einer unsicheren Entsorgungsperspektive konfrontiert. Pastorik: „Die werkstoffliche Verwertung – wie sie im Sinne der Circular Economy angestrebt wird – ist bei diesen Reifen aktuell kaum möglich. In den meisten Fällen bleibt nur die thermische Verwertung oder die Deponierung im Ausland.“

ZARE fordert mehr Verantwortung von der Industrie

Die Initiative fordert daher eine klare Kennzeichnungspflicht für alle Silent- und Seal-Reifen. Darüber hinaus müsse bereits in der Produktentwicklung auf eine spätere Rezyklierbarkeit geachtet werden. „Hersteller müssen verpflichtet werden, recyclingfreundlich zu produzieren“, betont Pastorik. „Es kann nicht sein, dass ausgerechnet Sicherheits- oder Komfortfeatures zu Umweltproblemen führen, weil die Entsorgung nicht mitgedacht wurde.“

ZARE ruft zudem zu einer engeren Kooperation zwischen Industrie, Politik und Entsorgungsbranche auf, um gemeinsam praktikable Lösungen für diese Produktgruppen zu entwickeln. Nur so könne der Anspruch der Circular Economy – eine vollständige Rückführung in den Wertstoffkreislauf – auch bei innovativen Reifenarten eingelöst werden.

Bild oben: Seal- und Silentreifen sind teuer, nur eingeschränkt reparabel und im Vergleich zu Standardreifen schlechter für die Umwelt. Bildquelle: KURZ Karkassenhandel GmbH.

Von fil