Wer sich und andere vor einer COVID-19-Infektion schützen will, trägt Maske. Wie aber steht es mit der Umweltbelastung durch das millionenfach verwendete Massenprodukt? Welche Faktoren sind relevant für ein nachhaltiges Design? Empa-Forscher haben diese Fragen am Beispiel von Baumwollmasken und Einwegmasken aus PP mittels Ökobilanzanalysen untersucht

Während der Coronavirus-Pandemie tragen wir sie ständig im Gesicht – Einwegmasken in weiß und blau oder Stoffmasken, so genannte Community Masken, in diversen Ausführungen. Millionenfach sind sie täglich in Gebrauch. Sie landen je nach Typus danach direkt im Abfall oder können in der Waschmaschine gereinigt und wiederverwendet werden. Neben der Schutzfunktion der Masken ist deshalb auch ihre Umweltverträglichkeit ein Thema. Sind Einwegmasken eine Verschwendung von Material und belasten die Umwelt? Welche Faktoren beeinflussen die Umweltbelastung am stärksten und wie können Masken ökologisch nachhaltiger gestaltet werden? Forschende der Empa sind in einem interdisziplinären Team diesen Fragen auf den Grund gegangen und haben ihre Ergebnisse nun publiziert.

13 Masken pro Woche

Empa-Forscherin Claudia Som koordiniert das interdisziplinäre Team, das ökologische Faktoren von Corona-Masken analysiert. Foto: Empa

Für die Umweltbilanz haben die Forschenden chirurgische Einwegmasken mit Stoffmasken aus Baumwolle verglichen. „Es handelt sich um eine erste, einfache Ökobilanz, mit der wir die relevanten ökologischen Faktoren identifizieren konnten“, sagt Empa-Forscherin und Studienkoordinatorin Claudia Som von der Abteilung „Technologie und Gesellschaft“ in St. Gallen. „Unser Ziel war es, eine erste Grundlage zu schaffen, mit der sich Masken bereits in der Designphase bezüglich Nachhaltigkeit optimieren lassen“, so Som.

Berechnet wurden dazu die Treibhausgasbilanz, der Energieverbrauch, der Wasserverbrauch sowie die Gesamtumweltbelastung (ausgedrückt in sogenannten Umweltbelastungspunkten, UBP) von Produktion, Nutzung und Entsorgung der Masken. Dabei wurden die Effekte für eine Person betrachtet, die während einer Woche täglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit fährt und dreimal Einkäufe erledigt. Basierend auf den Empfehlungen der „Swiss National COVID-19 Science Task Force“ (www.ncs-tf.ch), nutzt diese Person pro Woche entweder zwei  Stoffmasken, die nach Gebrauch bei 60°C gewaschen und nach fünf Mal Waschen entsorgt werden, oder 13 chirurgische Einwegmasken aus Polypropylen.

Entscheidend: Nutzungsdauer einer Stoffmaske

Die Berechnungen zeigen, dass die Baumwoll-Stoffmasken bezüglich Energieverbrauch und Treibhausgasbilanz besser abschneiden als die chirurgischen Masken. Demgegenüber schneidet die chirurgische Maske bezüglich Wasserverbrauch und Gesamtumweltbelastung besser ab als das Pendant aus Baumwolle. „Der Grund dafür ist die wenig nachhaltige, ressourcen-intensive Baumwollproduktion“, sagt Empa-Forscher Roland Hischier.

Die benutzten Datensätze repräsentieren die globale Durchschnittsproduktion. Im globalen Durchschnitt ist der Wasserverbrauch aufgrund der Bewässerung, Düngung und Pestizidverwendung für die Baumwolle enorm hoch. „Würde man bei der Produktion auf Regionen mit hohem Anteil an Regen-Bewässerung und auf Biobaumwolle oder gar auf rezyklierte Baumwolle setzen, sähe der sogenannte Wasserfussabdruck von Baumwollmasken sehr wahrscheinlich deutlich besser aus“, so Hischier.

Das Waschen der Stoffmasken fällt gegenüber der Produktion dagegen kaum ins Gewicht. „Das heisst, dass die stärkste Hebelwirkung bei der Nutzungsdauer der Stoffmasken liegt, da der grösste Teil der Umweltbelastung bei der Herstellung dieser Maske anfällt.“

Spielraum für nachhaltiges Design

Langlebigere Stoffmasken hätten laut Empa-Forscherin Melanie Schmutz eine deutlich bessere Umweltbilanz. Foto: Empa

In einem zweiten Schritt analysierten die Forschenden im Rahmen einer Sensitivitätsanalyse die Auswirkungen von diversen Optionen im Design der Masken, die die Umweltbelastung reduzieren können. Dabei zeigte es sich, dass die Nutzungsdauer der Stoffmasken den größten Einfluss hat. Ab einer Größenordnung von etwa 20 Mal Waschen liegt die Stoffmaske aus Baumwolle nicht nur bezüglich dem Energieverbrauch und der Treibhausgasbilanz, sondern auch bezüglich der Gesamtumweltbelastung vorn. „Es gibt Hersteller, die bereits heute 20 oder mehr Waschgänge pro Maske ermöglichen“, sagt Melanie Schmutz, Hauptautorin der Studie.

Weitere Faktoren, welche untersucht wurden, waren das Gewicht und die Waschtemperatur. Beim Gewicht zeigte es sich, dass eine Reduktion auf rund neun Gramm – statt zwölf Gramm, wie in der ursprünglichen Analyse – zu einer weiteren deutlichen Verringerung der Umweltbelastung führt. Eine Absenkung der Waschtemperaturen, zum Beispiel von 60 auf 40 oder 30 Grad, beeinflusst hingegen die Umweltbelastung kaum.

Manche der gemäß den Anforderungen der „Swiss National COVID-19 Science Task Force“ zertifizierten Stoffmasken bestehen aus anderen Materialien, zum Beispiel Polyester, die einen anderen Einfluss auf die Umwelt haben werden als Baumwolle. Zu diesen Masken kann diese erste Ökobilanz-Studie keine Aussagen machen.

Öko-Littering und kompostierbare Einwegmasken

Als nächstes planen die Forschenden zusätzliche Faktoren in die Ökobilanz einfließen zu lassen, etwa weitere Materialien für Stoffmasken, antivirale und/oder antibakterielle Beschichtungen, die auch die Tragedauer zwischen den Waschgängen erhöhen und somit deren ökologische Nachhaltigkeit weiter stark verbessern können, oder die Verpackung, die bei einzeln verkauften chirurgischen Masken einen anderen Stellenwert hat als bei Großpackungen.

„Ein weiterer oft diskutierter Punkt ist zudem die Umweltverschmutzung durch nicht korrekt entsorgte Masken“, sagt Empa-Forscherin Som. Wie relevant diese Eintragungen in die Umwelt sind, und ob zum Beispiel bio-kompostierbare Masken dabei helfen, die Umweltbelastung zu reduzieren, muss geklärt werden. Und bei all dem muss mitberücksichtigt werden, dass die Masken vor allem eines können müssen: die Virusübertragung wirksam unterbinden.

Bild ganz oben: Empa-Forscher Roland Hischier kennt den Grund für die schlechtere Umweltbilanz von Stoffmasken: Es ist die wenig nachhaltige Baumwollproduktion. Foto: Empa

 

Von fil