Die Europäische Kommission legt ihren ersten Vorschlag für den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU für die Jahre ab 2028 vor. Der MFR legt fest, wie viel Geld die EU für verschiedene Politikbereiche ausgeben kann. Zareh Asatryan, stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Münster, erklärt dazu:

„Angesichts existenzieller neuer Herausforderungen im Bereich Verteidigung sowie der Notwendigkeit, die NextGenerationEU-Mittel zurückzuzahlen, da keine festen Vereinbarungen über bedeutende neue Eigenmittel getroffen wurden, müssen sich die Prioritäten im EU-Haushalt ändern. Der Schwerpunkt sollte sich von der Mittelverteilung darauf verlagern, gezielt in strategische Bereiche zu investieren. Dass immer noch 60 Prozent des Budgets als Transfers in die Agrar- und Kohäsionspolitik gehen, ist nicht mehr zeitgemäß. Gut also, dass die Kommission die Kohäsionspolitik überdenkt. Enttäuschend ist es hingegen, dass die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) weiterhin weitgehend garantiert bleiben soll. Die Direktzahlungen an oftmals wohlhabende Landwirte und Bodenbesitzer sind heute nicht mehr zu verantworten. Argumente, wonach die GAP für eine sichere Lebensmittelversorgung in Europa nötig sei, sind von Agrarökonomen seit langem als Mythos entlarvt worden.

Zentralisierung führt nicht zu mehr Effizienz

Kohäsionspolitische Programme leisten in schwach entwickelten Regionen hingegen dann einen wichtigen Beitrag, wenn dort die Voraussetzungen in Sachen gute Verwaltung und Expertise stimmen. Hier besteht sicherlich Potenzial für gezieltere politische Maßnahmen. Die Vorstellung der Kommission, die großen Transferprogramme stärker in nationale Programme umzuwandeln und als Hebel für Reformen zu nutzen, klingt besser als sie ist. Eine solche Zentralisierung dient der Machtausweitung der Kommission. Dort, wo Brüssel in der Vergangenheit aber für die Überwachung nationaler Politik verantwortlich war, ist das Ergebnis nicht sehr gut. Das zeigen die enttäuschenden Erfahrungen mit dem EU-Stabilitätspakt. Die Kommission hat ihn zwar immer für politische Deals genutzt, die Tragbarkeit der Staatsschulden ist dabei aber auf der Strecke geblieben. Die Mittel für die Kohäsionspolitik sollten daher gezielter für öffentliche Investitionen eingesetzt werden, die die Wettbewerbsfähigkeit fördern, aber in der Zuständigkeit der Regionen bleiben und die Maßnahmen einer unabhängigen Evaluierung unterzogen werden.“

Bild oben: Zareh Asatryan ist stellvertretender Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“. und Professor für Empirische Wirtschaftsforschung an der Universität Münster. Foto: ZEW/Anna Logue

Von fil