Zwei Projekte aus der TU Berlin erhalten Förderbescheide aus der Initiative „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ des Bundeministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit

Künstliche Intelligenz bietet vielfältige Potenziale zum Klima- und Umweltschutz beizutragen. Das Bundesumweltministerium fördert mit der Initiative „KI-Leuchttürme für Umwelt, Klima, Natur und Ressourcen“ Projekte, die ihr digitales Know-how und ihre Kreativität nutzen, um ökologische Herausforderungen zu bewältigen. Dafür stehen insgesamt Fördermittel in Höhe von 40 Millionen Euro zur Verfügung. Am 5. Oktober 2020 übergab der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) Florian Pronold persönlich zwei Förderbewilligungen in Höhe von rund 2,3 Millionen und rund 1,5 Millionen Euro für zwei Projekte an die antragstellenden Wissenschaftler der TU Berlin, des Einstein Center Digital Future (ECDF) und ihre Kooperationspartner.

Projekte mit Strahlkraft sollen Potenzial aufzeigen

Das BMU fördert die Entwicklung und die Erprobung des Einsatzes von KI-basierten Innovationen, um aktuelle ökologische Herausforderungen zu bewältigen. Als KI-Leuchttürme sollen diese Projekte mit Strahlkraft aufzeigen, wie der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Förderung des Umweltschutzes und der Kreislaufwirtschaft beitragen kann. In der Förderlinie Anwendungsorientierung und Fundierung liegt die Federführung für zwei der insgesamt 15 ausgewählten Projekte bei Forscher der Technischen Universität Berlin.

Prof. Dr. Tilmann Santarius. Foto: TU Berlin

Prof. Dr. Tilman Santarius, Professor für Sozial-ökologische Transformation an der TU Berlin und dem ECDF, leitet das Projekt Green Consumption Assistant für nachhaltigen Konsum – Entwicklung, Anwendung, Evaluation (GCA). Gemeinsam mit seinem ECDF-Kollegen Prof. Dr. Felix Biessmann (Beuth Hochschule für Technik Berlin) konnte er heute den Förderbescheid von rund 2,3 Millionen Euro entgegennehmen. Das Verbundprojekt Circular Textile Intelligence (CRTX) wird seitens der TU Berlin von Prof. Dr. Ulrike Woggon, Leiterin des Fachgebiets Nichtlineare Optik, geleitet und mit insgesamt rund 1,5 Millionen Euro gefördert.

„Künstliche Intelligenz hält viele Lösungen für Umwelt, Klima und Ressourcen bereit. Diese Potenziale müssen wir noch stärker als bisher nutzen. Deshalb fördern wir mit unserer Initiative Technologien, die ganz konkret den Zielen des Klima- und Umweltschutzes nutzen. Ich freue mich daher besonders, die Förderbescheide an zwei Projekte zu überreichen, die mit ihrer Lösung erfolgreich den Einsatz KI-basierter Anwendungen im Bereich des nachhaltigen Konsums und der Nachhaltigkeit in der Modebranche demonstrieren. Sie zeigen auf vorbildliche Weise, dass Digitalisierung und eine nachhaltige Entwicklung zusammengehören“, so der Parlamentarische Staatssekretär Florian Pronold.

„Das Präsidium der TU Berlin freut sich sehr über die Förderung dieser beiden innovativen und transdisziplinären Projekte. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Förderung des Umweltschutzes und der Kreislaufwirtschaft entspricht dem Ziel der Universität, Forschung zum Nutzen der Gesellschaft und für eine nachhaltige Entwicklung zu betreiben“, so Prof. Dr. Angela Ittel, Vizepräsidentin Strategische Entwicklung, Nachwuchs und Lehrkräftebildung an der TU Berlin.

