Über 500 Gäste erlebten in Linz auf den ENGEL Mobility Days 2023 – supported by KTM Technologies Konzepte für die Mobilität der Zukunft und die sich daraus ergebenden Herausforderungen und Trends, neue Marktchancen und technologische Möglichkeiten. Die zweitägige Veranstaltung mit hochkarätigen Referenten und zukunftsweisenden Maschinenexponaten vereint und erweitert die bisherigen ENGEL Konferenzen trend.scaut und Lightweight Future Day zu einem neuen Netzwerk-Event. Die Mobility Days geben einen umfassenden Ausblick darauf, was uns zukünftig bewegen wird. Autonomes Fahren, Flugtaxis und Micromobility sind hier prägende Stichworte. Dabei wird klar: Mobilität neu zu organisieren erfordert innovative technische Lösungen aber auch ein neues Verständnis der Anforderungen. „Lassen Sie uns zwei Tage lang Mobilität völlig neu denken“, sagte Gastgeber Dr. Stefan Engleder, CEO der ENGEL Gruppe zur Eröffnung.

Ob neue Antriebskonzepte oder autonomes Fahren: Die Trends verändern grundlegend die Anforderungen an die Mobilität und erfordern zum Teil völlig neue Material- und Herstellungskonzepte. Hieraus ergeben sich große Chancen für die Spritzgießindustrie. „Kunststoffe spielen in der Mobilität der Zukunft eine noch deutlich größere Rolle als heute“, betont Franz Füreder, Leiter der Business Unit Automotive & Mobility von ENGEL. „Polymere Materialien sind per se Leichtbauwerkstoffe und unterstützen den schonenden Umgang mit Energie und Rohstoffen. Sie lassen sich sehr effizient im Spritzguss verarbeiten, was innovative Technologien für den Massenmarkt zugänglich macht.“ Die ENGEL Mobility Days 2023 zeigen hierfür zahlreiche Beispiele auf.

Leichter ist besser

Zum Erreichen der Klimaschutzziele kommt dem Leichtbau eine zentrale Rolle zu. Mit einem eigenen interdisziplinären Technologiezentrum für Leichtbau-Composites am Produktionsstandort St. Valentin in Österreich entwickelt ENGEL seit mehr als zehn Jahren gemeinsam mit Partnerunternehmen innovative Composite-Lösungen. Oberstes Entwicklungsziel sind integrierte und automatisierte Prozesse für eine kosteneffiziente Großserie. Ein Fokus der Entwicklungsarbeiten liegt auf dem Einsatz thermoplastischer Faserverbundmaterialien. „Gründe hierfür sind zum einen die sehr effizienten Prozesse zum Verarbeiten von Thermoplasten und zum anderen die höhere Nachhaltigkeit“, sagt Füreder. Ein konsequent thermoplastischer Materialansatz ebnet einem späteren Recycling der Bauteile den Weg.

Das Recycling von faserverstärkten Composite-Bauteilen ist ein weiterer Entwicklungsschwerpunt im Technologiezentrum für Leichtbau-Composites von ENGEL. „Wir erwarten, dass das Automobilrecycling in Zukunft viele glasfaserverstärkte Bauteile aus Polyamid und Polypropylen sortenrein zurück in die Materialkreisläufe spielt. Beim Shreddern der Bauteile werden die Glasfasern aber gekürzt. Um aus den Rückläufern wieder hochwertige Faserverbundbauteile zu produzieren, muss beim Aufbereiten der Rezyklate neues Fasermaterial zudosiert werden“, erklärt Michael Fischer, Business Development Technologien bei ENGEL. „Hier arbeiten wir an einem Konzept, das es erlaubt, sehr effizient die Materialeigenschaften einzustellen.“

Basis ist der neue Zwei-Stufen-Prozess, den ENGEL auf der K 2022 vorstellte. Die Anlage trennt das Plastifizieren und Einspritzen in zwei voneinander unabhängige, aufeinander abgestimmte Prozessschritte auf, um zwischen die beiden Aggregate einen Schmelzefilter und eine Entgasungseinheit integrieren zu können. Mit dieser Strategie lassen sich Kunststoffabfälle direkt nach dem Vermahlen als Flakes im Spritzguss in sehr hoher Qualität verarbeiten. Da ein kompletter Aufbereitungsschritt, das Regranulieren, entfällt, spart der Zwei-Stufen-Prozess im Vergleich zum herkömmlichen Recycling viel Energie und Arbeitsaufwand ein. Um geshredderte Faserkunststoffverbundbauteile wieder zu mechanisch hochbelastbaren Fahrzeugkomponenten verarbeiten zu können, integriert ENGEL nun zusätzlich zum Schmelzefilter eine Glasfaserzuführung ins Anlagenkonzept. Die frischen Langglasfasern werden vor dem Einspritzen der Schmelze zudosiert. „Wir befinden uns hier in der Erprobungsphase“, sagt Fischer. „Die ersten Versuche sind vielversprechend.“

Brennstoffzellen sind Innovationstreiber

Die alternativen Antriebstechnologien eröffnen ebenfalls neue Potenziale für die Spritzgießindustrie. „Die Wasserstofftechnik wird derzeit in Europa besonders stark vorangetrieben, vor allem im Lkw-Bereich“, berichtet Fischer. „Mit dem Joint-Venture Cellcentric bündeln Daimler Truck und Volvo Group ihre Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Brennstoffzellensystemen und haben ENGEL als einen ihrer Technologielieferanten ausgewählt.“ Die Kompetenz von ENGEL in der Verarbeitung von Elastomeren und insbesondere Flüssigsilikon (LSR) ist hier entscheidend. Brennstoffzellen erfordern viele Dichtungen, die zum Teil direkt auf Metall- oder Kunststoffkomponenten aufgespritzt werden. Hinzu kommen Kabeldurchführungen, die aus LSR produziert werden. Die Bipolarplatten, von denen pro Brennstoffzelle mehrere hundert Stück benötigt werden, bestehen aus Metall, aber das könnte sich langfristig ändern, ist Fischer überzeugt. „Wir entwickeln bereits Spritzgießlösungen für Bipolarplatten auf Basis von Thermoplasten. Die Herausforderung besteht in der Plattendicke von nur wenigen Zehntelmillimetern, wofür wir Dünnwandtechnologien mit Spritzprägen kombinieren.“
Auch für Batteriegehäuse und -wannen in Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellenfahrzeugen lösen Thermoplaste immer häufiger Stahl- und Aluminiumbleche ab. So entwickelt zum Beispiel Envalior – hervorgegangen aus DSM Engineering Materials und dem Geschäftsbereich High Performance Materials von Lanxess – eine neuartige Batteriewanne aus Polyamid mit einem hohen Glasfaseranteil. Die Wanddicke liegt unter 7 mm bei einem Einzelschussgewicht von 60 kg. „Die Herausforderung besteht darin, die hohen Lasten im Kunststoffdesign stabil aufnehmen zu können“, erklärt Fischer. „Außerdem erfordern das großvolumige Bauteil und das sehr hohe Schussgewicht eine besonders große Spritzgießmaschine. Wir planen mit einer ENGEL duo Großmaschine mit 8000 Tonnen Schließkraft.“

 

Bild oben: Stefan Engleder bei der Eröffnung der Mobility Days Foto: Circular Technology.

 

 

 

Von fil