Der Gesamtumsatz der Kunststoffverarbeiter sank nach der Auswertung des statistischen Bundesamtes um 6,26 % auf 72,55 Mrd. Euro. Gleichzeitig reduzierte sich der Materialverbrauch um 8,7% bzw. um 1,3 Mio. Tonnen und sank auf 13,3 Mio. Tonnen. Damit stellten alle Bereiche der Kunststoffverarbeitung weniger Produkte her. Im Inlandsabsatz waren die Rückgänge mit -6,9% auf 43,8 Mrd. Euro etwas höher als die Rückgänge des Exports, der um 5,5% auf 28,7 Mrd. Euro sank. Auch die Menge des verarbeiteten Rezyklats war rückläufig erfasst, so der Verband für technische Kunststoffteile TecPart. Rezyklate und ihre Erzeuger haben mit strukturellen Nachteilen zu kämpfen, so der Verband.

In den Sparten der Kunststoffverarbeitung verzeichneten im Berichtsjahr 2023 die Bereiche Bau und Verpackung besonders hohe Rückgänge, die traditionell einen hohen Rezyklatanteil in ihren Produkten einsetzen. Somit konnten sich auch die Rezyklate dem Abwärtstrend aus 2023 nicht entziehen. Die verarbeitete Menge reduzierte sich um 7,7% auf 2,4 Mio. Tonnen. Durch den etwas geringeren Rückgang im Vergleich zu den Originalmaterialien erhöhte sich die Rezyklateinsatzquote in den Kunststoffprodukten leicht (um 0,2%-Punkte) auf 18%.

Neuware günstiger als Rezyklat

Trotz künftig höherer Quotenvorgaben für Kunststoffprodukte war in 2023 nicht mehr drin, da viele Materialsorten der Originalware günstiger waren als die Recyclingware. Hohe Energiekosten, die auf die Herstellung heimischer Rezyklate durchschlugen, begünstigten zudem Materialimporte auch von Rezyklaten, was der Recyclingwirtschaft in Deutschland und Europa deutlich zusetzt und zwischenzeitlich zu Kurzarbeit bei vielen Recyclern führte.

Heimisches Rezyklat braucht Chancengleichheit

„Um die Transformation hin zu mehr Kreislaufwirtschaft wirtschaftlich zu schaffen, muss zumindest Chan-cengleichheit hergestellt werden“, so Rainer Zies, Geschäftsführender Gesellschafter der MKV Kunststoffgranulate GmbH. „Es kann nicht sein, dass Rezyklatquoten gefordert werden, diese jedoch in unfairem Wettbewerb hergestellt werden müssen, da im Vergleich zur Chemieindustrie höhere Energiekosten zu zahlen sind. Für die Recycler müssen die gleichen Energiekosten gelten wie für Originalmaterialhersteller“, so Zies weiter. Höhere Energiekosten für die Chemieindustrie lehnt er ab, „da würden wir die Konzerne und deren Kompetenz nur noch schneller ins Ausland verlieren.“ Im vergangenen Jahr war deutlich zu beobachten, was an billigen Importen nach Europa kommt. „Das schadet allen, egal ob Herstellern von Original- oder Recyclingmaterialien. Hier sind die Verantwortlichen in Europa gefragt, über klare Regeln nachzudenken“, so Rainer Zies, Vorsitzender der Gruppe der Compoundierer und Recycler im TecPart.

Ausbildung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie ist Beitrag zur Bewältigung der Klimakrise

„Für die Bewältigung der Klimakrise und die notwendigen Veränderungen der Industrie sind hochqualifizierte Fachkräfte von entscheidender Bedeutung“, so Aline Henke, Geschäftsführende Gesellschafterin der hankensbütteler kunststoffverarbeitung. Kunststoff-Technologinnen und -Technologen, Techniker und Technikerinnen sowie Ingenieurinnen und Ingenieure können sich in der Industrie aktiv in den Klima-schutz einbringen, indem sie innovative Lösungen mitentwickeln und die Transformation vorantreiben. „Es muss den Menschen bewusstwerden, dass sie mit ihrer fundierten Ausbildung in der Kunststoff verarbeitenden Industrie etwas bewegen können.“

Henke betont weiterhin die Notwendigkeit, schnell wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen in Deutschland wiederherzustellen. „Ein Abwandern der Industrie in andere Länder senkt zwar den deutschen CO2-Footprint, erhöht aber den der „Weltbilanz“, da der CO2-Footprint nur selten im Ausland geringer ausfällt“. Die durch TecPart erhobene Umfrage zeigt, dass die gestiegenen Kosten und die Umsatzrückgänge nur in wenigen Fällen zu einer Ergebnisverbesserung geführt haben.

