Auf der K 2025 in Düsseldorf präsentierte WACKER konkrete Maßnahmen zur Transformation seiner Siliconproduktion in Richtung Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft. Im Mittelpunkt stehen biogene Rohstoffe, energieeffiziente Prozesse, zirkuläre Materialpfade und langfristige Klimaziele.

Das Unternehmen verfolgt einen systemischen Ansatz, der Rohstoffquellen, Produktionstechnologie und Produktlebenszyklen gleichermaßen einbezieht. Auf der Messe zeigte WACKER, wie sich diese Strategie bereits in der Praxis umsetzen lässt – und welche Herausforderungen noch offen sind.

Biogene Rohstoffe statt fossiler Ressourcen

Ein zentrales Element der Nachhaltigkeitsstrategie in den WACKER Geschäftsbereichen Silicones und Polymers ist die Umstellung auf biogene Rohstoffe. Bei der Herstellung von Siliconen kommt insbesondere Biomethanol zum Einsatz, das nicht aus landwirtschaftlichen Hauptprodukten wie Zuckerrohr gewonnen wird, sondern aus Abfällen der europäischen Agrarwirtschaft. „Das kommt aus Europa und steht nicht in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion“, betont Erich Schaffer, Head of Sustainability bei WACKER Silicones.

Das Biomethanol wird über einen zertifizierten Massenbilanzansatz in den Produktionsprozess eingespeist. Die Substitution fossiler durch biogene Rohstoffe erfolgt dabei vollständig: „Wir arbeiten rein mit Substitution. Das ist uns sehr wichtig“, unterstreicht Dr. Christian Anger aus dem Marketingteam. Diese Umstellung erfolgt bei gleichbleibender Produktqualität – eine Voraussetzung, damit die Endkunden branchenübergreifend mitziehen.

Klimaziele und Dekarbonisierungspfad

Bei der Pressekonferenz auf der K 2025: (v.l.) Florian Degenhart, Media Relations Silicones; Mia Petterson, Vice President Global Business Management; Thomas Koini, President Wacker Silicones. Foto: Circular Technology

WACKER verfolgt ein ambitioniertes Klimaziel: Bis 2030 sollen die eigenen CO₂-Emissionen halbiert werden, bis 2045 will das Unternehmen Net-Zero erreichen. Dr. Thomas Koini, Leiter des Geschäftsbereichs Silicones , erklärt: „Insgesamt sind wir bei WACKER auf gutem Weg. Rund 30 Prozent der Treibhausgasemissionen haben wir im Vergleich zu 2020 konzernweit bereits reduziert, im Silicones-Bereich liegen wir sogar leicht darüber.“

Ein Hebel dabei ist der Umstieg auf erneuerbaren Strom. Im Siliconbereich stammen inzwischen über 90 Prozent des zugekauften Stroms aus erneuerbaren Quellen. Parallel arbeitet man an der Elektrifizierung von Prozessen, wo bisher fossile Energie notwendig war. Dazu zählt die geplante Integration von Großwärmepumpen – allerdings ist deren Einsatz stark abhängig von Standortfaktoren und Energiekosten.

Kritischer Pfad: Siliciummetall und die Rolle von Norwegen

Besonders emissionsintensiv ist nach wie vor die Herstellung von Siliciummetall, das die Basis für Siliconprodukte bildet. In Norwegen nutzt WACKER bereits 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen für diesen Prozess. Perspektivisch soll auch Kohle durch Biokohle ersetzt werden. „Da laufen gerade Tests, die sehr gut aussehen“, so Schaffer. Auch Carbon Capture and Utilization (CCU) ist in der Prüfung, wenngleich diese Technologie derzeit noch hohe Kosten und komplexe Infrastruktur erfordert.

Chemische Rückgewinnung statt mechanisches Downcycling

Ein echtes Kreislaufsystem für Silicone ist technisch anspruchsvoll, da sich diese Materialien – anders als Thermoplaste – nicht einfach mechanisch recyceln lassen. WACKER setzt daher auf Cracking durch chemisches Recycling, bei dem definierte Abfallströme wieder in Monomere zurückgeführt werden. „Ein Riesenschritt wäre, wenn man diese Seitenströme sammelt und chemisch zurückführt“, erklärt Schaffer.

Allerdings gibt es praktische Grenzen. Besonders bei kleineren Mengen in Konsumprodukten – etwa acht Gramm Silicon in einer Autokomponente – ist das Recycling oft wirtschaftlich nicht darstellbar. Dennoch arbeitet das Unternehmen daran, geschlossene Stoffkreisläufe zumindest bei Produktionsabfällen und ausgewählten Kundenanwendungen zu realisieren.

Marktdruck und Kundenverhalten

Auch außerhalb der chemischen Industrie zeigt sich der Handlungsdruck in Richtung nachhaltiger Lösungen. In der Gesprächsrunde auf der K-Messe wurde deutlich, wie unterschiedlich die Zahlungsbereitschaft je nach Produktkategorie ausfällt. So hieß es: „Bei Outdoor-Equipment zahlt der Kunde gerne fünf Euro mehr für eine grüne Jacke. Aber bei einer Schuhsohle darf es nichts kosten.“

Diese Beobachtung verweist auf die wirtschaftlichen Spannungsfelder im nachhaltigen Produktdesign – und auf die Notwendigkeit, Lösungen zu schaffen, die sowohl technisch als auch wirtschaftlich tragfähig sind. Für WACKER ist klar: Nachhaltigkeit muss aus der Nische geholt und als Standard etabliert werden.

Verantwortung in der Lieferkette und im Systemdenken

Die Gespräche auf der K-Messe machten deutlich, dass WACKER Nachhaltigkeit als systemische Aufgabe versteht. Es geht nicht nur um emissionsärmere Prozesse, sondern auch um neue Rohstoffpfade, zirkuläre Ansätze und transparente Kommunikation mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette. Die Transformation ist dabei kein Projekt mit Endpunkt, sondern ein kontinuierlicher Prozess. „Wir wissen, dass wir in einem Sektor arbeiten, der großen Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft hat“, so Koini. „Umso mehr verstehen wir Nachhaltigkeit als Verpflichtung, der wir mit konkreten Taten begegnen.“

Bild ganz oben: Im Gespräch über Nachhaltige Siliconproduktion und -verarbeitung auf der K-Messe: (v.l.): Dr. Christian Anger, Senior Marketing Manager bei WACKER, Philipp Lubos und Erich Schaffer, Director Heat Transfer Fluids und Sustainability, bei Wacker Silicones. Foto: Circular Technology

 

Von fil