Bildung spielt eine entscheidende Rolle dabei, wie Menschen den Klimawandel verstehen und auf seine Folgen reagieren können. Studien zeigen, dass gut gebildete Gesellschaften über mehr Wissen und Fähigkeiten verfügen, um sich erfolgreich an Klimaveränderungen anzupassen. So verringert Bildung beispielsweise die Opferzahlen bei Klima-Katastrophen stärker als reines Wirtschaftswachstum. Menschen mit höherem Bildungsgrad können Risiken besser einschätzen, Warnungen verstehen und geeignete Maßnahmen ergreifen. Umgekehrt erschwert ein Mangel an Klimabildung („climate literacy“) die Planung von Anpassungsmaßnahmen erheblich. Die UNESCO betont in einem Bericht, dass Bildungsangebote – formal oder informell – Schlüsselkomponenten der Klimavorsorge sind und die Verwundbarkeit gegenüber Extremereignissen deutlich senken. Bildung vermittelt Wissen über Klimarisiken und befähigt Gemeinschaften, sich resilienter zu verhalten, etwa durch nachhaltige Landwirtschaftsmethoden oder effektive Katastrophenvorsorge.
Gleichzeitig sind es vor allem sozial benachteiligte Gruppen, die die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu spüren bekommen. Weltweit leben rund 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen in Regionen mit hoher Klimaverwundbarkeit – häufig geprägt durch Armut, Marginalisierung und schwache Infrastruktur. Ärmere Länder sind im Schnitt stärker von klimatischen Extremen betroffen und haben geringere Mittel, sich zu schützen. Für jede zusätzliche 1.000 US-Dollar pro Kopf sinken die erwarteten klima-bedingten Wohlstandsverluste deutlich – ein Indikator dafür, wie sehr wirtschaftliche Entwicklung vor Schäden schützen kann. Die Weltbank warnt, dass ohne Gegensteuern bis 2030 zusätzlich bis zu 135 Millionen Menschen durch den Klimawandel in extreme Armut gedrängt werden könnten.
Doch nicht nur zwischen Ländern, auch innerhalb von Gesellschaften verstärkt der Klimawandel bestehende Ungleichheiten. Finanzschwache Haushalte haben oft schlechtere Wohnbedingungen, weniger Rücklagen und geringeren Zugang zu Gesundheitsversorgung oder Versicherungen. In der Folge sind sie weniger in der Lage, sich vor Hitze, Stürmen oder Überschwemmungen zu schützen und sich danach zu erholen. Die US-Umweltbehörde EPA stellte etwa fest, dass in den Vereinigten Staaten Gemeinschaften mit niedrigem Einkommen oder geringerer Bildung unverhältnismäßig stark von Klimarisiken wie extremer Hitze, Überschwemmungen und schlechter Luftqualität betroffen sein werden. Mit anderen Worten: Soziale Ungleichheit macht verletzlich – und der Klimawandel trifft die ohnehin Benachteiligten am härtesten.
Teufelskreis: Geringe Bildung und Armut verstärken sich gegenseitig
Besonders fatal ist, dass geringe Bildung und Armut oft Hand in Hand gehen und sich im Kontext der Klimakrise gegenseitig verstärken. Menschen mit niedriger Bildung haben tendenziell schlechtere Einkommenschancen und weniger Zugang zu Ressourcen, was sie anfälliger für Klimaauswirkungen macht. Gleichzeitig können klimabedingte Schäden ihre Bildungs- und Aufstiegschancen weiter schmälern. Klimakatastrophen zerstören Schulen und unterbrechen Bildungsbiografien, vor allem in armen Regionen. Laut UNESCO sind die Folgen dieser Unterbrechungen nicht gleich verteilt: Marginalisierte Bevölkerungsgruppen leiden weitaus stärker unter zerstörten Schulen, Vertreibung oder gesundheitlichen Folgen, die das Lernen verhindern.
