Das neue Recycling-Technikum bei der NMB stellt ab sofort eine Forschungsplattform zur Verfügung, die das mechanische Kunststoffrecycling entlang der gesamten Prozesskette realitätsnah abbildet – und dabei gezielt auf kleine bis mittlere Materialmengen (20 bis 120 kg/h) ausgelegt ist.

Die Merkmale des Recycling-Technikums sind neben einem kleinen bis mittleren Materialdurchsatz die vollständige Digitalisierung der Anlagentechnik sowie eine modulare Struktur. Dies ermöglicht präzise Untersuchungen und Optimierungen von post-industrial bis post-consumer Rücklauf – für die Schaffung von wirtschaftlich wie ökologisch tragfähigen Stoffkreisläufe von morgen.

Prozesskette des mechanischen Kunststoffrecycling

Im Zentrum steht eine durchgängig digitalisierte Prozesskette, die das mechanische Kunststoffrecycling in fünf aufeinander abgestimmten, aber auch einzeln nutzbaren, Schritten abbildet. Den Auftakt bildet die Zerkleinerung des Ausgangsmaterials in einer Schneidmühle des Herstellers Wannertechnik GmbH. Direkt anschließend wird das Mahlgut bei Bedarf pelletiert – insbesondere bei schwer rieselfähigem Material, wie Partikelschäume oder textile Rückläufe. Die Pelletpresse (Amandus Kahl GmbH & Co. KG) ermöglicht eine Verdichtung auf bis zum Zwanzigfachen des ursprünglichen Gewichts, was das Materialhandling deutlich vereinfacht und eine gleichmäßige Weiterverarbeitung gewährleistet.

Es folgt der Wasch- und Trocknungsprozess, für den die Anlage (K&L Automation System GmbH) mit vielfältigen Parametern – darunter Temperatur, Friktion und Additivierung – präzise eingestellt werden kann. Hot-Wash-Zyklen bis 95 °C sowie mechanische Reibung im Scheibenrefiner ermöglichen die Entfernung von Verunreinigungen, Lackierungen oder Verbundstrukturen. Die modulare Auslegung erlaubt eine differenzierte Behandlung von post-industrial und post-consumer Rückläufen, deren Zusammensetzung und Verschmutzungsgrad stark variieren können.

Im Anschluss erfolgt die Compoundierung, bei der das gewaschene Rezyklat im Doppelschneckenextruder (Leistritz Extrusionstechnik GmbH) aufgeschmolzen und mittels Schleppmitteln und Filtern weiter gereinigt wird. Dieses Verfahren entfernt insbesondere Gerüche und feste Verunreinigungen, die durch Waschen allein nicht beseitigt werden konnten – etwa, wenn sie im Material eingeschlossen waren. Um langkettige Kohlenwasserstoffe zu eliminieren, die aufgrund der kurzen Verweilzeit im Compounder nicht ausreichend entfernt werden können, wird das Material in einer nachgeschalteten Desodorierungseinheit (Zeppelin Systems GmbH) behandelt. Dort lassen sich Temperatur und Behandlungsdauer präzise auf das jeweilige Material einstellen.

Ein besonderes Merkmal des NMB-Recycling-Technikums ist die Möglichkeit, die Qualität des gewonnenen Rezyklats unmittelbar nach der Aufbereitung zu prüfen. Auf einer Spritzgießmaschine des Typs ENGEL e-mac 100 werden aus dem granulierten Material standardisierte Prüfkörper hergestellt, mit denen sich mechanische und thermische Eigenschaften direkt analysieren lassen. Auf diese Weise können Recyclingparameter gezielt angepasst und Materialeigenschaften prozessnah optimiert werden.

Die hier gewonnenen Erkenntnisse schaffen eine wissenschaftlich fundierte Grundlage für die Entwicklung wirtschaftlich und ökologisch tragfähiger Recyclingstrategien – insbesondere mit Blick auf künftige industrielle Anforderungen in der Automobil-, Bau- oder Verpackungsbranche.

Die Investitionssumme für das Recycling-Technikum beläuft sich auf 1,1 Millionen Euro. Der Freistaat Bayern als Hauptgesellschafter der NMB trug mit 900.000 Euro den Großteil der Investitionskosten und setzt damit ein klares Zeichen für die Förderung innovativer Lösungen im Bereich der Kreislaufwirtschaft.

Bild oben: Entwickeln die Ressource von morgen: (von links) Kevin Koch (Amandus Kahl GmbH & Co. KG), Katharina Krause (NMB), Philipp Biedenkopf (Amandus Kahl), Johannes Schmidt (NMB), Dimitrij Wirz (Zeppelin Systems GmbH), Roberto Frere Matteucci (Leistritz Extrusionstechnik GmbH), Carsten Weidel (Wannertechnik GmbH), Noel Gunkel (K&L Automation System GmbH), Holger Ruckdäschel (NMB). Foto: NMB

Von fil