Stahlbeton ist langlebig und stabil, die Herstellung und der Einsatz verursachen jedoch einen großen CO2-Fußabdruck. Holz wiederum ist zwar nachhaltig und bindet Kohlenstoff, hat als Baustoff allerdings naturgegebene Schwächen. Hybride Holzsysteme hingegen vereinen Nachhaltigkeit und Festigkeit. Das Fraunhofer-Institut für Holzforschung, Wilhelm-Klauditz-Institut, WKI entwickelt entsprechende Kleber und testet die Langzeitstabilität der hybriden Baustoffe.

Gebäude und andere Bauwerke bestehen heutzutage größtenteils aus Mauerwerk, Stahl und Beton. Insbesondere Stahlbeton garantiert eine hohe Gesamtstabilität – schließlich vereint er die große Druckfestigkeit von Beton mit der hohen Zugfestigkeit von Stahl. Zudem ist Stahlbeton sehr dauerhaft, auch bei wechselhafter Witterung. Das Manko: Stahlbeton herzustellen, zu verarbeiten und wiederzuverwerten verschlingt große Mengen an Energie, dabei wird viel CO2 freigesetzt. Die langen Transportwege der Rohstoffe verschlechtern den CO2-Fußabdruck abermals. Holz dagegen wächst schnell nach und ist damit weitaus klimafreundlicher, zudem ist es lokal verfügbar. Auch ist der Wohlfühlfaktor in Holzhäusern üblicherweise höher als hinter Betonwänden. Doch auch hier gibt es einen Wermutstropfen: Holz ist keineswegs so stabil wie Stahlbeton, vor allem die Zug- und Druckfestigkeiten senkrecht zur Faserrichtung sind vergleichsweise niedrig. Außerdem zeichnet sich Holz durch eine hohe Variabilität der Eigenschaften und Hygroskopizität aus. Kombiniert man Holz jedoch mit anderen Materialien, verbessern sich die mechanischen Eigenschaften der Gesamtkonstruktion stark. Kombiniert mit Faserverbundkunststoffen oder Beton könnten selbst Holzarten und Sortierklassen eingesetzt werden, die sich bisher nicht für die Bauindustrie eignen. Damit könnte sich der Spielraum für eine klima- und umweltgerechte Forstwirtschaft erweitern.

Langzeitverhalten von Holz-Hybrid-Werkstoffen

Beispielhafte Darstellung eines Holzbalkens mit Faserverbundkunststoff (FVK). Grafik: Fraunhofer WKI/Christoph Pöhler

Während es zum Kurzzeitverhalten solcher Holz-Hybridwerkstoffe bereits verschiedene aktuelle Studien gibt, ist zum Langzeitverhalten nur wenig bekannt. Doch gerade dies ist elementar, wenn es um Baumaterialien geht. Eine Nachwuchsforschergruppe will diese Lücke nun schließen und untersucht unter der Leitung des Fraunhofer WKI in Braunschweig das Langzeitverhalten und die Dauerhaftigkeit solcher hybriden Holzbausysteme. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL, Projektträger ist die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. „Unser Ziel ist es, den Anteil von Holz im Hochbau signifikant zu erhöhen. Der Holzbau hat einen geringen Anteil am deutschen Baumarkt – etwa 10 bis 15 Prozent“, sagt Prof. Libo Yan, Senior Scientist und Nachwuchsgruppenleiter am Fraunhofer WKI. Wäre gesichert, dass die Hybridbaumaterialien Wind und Wetter über lange Zeit trotzen können, dürfte dieser Baustoff sicherlich einen Aufschwung erleben. Die Forscherinnen und Forscher aus aller Welt – ebenso viele Frauen wie Männer, wie Yan stolz erzählt – untersuchen Kombinationen aus Holz und Beton ebenso wie Holz, das durch Carbonfasern oder Flachs in einer Polymermatrix zusätzliche Stabilität gewinnt. Was die Kombination von Schnittholz und Beton angeht, hat das Team zunächst einmal einen neuen Weg entwickelt, die Materialien miteinander zu verbinden. Üblicherweise geschieht dies mechanisch – also über Stahlnägel, Stahlplatten und Stahlnetze. „Indem wir die Materialien über Polyurethan oder Epoxidharz verbinden, können wir das Gewicht der Holz-Hybride senken und den Produktionsprozess um bis zu 15 Prozent beschleunigen“, sagt Yan.

Auch wenn es widersprüchlich klingen mag – schließlich geht es ja um Langzeitversuche: Am Anfang der Untersuchungen stehen Kurzzeitversuche. Denn Langzeitversuche über zwanzig Jahre sind sowohl zu teuer als auch zu langwierig, schließlich soll der Weg für die neuen Baumaterialien möglichst schnell geebnet werden. Für die Kurzzeitversuche von Stunden oder Tagen verbinden die Forschenden die Materialien, etwa Beton und Holz. Anschließend spannen sie die äußeren Holzteile ein und bringen auf den Beton eine definierte Kraft auf. Wie viel Kraft ist nötig, um die Klebeschicht zu zerstören und den Materialverbund auseinanderzureißen? Aus solchen und anderen Messungen entwickelt das Forscherteam ein theoretisches Modell. Dazu untersuchen sie via Mikroskop auch die Mikrostruktur der Klebestelle. „Wir wollen eine Korrelation zwischen dem makroskopischen Verhalten und der Mikrostruktur herstellen“, sagt Yan. „Dabei gehen wir auch auf die chemische Ebene: Wie beispielsweise verändern sich die chemischen Komponenten an der Schnittstelle? Auf diese Weise können wir die Eigenschaften der Hybridmaterialien gezielt verbessern.“

Langzeittests im Freien

Um das erstellte Modell zu validieren und die Realität bestmöglich einzufangen, schließen die Forscherinnen und Forscher an die Kurzzeitversuche nun längerfristige Untersuchungen an. In diesen setzten sie fünf bis sechs Meter lange Hybridpaneele im Freiland Wind, Regen und Sonne aus, für zwei Jahre. Wie sehr werden sie dadurch in Mitleidenschaft gezogen? Sagt das Modell dies stimmig voraus? „Über die Ergebnisse können wir das Modell weiter optimieren“, so Yan. Hat das Modell diesen Praxisvergleich hinter sich, werden die Forscherinnen und Forscher es für die Vorhersage des Langzeitverhaltens nutzen und berechnen, wie sich die Holz-Hybridmaterialien über einen Zeitraum von 50 Jahren verhalten. Auf diese Weise kann das Forscherteam die Grundlage schaffen, die Materialien künftig in der Bauindustrie einzusetzen.

Bild oben: Beispielhafter Aufbau einer Deckenplatte im Holz-Beton-Verbundsystem (HBV). Grafik: Fraunhofer WKI/Christoph Pöhler

 

Von fil