Einer Studie der Boston Consultig Group zu folge nutzt Deutschland nur ein Zehntel seiner Ressourcen ein zweites Mal – erst 2210 würden genug Ressourcen wiederverwendet, um den Planeten nicht übermäßig zu belasten. Gleichzeitig wachse das Marktpotenzial für die Kreislaufwirtschaft im kommenden Jahrzehnt auf bis zu 200 Milliarden Euro hierzulande.

Deutschland schöpft sein Potenzial in der Kreislauf­wirtschaft nicht aus und riskiert damit Ressourcenmangel für die Wirtschaft: Nur 10,4 % der Produktionsmittel hierzulande stammen aus recycelten Materialien. Seit 2013 hat sich diese Rate in Deutschland lediglich um 0,1 Prozentpunkte pro Jahr verbessert. Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie CIRCelligence by BCG ― It’s Time to Close Our Future Resource Loops der Strategie­beratung Boston Consulting Group (BCG).

Noch 200 Jahre bei der derzeitigen Geschwindigkeit

„Unternehmen müssen einen umfassenden Wandel hin zur Kreislaufwirtschaft vollziehen – nicht nur für das grüne Gewissen, sondern weil ihnen sonst bald Rohstoffe fehlen“, sagt Dr. Holger Rubel, BCG-Senior-Partner und Autor der Studie. „Doch die Entwicklung hin zu einer zirkulären Wirtschaft schreitet viel zu langsam voran.“ Der Anteil der Kreislaufwirtschaft müsste bei mindestens 50 Prozent liegen, damit sich die Erde wieder regenerieren kann. „Selbst wenn die Wirtschaft ihre Anstrengungen verdoppelt, würde es derzeit immer noch rund 200 Jahre dauern, bis dieser Wert erreicht wäre“, so Rubel.

Schon nach 8 Monaten sind die Rohstoffe für ein Jahr verbraucht

In den ersten acht Monaten dieses Jahres hat die Menschheit bereits so viele Roh­stoffe verbraucht, wie der Planet nur in einem ganzen Jahr wiederherstellen kann. In zwei Tagen, am 22. August, erinnert daran der sogenannte Earth Overshoot Day, im Jahr 1970 ins Leben gerufen von der Non-Profit-Organisation Global Footprint Net­work. Deutschland steht in der Regenerationsbilanz der Erde im Vergleich schlechter da als die meisten anderen Länder: Drei Erden pro Jahr wären notwendig, um den Ressourcenverbrauch weltweit zu decken, wenn er überall so hoch wäre wie hierzu­lande.

Dieses für Wirtschaft und Gesellschaft existenzbedrohende Problem kann die Kreislaufwirtschaft lösen – und in ihr liegen große wirtschaftliche Möglichkeiten: „Das Marktpotenzial für die Rückgewinnung und Verwendung sowie den Verkauf von Sekundärrohstoffen in Deutschland wächst ab 2030 jährlich auf bis zu 200 Mrd EUR – etwa fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes“, sagt Rubel.

Mithilfe der Kreislaufwirtschaft können Unternehmen neue Marktsegmente und Umsatzpotenziale erschließen, beispielsweise indem sie Geschäftsmodelle für Sharing- oder Product-as-a-Service-Modelle etablieren und so die Wertschöpfung in Deutschland treiben.

Kreislaufwirtschaft macht Produktion effizienter und autarker

Dabei kann die Kreislaufwirtschaft nicht nur den ökologischen Fußabdruck der Industrie verbessern, sie bringt auch messbare ökonomische Vorteile mit sich. Unternehmen, die kreislaufwirtschaftlich agieren, arbeiten rentabler: „Vor allem ressourcenintensive Industrien wie beispielsweise Hersteller von Autobatterien und Verpackungen oder das Bauwesen haben den höchsten Nutzen“, erläutert Holger Rubel. Die Produktion werde effizienter, wenn Rohstoffe wiederaufbereitet und mehrfach verwendet werden könnten.

Zudem können Unternehmen so die Kontrolle über ihre Lieferkette erhöhen. „Die COVID-19-Pandemie hat uns die Risikoanfälligkeit von Lieferketten vor Augen geführt. Die Nutzung von sekundären Ressourcen und deren Rückgewinnung vor Ort ermöglichen es den Herstellern, ihre Lieferketten im Falle künftiger Krisen wider­standsfähiger zu machen“, sagt Rubel.

Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft notwendig

„Viele Unternehmen haben Schwierigkeiten, zirkuläre Lösungen in ihren Betrieben zu integrieren“, sagt Rubel. „Es kommt darauf an, für jeden Teil der Wertschöpfungs­kette im Unternehmen zirkulär zu denken: vom Design über die Produktion bis hin zu Verkauf, Nutzung und Rückgewinnung des Produkts.“ Um Unternehmen auf ihrem Weg in die Kreislaufwirtschaft zu unterstützen, hat BCG die „CIRCelligence“-Methode entwickelt, die Erkenntnisse über den Status quo der Kreislaufwirtschaft in der Wertschöpfungskette eines Unternehmens analysiert und Ausgangspunkt für die Strategie ist.

„Für mich bedeutet Kreislaufwirtschaft, die Ressourcen unserer Erde möglichst effizient zu nutzen und Abfall zu vermeiden“, sagt GTF-Mitgründer Nico Rosberg. Diese Transformation müsse von Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen getragen werden. „Kreislaufwirtschaft ist alternativlos, um den Erhalt unserer Umwelt und die notwendigen Ressourcen für die nächste Generation zu sichern“, erklärt Rosberg. Die Verantwortung liege bei allen Akteuren gleichermaßen – Wirtschaft, Politik und Verbrauchern.

„An unserem diesjährigen Partnerland UK sieht man, wie schnell und effektiv ein Wandel in den Köpfen und im Handeln herbeigeführt werden kann, wenn er politisch gewollt und unterstützt wird. Initiativen wie das London Waste and Recycling Board zeigen, dass der Umstieg auf eine zirkuläre Wirtschaft wichtiger Bestandteil einer positiven Entwicklung unserer Umwelt und Wirtschaft ist“, ergänzt Marco Voigt, GTF-Mitgründer. Hier können Sie die gesamte Studie lesen.

Von fil