Der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Kreislaufwirtschaft hat den Überlegungen im Europäischen Parlament, ein Erstzugriffsrecht auf Kunststoffrezyklate einzuführen, eine klare Absage erteilt und vor einer drohenden Monopolbildung gewarnt. Die Forderung nach Erstzugriffsrechten wird derzeit im Umwelt- und im Industrieausschuss des Europäischen Parlaments diskutiert. BDE-Präsident Peter Kurth betonte, dass der Verband massiv gegen die Einführung solcher Rechte auftritt. Auch andere europäische Verbände der Entsorgungsbranche unterstützen diese Position. Der BDE ist der Ansicht, dass Rezyklate auf dem freien Markt ohne Begünstigung einzelner Marktteilnehmer zum Verkauf angeboten werden sollten. Hintergrund der aktuellen Debatte im Europäischen Parlament und im Rat ist der Vorschlag der EU-Kommission für eine Verpackungsverordnung mit umfassenden Regelungen, die in allen EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar sein sollen.
Diese Regelungen betreffen unter anderem die Recyclingfähigkeit von Verpackungen, die Recyclingquote, die erweiterte Herstellerverantwortung und Rezyklateinsatzquoten. Der BDE warnt vor einer Einschränkung des freien Marktzugangs für Kunststoffrezyklate und befürchtet eine Monopolbildung, falls Erstzugriffsrechte eingeführt werden. Die Debatte über die Verpackungsverordnung und die Regelungen zum Rezyklateinsatz werden weiterhin intensiv geführt.
Bei der Sitzung des federführenden Umweltausschuss des Europäischen Parlaments am 4. Mai hatte die belgische Berichterstatterin der liberal-zentristischen Fraktion Renew, Frédérique Ries, ihren Berichtsentwurf vorgestellt und dabei auch diese Forderung angesprochen. Dabei erklärte sie in Bezug auf die Rezyklateinsatzquoten, dass EU-Mitgliedstaaten denjenigen Produzenten „Zugang zu Rezyklat gewähren sollten, die vom Kunststoff abhängen“. Unter diesen Quoten versteht man Vorgaben, wie groß der Anteil von recycelten Materialien an neuen Kunststoffverpackungen sein muss. Das Erstzugriffsrecht auf Rezyklate ist ursprünglich eine Forderung der Getränkeindustrie. Die Positionierung der Renew-Fraktion ist neu. In ihrem Berichtsentwurf hatte Frau Ries bisher lediglich die Wichtigkeit des „sicheren und gerechten“ Zugangs zu Rezyklat betont.
Keine Bevorzugung!
Auch laut dem kürzlich veröffentlichen Entwurf der Stellungnahme der italienischen Berichterstatterin des mitberatenden Industrieausschusses, Patrizia Toia (S&D), sollen die Mitgliedstaaten den Verpackungsherstellern, soweit technisch machbar, einen bevorzugten Zugang zu dem Rezyklat sichern, das aus ihren Verpackungen stammt. Sie begründet dies mit der Sorge, dass das Angebot die Nachfrage möglicherweise nicht decken könne. Zugleich könne der durch Bevorzugung bestimmter Abnehmer herbeigeführte Kreislaufschluss einen Anreiz für das recyclinggerechte Design schaffen. Die Europäische Kommission hatte Forderungen nach einem Erstzugriffsrecht bisher nicht berücksichtigt und ein Erstzugriffsrecht auf Rezyklat in ihren Vorschlag einer Verpackungsverordnung daher nicht aufgenommen.
BDE-Präsident Peter Kurth: „Jegliche Bevorzugung bestimmter Abnehmer von Rezyklaten lehnen wir mit Nachdruck ab. Monopolisierte Zugriffsrechte wären keine Hilfe, sondern würden den ohnehin noch ausbaufähigen Markt für Recyclingrohstoffe in der EU eher noch weiter schwächen. Eine Beschränkung des freien Handels von Rezyklaten wird mit Sicherheit zu niedrigeren Preisen führen und damit den Anreiz für Investitionen in diesem Sektor schmälern. Die Folge wäre weniger statt mehr Recycling. Zur Schaffung einer funktionierenden Kreislauf- und Recyclingwirtschaft bedarf es daher auch in Bezug auf die Rezyklate eines freien und fairen Wettbewerbs, in dem optimale Lösungen entwickelt und umgesetzt werden. Wir sind davon überzeugt, dass die Einführung des von der Kommission vorgeschlagenen verpflichtenden Design-for-Recycling für Verpackungen zusammen mit den vorgeschlagenen Rezyklateinsatz- und Recyclingquoten maßgeblich hierzu beitragen wird.“
Bild oben: Peter Kurth warnt vor Monopolen. Foto: BDE