In Bangladesch beispielsweise könnten durch zunehmende Überschwemmungen und Stürme bis zu 63 Millionen Kinder in ihrer körperlichen und sozialen Entwicklung gefährdet werden – unter anderem, weil ihnen der Schulbesuch verwehrt bleibt. Tatsächlich werden dort regelmäßig Hunderte Schulen durch Überschwemmungen oder Wirbelstürme beschädigt oder zerstört, was die Bildung Zehntausender Kinder monatelang unterbricht. Dieser Kreislauf aus fehlender Bildung, Armut und Verwundbarkeit kann ganze Gemeinschaften in einer Dauerschleife der Klimarisiken gefangen halten.
Gefährdete Gruppen und Regionen: globale Beispiele
Die beschriebene Wechselwirkung zeigt sich weltweit, sowohl im globalen Süden als auch im Norden. Im globalen Süden sind ländliche Gemeinden mit hoher Armut häufig doppelt benachteiligt: Etwa Kleinbauern in Teilen Afrikas oder Südasiens, die mangels Schulbildung kaum von klimaresilienten Anbaumethoden erfahren und zugleich zu arm sind, um sich gegen Ernteausfälle abzusichern. Ein Beispiel sind Bäuerinnen in Südafrika, die aufgrund geringer Bildung und Ressourcen besonders verletzlich gegenüber Dürren und Wetterextremen sind. Ähnlich ergeht es Küstenbewohnern in Bangladesch, wo niedrige Alphabetisierungsraten und Armut die Vorbereitung auf Zyklone erschweren. Wenn ein schwerer Sturm dort einschlägt, fehlt vielen sowohl das Wissen über Frühwarnungen als auch das Geld für sichere Unterkünfte – die Folgen sind verheerend. Im globalen Norden lassen sich vergleichbare Muster beobachten.
In den USA leben ärmere und oft sozial marginalisierte Bevölkerungsgruppen (darunter viele Minderheiten) häufiger in überflutungsgefährdeten Gebieten oder innerstädtischen „Hitzeinseln“ ohne Grünflächen. So prognostiziert die EPA, dass zum Beispiel afroamerikanische Communities in den USA bei 2 °C Erwärmung deutlich häufiger an Asthma und anderen klimabedingten Gesundheitsproblemen leiden werden als der Durchschnitt. Auch in Europa zeigt sich die ungleiche Verwundbarkeit: In Großstädten können sich Einkommensschwache oft weniger gegen Hitzewellen schützen. Sie wohnen überproportional in dicht bebauten Vierteln ohne Parks und Klimaanlagen. Ein deutscher Klimaexperte betont, „sozial Schwache [können] sich weitaus schlechter vor der Hitze schützen“, weil ärmere Stadtteile weniger Kühlungs-Optionen wie Grünflächen bietentagesschau.de. Die Folge sind höhere Gesundheitsrisiken und Sterblichkeit in diesen Gruppen.
Aktuelle Daten und Ausblick
Die Klimakrise wirkt also wie ein Brennglas auf bestehende Bildungs- und Wohlstandsunterschiede. Wissenschaftliche Befunde – von großen Institutionen wie dem IPCC (Weltklimarat), der UNESCO, der Weltbank oder der OECD – zeichnen ein eindeutiges Bild: Ohne gezielte Gegenmaßnahmen droht der Klimawandel die soziale Ungleichheit weiter zu verschärfen. Umgekehrt können Investitionen in Bildung, Armutsbekämpfung und gerechte Anpassungsstrategien die Verwundbarkeit deutlich senken. Experten fordern daher, Klimapolitik und Entwicklungspolitik zu verzahnen: Klimaschutz- und Anpassungsprojekte sollten immer auch die soziale Dimension berücksichtigen, etwa durch Bildungsoffensiven und den Ausbau der sozialen Sicherungssysteme. Nur so lässt sich vermeiden, dass die Klimakrise Gräben in der Gesellschaft vertieft. Denn letztlich gilt: Je gebildeter und besser abgesichert eine Gemeinschaft ist, desto resilienter kann sie mit den Herausforderungen der Erderhitzung umgehen – und desto eher können alle Menschen die Chance auf ein sicheres Leben auf einem sich wandelnden Planeten wahren.
Bild oben: Armut, geringe Bildung und die Klimakrise verstärken sich gegenseitig. Foto: Pixabay/sdallegro