Green Consumption Assistant

„Unser Konsumverhalten ist ein wesentlicher Treiber von Klimawandel und Umweltzerstörung: Nicht nur die Produktion von Konsumgütern, auch deren Gebrauch, Transport und Entsorgung sorgen für hohe CO2-Emissionen, Energie- und Rohstoffverbräuche“, so Tilman Santarius, der dem Projektkonsortium von Beuth Hochschule für Technik Berlin, Ecosia GmbH und TU Berlin vorsteht. Entstanden ist die Idee für das Forschungsprojekt im ECDF. „Das interdisziplinäre Forschungsumfeld gibt uns die Möglichkeit, über unsere Disziplinen hinweg an Ideen für die digitale Zukunft zu arbeiten. In dem Projekt kombinieren Felix Biessmann und ich unsere Expertisen in den Bereichen Maschinelles Lernen und der nachhaltigen Digitalisierung“, berichtet Tilman Santarius.

Der Green Consumption Assistant (GCA) wird dazu bei der Produktsuche in der Suchmaschine Ecosia die konkreten Auswirkungen von Konsumentscheidungen anzeigen. Hierzu gehören etwa CO2-Emissionen, Herstellungsbedingungen oder der Fußabdruck. Zudem informiert der GCA über nachhaltigere Alternativen und bietet hierzu direkt Links an, auf denen diese zugänglich sind. Dies können nicht nur ökologischer und sozial gerechter hergestellte Produkte sein, sondern auch Hinweise auf Repair-, Verleih- oder Sharing-Optionen, die den Kauf von Produkten gar nicht erst nötig machen. Ferner werden im Kartendienst von Ecosia Orte hervorgehoben, in denen nachhaltiger Konsum möglich ist, wie beispielsweise vegetarische Restaurants, offene Werkstätten, Verleihstationen und Second-Hand-Läden.

Als Basis für die Empfehlungen des GCA wird mithilfe von maschinellen Lernverfahren eine umfassende Datenbank mit weltweit auffindbaren Nachhaltigkeitsinformationen über Produkte und Dienstleistungen aufgebaut, die Open Source zur Verfügung steht.

Circular Textile Intelligence

„In Deutschland wird jedes fünfte Kleidungsstück so gut wie nie getragen und etwa eine Milliarde Kleidungsstücke nicht länger als drei Monate. Statt diese Kleidung nach der Nutzung weiter zu verwenden, ob als Secondhand-Ware oder als Sekundärrohstoff für Recyclingfasern, wird sie häufig beseitigt. So emittiert die globale Textilproduktion mit 1,2 Milliarden Tonnen CO2eq. pro Jahr mehr als die internationale Luft- und Schifffahrt zusammen“ beschreibt Ina Budde, die das junge Start-Up circular.fashion vertritt, die Ausgangslage für das Projekt Circular Textile Intelligence (CRTX).

Prof. Dr. Ulrike Woggon. Foto: TU Berlin

Im Rahmen von CRTX erforscht die TU Berlin gemeinsam mit circular.fashion und der Freien Universität Berlin eine Lösung, die die Altkleider-Sortierung automatisiert und ihre nachhaltige Wirkung optimiert. „Unser Ziel ist es, durch KI-unterstützte Spektroskopie und Bildanalyse die Lücke zwischen Alttextilsammlung und spezifischer Sortierung für Second Hand und Faser-zu-Faser Recycling zu schließen und so einen durchgängigen Stoffkreislauf zu ermöglichen“, so Ulrike Woggon. Die nicht hinreichend genaue Bestimmung der stofflichen Zusammensetzung von Textilien verhindert Stand heute das Faser-zu-Faser Recycling, welches es erlauben würde, Garn in gleicher Qualität zurückzugewinnen. Dies ist einer der zentralen Gründe für die niedrige Recyclingquote (rund ein Prozent) von Textilien. Die spektroskopischen Verfahren, welche unter der Leitung von Dr. Karsten Pufahl aus dem Fachgebiet Nichtlineare Optik entwickelt werden, sollen eine genaue Bestimmung der Materialzusammensetzung und Schadstoffbelastung ermöglichen. Geplant ist eine KI-basierte Auswertung, die die bisherigen Hürden in der Sortiertechnik überwindet und eine Schließung des Stoffkreislaufes ermöglicht. Parallel soll mittels Methoden der Bildanalytik eine genauere Sortierung auch für wiederverwendbare Kleidungsstücke erreicht werden. Als Industriepartner wird circular.fashion die Entwicklung koordinieren sowie essentielle Expertise und Partnernetzwerke einbringen.

Fotos: TU Berlin

Von fil