In dem Betrachtungszeitraum der letzten sechs Jahre (2017-2023) haben 40% der Unternehmen in 2023 sinkende Gewinne zu verzeichnen, dies stellt den Höchstwert in den letzten sechs Jahren dar. Zudem konnten nur noch 24% der Unternehmen steigende Gewinne erzielen, was ebenfalls der schlechteste Wert der letzten sechs Jahre ist und damit die Zukunftsfähigkeit einiger Unternehmen in Frage stellt. Auch konnten die gestiegenen Preise aus Material-, Strom-, und Personalkostenerhöhungen nicht in dem not-wendigen Umfang in den Markt weitergegeben werden.

Zeit für das Wachstumschancenpaket

„Die Branche steht vor der Herkulesaufgabe, den Transformationsprozess zu meistern und zu bezahlen, da schlagen die Anhebung der Netzentgelte und die nun zusätzliche Verteuerung der CO2-Abgabe voll ein!“, mahnt Felix Loose, Geschäftsführender Gesellschafter der ROGA GmbH & Co. KG. Er fordert mehr Verlässlichkeit seitens der Politik, von der endlich wieder eine Wachstumsperspektive kommen muss, dann können auch wieder die erforderlichen Gewinne erwirtschaftet werden. „Es ist dringend geboten, hier Investitions- und Wachstumsbedingungen zu schaffen, die dem Mittelstand mit seinen in Deutschland befindlichen Standorten zugutekommt. Wir riskieren derzeit erneut das Abwandern von Industrien. Wie schnell das geht, konnte man als abschreckende Beispiele mit der Pharma-, Textil-, Solar- und Windkraft-Branche sehen“.

„Es ist nicht mehr 5 vor 12! Das Wachstumschancenpaket muss jetzt verabschiedet werden, um weiter an der Verbesserung der Standortbedingungen zu arbeiten“, so der Vorsitzende von TecPart. Verhalten sind die Erwartungen für die Unternehmensergebnisse in 2024, hier geben 54% der Befragten an, dass sie keine Veränderung und 25% ein weiteres Abschmelzen der Gewinne erwarten.

Die fehlenden Impulse für die künftige Entwicklung schlagen sich auch bei den Investitionen nieder. Rund 25% der Unternehmen haben ihre Investitionen zurückgefahren, was der höchste Wert seit dem Corona-Jahr 2020 ist, 63% der Unternehmen haben ihre Investitionen auf dem Vorjahresniveau gehalten.
Die wirtschaftliche Situation ist trotz vermehrtem Gewinnrückgang bei den Unternehmen meist noch ro-bust. Allerdings zeigt die TecPart-Umfrage auch, dass für rund ein Drittel der Unternehmen Kurzarbeit derzeit ein Thema ist. Für rund 35% der Unternehmen sind Finanzierungsbedingungen und die Liquidi-tätssituation bereits heute eine starke bis sehr starke Herausforderung, die auch auf den Arbeitsmarkt durchschlagen könnte.

Mehr als 50 % der Unternehmen sehen das Verhalten ihrer Kunden durch unzuverlässige Abrufe als starke bis sehr starke Herausforderung.

Überzogene regulatorische Vorschriften aus der EU schädigen die internationale Wettbewerbsfähigkeit

Michael Weigelt, Geschäftsführer von TecPart, fordert vor diesem Hintergrund ein faires und aufeinander abgestimmtes Miteinander: „Wir brauchen gesunde vernetzte Lieferketten in Deutschland, und die reichen von der Chemieindustrie über die Zulieferindustrie bis hin zu den OEM und dann schließlich wieder zu den Recyclern – nur so werden wir die Transformationsziele der EU schaffen. Dazu sind aber politische Rahmenbedingungen erforderlich, die das auch fördern. Teure und lähmende bürokratische Lasten be-hindern und überzogene regulatorische Vorschriften aus der EU schädigen die internationale Wettbe-werbsfähigkeit, wenn diese ohne entsprechenden Schutz des EU-Binnenmarktes eingeführt werden. Ein Beispiel sind die unrealistischen Rezyklatquoten aus der EU-Altautoverordnung, die zudem den wichtigen Abfallstrom der Industrieabfälle außen vorlässt. Hier brauchen wir praxisnahe Vorgaben und kein ideolo-gisch gefärbtes Wunschdenken.“
„Nur Praktikabilität, Verlässlichkeit und Kontinuität schafft Vertrauen in die Politik. Nur ein mit der Wirt-schaft entwickeltes Konzept für den Standort verbessert Steuereinnahmen, und nur verbesserte Steuer-einnahmen können die Stabilität in der sozialen Marktwirtschaft gewährleisten“, so Weigelt weiter.

Bild ganz oben: Auch der Einsatz von Rezyklaten geht in der Kunststoffindustrie zurück. Grafik: Pixabay/Peggy_Marco

Von fil