Illegale und schadstoffbelastete Mülldeponien in Deutschland gefährden Menschen und Umwelt. Das ergab eine Auswertung von Proben, die Reporter des Greenpeace Magazins auf zwei illegalen Deponien in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg genommen haben. Im Sickerwasser einer nicht genehmigten Müllkippe in Güstrow, die in einer Trinkwasserschutzzone für die Stadt Rostock liegt, fanden sich erhöhte Arsen- und Quecksilberwerte. Die giftigen Schwermetalle können Nervenzellen schädigen und Krebs auslösen. Proben von der deutschlandweit vermutlich größten illegalen Plastikmülldeponie in Schönermark in der Uckermark enthielten erhöhte Konzentrationen von Blei und Weichmachern.

Der Toxikologe Edmund Maser von der Universität Kiel, der die Probenergebnisse für das Greenpeace Magazin bewertete, spricht von einem „Cocktail von Schadstoffen“ und warnt, durch das jahrelange Freisetzen von Schadstoffen aus diesen illegalen Mülldeponien bestehe „eine chronische Belastung für Mensch und Umwelt“. Insbesondere in Güstrow sieht er dringenden Handlungsbedarf. „Wenn solche illegalen Mülldeponien lange genug bestehen, muss man damit rechnen, dass die Schadstoffe auch in eine tiefer liegende Grundwasserschicht sickern.“ Gerieten die Deponien in Brand, verbreiteten sich giftige Stoffe zudem über die Luft, so Maser.

127 dokumentierte illegale Deponien – Sanierung würde halbe Milliarde kosten

Illegale Deponien sind in Deutschland kein Einzelfall. Abfälle mit teils giftigen Schadstoffen wurden und werden an zahlreichen Orten illegal abgeladen. Brandenburg ist dafür ein Brennpunkt. Reporter des Greenpeace Magazins haben hier 127 illegale Deponien dokumentiert, auf denen insgesamt rund fünf Millionen Tonnen Haus- und Industrieabfälle lagern, teilweise aus dem Ausland. Die sachgemäße Sanierung und Entsorgung würde nach Schätzungen 500 Mio EUR kosten.

Um Abfälle billig loszuwerden, täuschen kriminelle Müllentsorger Greenpeace zufolge eine fachgerechte Entsorgung meist nur vor. Sie kassieren zunächst das Geld für den Abtransport des Mülls, manipulieren dann die Frachtpapiere, weisen Lieferungen falsch aus, deklarieren etwa gefährlichen zu ungefährlichem Abfall um und kippen ihn schließlich illegal ab. Das Bundeskriminalamt verglich die Gewinne der Müllschieber schon vor acht Jahren in einem internen Bericht mit den Profiten der organisierten Drogenkriminalität und stellte fest, dass Dealen mit Müll lukrativer ist.

Die Täter werden häufig nicht verurteilt und wenn, dann oft mild. Zahlen aus dem brandenburgischen Justizministerium für die Jahre 1994 bis 2015 zeigen: In neunzig Prozent ihrer Urteile zu entsprechenden Delikten beließen es Gerichte bei einer Geldstrafe.

Kriminelle Netzwerke gegen überforderte Behörden

Nach Recherchen des Greenpeace Magazins bilden Müllschieber häufig ein Netz aus Maklern, Spediteuren und Unternehmen vom mittelständischen Betrieb bis zum Großkonzern. Oft werden solche Geschäfte durch komplizierte Firmenstrukturen mit verschiedenen Tochtergesellschaften verschleiert. Hinter der illegalen Deponie in Güstrow etwa stecken Mitglieder einer Unternehmerfamilie aus Norddeutschland. Diesen gehört eine Reihe von Firmen mit Niederlassungen in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Hamburg und London, von denen viele inzwischen insolvent sind.

Ein weiteres Problem ist, dass Abfallkriminalität zu den sogenannten Kontrolldelikten zählt, die nur bei genauem Hinsehen auffallen. Oftmals führen Behörden jedoch zu wenige Kontrollen durch oder sie verschleppen die Räumung. So existieren die Deponien in Güstrow und Schönermark seit Mitte der Neunzigerjahre. Noch bis vor kurzem wurde auf der Halde in Güstrow Müll abgeladen, obwohl dafür von Anfang an keine Genehmigung vorlag. In Schönermark hatten die Behörden zwar zunächst grünes Licht gegeben, jedoch nur unter strengen Auflagen, die spätestens seit 2010 missachtet wurden. Dass an beiden Orten Müll illegal abgeladen wurde, ist den Ämtern laut Greenpeace seit Langem bekannt.

Gefahren werden ignoriert

„Die Recherchen haben gezeigt, dass Behörden die Gefahren illegaler Deponien einfach ignorieren“, sagt Michael Pauli, Chefredakteur Greenpeace Magazin. „In den Jahren oder gar Jahrzehnten, in denen sie nach den Verursachern suchen, wird der Boden verseucht, wie die Probenergebnisse belegen. Die Behörden müssen illegale Müllhalden unverzüglich räumen lassen und dürfen nicht warten, bis die Schadstoffe möglicherweise ins Grundwasser sickern. Die Rechnung können sie dann später schicken.“ Wenn beispielsweise Öl auf der Elbe auslaufe, dann komme auch sofort die Feuerwehr. „Da sucht auch keiner zuerst den Verursacher“, so Michael Pauli.

„Es ist erschreckend, dass in Deutschland solch unhaltbare Zustände existieren“, sagt Greenpeace-Experte Manfred Santen, der ähnliche Untersuchungen auf Deponien in Malaysia durchgeführt hat. „Die Behörden müssen genauer hinschauen und den schwarzen Schafen in der Abfallbranche das Handwerk legen – mit einem Kontrollsystem, das Gesetzesverstöße aufdeckt und mit wirksamen Sanktionen ahndet.“ Greenpeace werde rechtliche Schritte einleiten.

Bild oben: Giftige Brühe: Die Greenpeace Magazin Reporter Michael Billig und Marius Münstermann nehmen Proben auf einer illegalen Mülldeponie in Brandenburg. Diese werden im Labor auf Schwermetalle und weitere, teils krebserregende Substanzen untersucht. Foto: Greenpeace Magazin / Jonas Wresch

Von fil