Elektro- und Elektronikaltgeräte (WEEE) stellen weltweit den am schnellsten wachsenden Abfallstrom dar. Parallel dazu steigt die Nachfrage nach hochreinen Recyclingfraktionen, insbesondere bei Metallen und Kunststoffen. Diese Entwicklung verändert die Marktmechanismen im Recyclingsektor grundlegend und erhöht die Anforderungen an Prozessstabilität, Sortiertiefe und Anlagensicherheit.  weeeSwiss Technology AG, ein Unternehmen der STADLER Gruppe, verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Planung, dem Bau und dem Betrieb von WEEE-Recyclinganlagen. Auf dieser Basis analysiert das Unternehmen aktuelle Marktverschiebungen, regulatorische Rahmenbedingungen und technologische Entwicklungen entlang der gesamten E-Schrott-Wertschöpfungskette.


Markttrends: Urban Mining und steigende Qualitätsanforderungen

Mit zunehmenden E-Schrott-Mengen und steigenden Rohstoffpreisen gewinnt das sogenannte Urban Mining an Bedeutung. Der Fokus verschiebt sich von der Nutzung primärer Rohstoffe hin zur Rückgewinnung sekundärer Materialien aus Altgeräten. Hersteller zeigen ein wachsendes Interesse an Rezyklaten, um diese erneut in ihre Produktionsprozesse einzubinden  .

Gleichzeitig stellt der steigende Anteil kurzlebiger, materialarmer Elektrogeräte – etwa Ladegeräte, Kleinzubehör oder batteriebetriebenes Spielzeug – die Recyclingprozesse vor neue Herausforderungen. Diese Produkte weisen häufig geringere Materialwerte auf und erschweren die wirtschaftliche Trennung hochwertiger Fraktionen.


Einfluss von Regulierung und regionaler Verarbeitung

Regulatorische Anforderungen verändern zunehmend die Struktur der E-Schrott-Märkte, insbesondere in Mittel- und Osteuropa. Verschärfte Vorschriften für grenzüberschreitende Transporte führen zu höheren Kosten und sinkender internationaler Handelsaktivität. In der Folge investieren viele Länder verstärkt in den Aufbau nationaler Recyclingkapazitäten und in die inländische Verarbeitung von WEEE-Strömen  .

Diese Entwicklung begünstigt den Bedarf an schlüsselfertigen Anlagenkonzepten, die flexibel an regionale Materialzusammensetzungen und gesetzliche Vorgaben angepasst werden können.


Edelmetallrückgewinnung aus Feinfraktionen

Steigende Edelmetallpreise, insbesondere für Gold, erhöhen den wirtschaftlichen Druck, auch sehr feine Materialfraktionen effizient zu verwerten. weeeSwiss hat hierfür neue Verfahren entwickelt, die eine gezielte Separation von Edelmetallen aus bislang verlustbehafteten Feinanteilen ermöglichen. Ziel ist es, den Gesamtrückgewinnungsgrad zu erhöhen und bislang ungenutzte Wertstoffpotenziale zu erschließen  .


STADLERconnect (Foto:Stadler)

Technologische Entwicklung: Frühe Separation und digitale Prozessführung

Der Trend zu höherwertigen Endprodukten beschleunigt Innovationen in der Sortier- und Prozesstechnik. Moderne Anlagen sind zunehmend in der Lage, hochreine Fraktionen bereits in frühen Prozessstufen abzutrennen. Fortschritte in Sensorik, Sortiertechnologie und Prozessdesign tragen dazu bei, Materialverluste zu reduzieren und die Qualität der Output-Fraktionen zu steigern.

Parallel dazu gewinnt die Digitalisierung an Bedeutung. Mithilfe KI-gestützter Systeme lassen sich Massenbilanzen heute nicht nur in der Planungsphase, sondern auch im laufenden Betrieb automatisiert und in Echtzeit erfassen. Über die Plattform STADLERconnect werden unter anderem prädiktive Wartung, Materialanalysen, Energieverbrauchsoptimierung und Prozessüberwachung unterstützt  .


 

Batterie-Fraktionen (Foto: Stadler)

Sicherheit als zentrales Auslegungskriterium

Ein zentrales Risiko im E-Schrott-Recycling stellen Lithium-Ionen-Batterien dar. Brand- und Explosionsgefahren erfordern integrierte Sicherheitskonzepte entlang der gesamten Prozesskette. weeeSwiss und STADLER setzen auf eine Kombination aus präventiver Batterietrennung, angepasster Vorzerkleinerung zur Vermeidung von Beschädigungen sowie automatisierten Brandmelde- und Löschsystemen.

Große Batterien werden frühzeitig separiert, während kleinere Batterien durch prozessschonende Zerkleinerung geführt werden. Ergänzend kommen Löschsysteme mit Materialausschleusung in Sicherheitsbunker sowie Explosionsunterdrückungssysteme zum Einsatz  .


Integrierte Anlagenkonzepte und internationale Referenzen

Durch die Kombination aus STADLERs Erfahrung im Anlagenbau und dem WEEE-spezifischen Know-how von weeeSwiss entstehen vollständig integrierte Recyclinglösungen. Diese kommen weltweit zum Einsatz, insbesondere in Europa und den USA, mit wachsender Präsenz in Südamerika, Afrika, Asien, dem Nahen Osten und Australien.

Ein Beispiel ist die für die Immark AG realisierte Hochleistungsanlage in Regensdorf (Schweiz), die als größte E-Schrott-Recyclinganlage des Landes neue Maßstäbe bei Durchsatz, Materialreinheit und Brandschutz setzt. 

Ein nächster Entwicklungsschritt ist die Inbetriebnahme einer automatisierten Sortieranlage für Haushaltsbatterien, die als größte und modernste Anlage dieser Art in Europa beschrieben wird. Ziel ist es, Recyclingquoten weiter zu erhöhen und Endprodukte in einer Qualität bereitzustellen, die eine direkte Vermarktung an Hersteller ermöglicht.

Damit rückt das E-Schrott-Recycling zunehmend in die Rolle eines industriellen Rohstofflieferanten innerhalb der Kreislaufwirtschaft.

 

 

Titelfoto: Anlage der Immark AG (Foto: Stadler)

Von AG