An der Fakultät für Forstwissenschaften und Waldökologie der Georg-August-Universität Göttingen startete jetzt ein dreijähriges Forschungsprojekt, das die Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners untersucht. In dem vom Bundeslandwirtschaftsministerium geförderten Projekt RiMa – Risikobewertung, Überwachung und Auswirkungen von Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processionea L.) in Eichen(misch)wäldern – soll ein zunehmendes Auftreten dieses Insekts im Zuge des Klimawandels analysiert und bewertet werden.

Warnschilder verdeutlichen, dass Gefahr vom Eichenprozessionsspinner ausgeht. Wenn die Raupen dieser Schmetterlingsart in Massen auftreten, fressen sie nicht nur ganze Eichenbestände kahl, ihre Brennhaare können bei Menschen und Tieren zu allergischen und toxischen Reaktionen führen. Bisher gibt es aber kaum Befallsprognosen und Risikobewertungen für diese Tierart. Auch die Auswahl an möglichen Maßnahmen gegen die von den Raupen verursachten Kalamitäten bewerten Experten als zu gering. Für Berufsgruppen, die im Umfeld der Raupen arbeiten müssen, gibt es zudem noch keinen effektiven Arbeitsschutz.

Ursache für Massenvermehrungen

Ab Mitte Juni bilden die älteren Raupen Gespinstnester und gehen von dort auf Nahrungssuche, die Verpuppung beginnt ab Ende Juni/Anfang Juli. Foto: Annett Reinhardt

Das wollen Forscherinnen der Georg-August-Universität und der Universitätsmedizin Göttingen ändern. Daher gehen sie den Fragen auf den Grund, wann, wo und warum sich diese Eichenschädlinge in Massen vermehren und was man dagegen tun kann. Im vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) über die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. (FNR) geförderten Forschungsprojekt RiMa ermitteln sie zunächst die Ursachen für die großräumigen Verteilungsmuster von Eichenprozessionsspinnern.

Drohnen nehmen die Raupen ins Visier

Dazu wollen sie die Populationsdichten und Fraßintensitäten der Raupenstadien analysieren und räumlich einordnen, auch mit Hilfe von Drohnen. Mit den gewonnenen Daten sollen Populationsmodelle und Kalamitäts-Szenarien erstellt werden, die eine Analyse der Anfälligkeit verschiedener Eichenwälder zulassen; was wiederum wie eine Art Frühwarnsystem für Eichenprozessionsspinnerkalamitäten genutzt werden kann. Die Untersuchungen basieren auf einem speziellen Felddesign, das auch Flächen mit Insektizidbehandlung einschließt.

Besteckkasten an Handlungsoptionen

Doch auch die Auswirkungen von Kalamitäten des Eichenprozessionsspinners auf das Wachstum von Eichen(misch)wäldern wollen die Forscher untersuchen. Welchen Anteil haben die Raupen am Eichensterben? Wie wirken sich Kalamitäten auf die Holzproduktion aus? Und welche Handlungsoptionen für den Waldschutz sind effizient und notwendig, um Eichenbestände zu retten?

Nesselgift Thaumetopoein

Zusammen mit Medizinern wollen die Göttinger Wissenschaftler zudem die Gesundheitsgefährdung durch Eichenprozessionsspinner-Kalamitäten untersuchen. Das Nesselgift Thaumetopoein, das über die Brennhaare des Eichenprozessionsspinners übertragen wird, kann zu allergischen oder toxischen Reaktionen führen. Da sich die Brennhaare mit dem Wind verteilen, sind Informationen zu Gefährdungsbereichen, Grenzwertkonzentrationen und Handlungsoptionen bei Erkrankungen dringend gesucht.

Hintergrund:

Das BMEL unterstützt mit seinem Förderprogramm Nachwachsende Rohstoffe Maßnahmen der angewandten Forschung und Entwicklung im Bereich der Erzeugung und Nutzung nachwachsender Rohstoffe und für Projekte der nachhaltigen Waldwirtschaft. Zur Umsetzung des Programms stehen aus dem Bundeshaushalt 2021 knapp 90 Mio. Euro zur Verfügung. Unter dem Förderschwerpunkt „Stärkung der nachhaltigen Forstwirtschaft zur Sicherung der Waldfunktionen“ fallen auch Themen des Pflanzenschutzes, so auch das Projekt „Risikobewertung, Überwachung und Auswirkungen von Massenvermehrungen des Eichenprozessionsspinners (Thaumetopoea processionea L.) in Eichen(misch)wäldern.

Bild ganz oben: Ab dem 3. Larvenstadium bilden die Raupen die reizend wirkenden Brennhaare aus, aus diesem Grund ist das akute Risiko für den Menschen während der Raupenfraßzeit am größten. Hohe Konzentrationen der Brennhaare finden sich auch in den Nestern. Foto: Lukas Beule

Von fil