Mit der neuen europäischen CSR-Richtlinie werden rund 15.000 Unternehmen in Deutschland demnächst berichtspflichtig. Lässt die nationale Gesetzgebung für die Prüfung der Berichte ausschließlich Wirtschaftsprüfer zu? Eine neue Studie, des Umweltgutachterausschusses positioniert sich klar: Wir sollten unsere in Deutschland bereits seit langem bestehende Expertise nutzen und für diese Aufgabe ausgebildete Fachleute zulassen. Umweltgutachter weisen bereits heute eine hinreichende Qualifikation und entsprechende organisatorische Voraussetzungen auf, um ebenfalls Nachhaltigkeitsberichte im Rahmen der CSRD prüfen zu können. Das trage schließlich auch dazu bei, Doppelarbeit in den berichtenden Unternehmen zu vermeiden – und das ohne Qualitätsverlust.

Am 31. Juli veröffentlichte die Europäische Kommission die Delegierten Rechtsakte zum ersten Set verpflichtender Berichtsstandards (ESRS) aus der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Was leisten Unternehmen mit bestehenden Industrie- und Managementstandards, um die Anforderungen zu erfüllen? Jede Menge – das war der Tenor beim Dialogforum „Kompetenzfeld Nachhaltigkeitsberichterstattung“, welches der Umweltgutachterausschuss zusammen mit B.A.U.M. e.V. bereits am 5. Juli veranstaltete. Das Veranstaltungsformat will eine Brücke zwischen neuen Berichtsanforderungen und bestehenden Standards schlagen. Yvonne Zwick, Vorsitzende von B.A.U.M. e.V. unterstreicht: „Der Wert der Industriestandards für die CSRD-konforme Berichterstattung ist nicht hoch genug einzuschätzen, weil er die Unternehmensperspektive ernst nimmt und in der Praxis Etabliertes endlich auch marktgängig übersetzt.“

Anton Lechner, Nachhaltigkeitsbeauftragter bei der himolla Polstermöbel GmbH, rechnet vor, wieviel sein Unternehmen mit EMAS und dem Deutschen Nachhaltigkeitskodex bereits für die CSR-Berichtspflicht beiträgt. Er resümiert: „Alle, die über CSRD diskutieren, sprechen nicht über eines der am längsten bewährten Management-Nachhaltigkeitssysteme – nämlich EMAS – und was es bereits bietet. Deshalb brauchen wir eine Berichtsform, die jemand validiert, der es kann – nämlich ein Umweltgutachter.“

In 18 Monaten nationales Recht

Innerhalb von 18 Monaten muss die CSRD in nationales Recht umgesetzt werden und steht deshalb aktuell auf der Agenda der Bundesregierung. Bei der Prüfpflicht der Berichte werden den EU-Mitgliedstaaten gewisse Handlungsspielräume eingeräumt. So besteht die Möglichkeit neben Wirtschaftsprüfer*innen auch sogenannte „unabhängige Erbringer*innen von Bestätigungsleistungen“ zuzulassen. Einige Mitgliedstaaten erwägen, diese Option zu nutzen. In Deutschland dürfte der enorme Zuwachs der Menge an Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten insbesondere kleine und mittelständische Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vor enorme Herausforderungen stellen. Um die geforderte Expertise im nichtfinanziellen Prüfbereich zu bekommen, könnten Kooperationen mit anderen Sachverständigen eine Brücke bauen und weitere Marktverschiebungen zu den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften vermindern. Zudem besitzen andere Prüfdienstleister oft langjährige fachliche Expertise in der nichtfinanziellen Berichterstattung, die sonst ungenutzt bliebe.

Prüfung: nicht ohne Umweltgutachter!

Der Umweltgutachterausschuss hat in diesem Zusammenhang eine Studie veröffentlicht. Ihre Aussage ist eindeutig und unmissverständlich: Wir sollten unsere in Deutschland bereits seit langem bestehende Expertise nutzen und den Weg für ausgebildete Fachleute in der Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen öffnen. Die in Deutschland zugelassenen Umweltgutachter*innen weisen bereits heute eine hinreichende Qualifikation und entsprechende organisatorische Voraussetzungen für die Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen auf und können unmittelbar als unabhängige Erbringer*innen von Bestätigungsleistungen fungieren. Sie beschäftigen sich ohnehin in ihrer täglichen Praxis mit Nachhaltigkeitsinformationen von berichtenden Unternehmen und nehmen hier vielfältige Validierungs- und Zertifizierungsaufgaben wahr. Hierin erfüllen sie heute bereits weitestgehend die Anforderungen der CSRD hinsichtlich der neu entwickelten ESRS-Standards für die Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen. Als staatlich beliehene Stelle erfüllt die Deutsche Akkreditierungs- und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH (DAU) grundsätzlich die Anforderungen der EU für das Zulassungs- und Aufsichtsregime analog zur Wirtschaftsprüferkammer und zur Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS).

Auf dem Dialogforum stellt Prof. Frank Ebinger die Ergebnisse der Studie vor und diskutiert diese mit dem Teilnehmerkreis von Fach- und Führungskräften aus Politik, Verwaltung und berichtspflichtigen Unternehmen. „Wir sollten bei der Umsetzung der CSRD nicht unnötig unsere in Deutschland bestehenden Wissensressourcen verschwenden und ein  komplementäres Prüfsystem  von Wirtschaftsprüfer*innen und Umweltgutachter*innen etablieren. Mit der Möglichkeit unabhängiger Bestätigungsleistungen gehen wir einen Königsweg, auf dem jede Seite ihren Sachverstand einbringen kann und wir in Deutschland unsere Kompetenzen im Sinne einer effizienten Prüfung bündeln. Das trägt schließlich auch dazu bei, Doppelarbeit in den berichtenden Unternehmen zu vermeiden, da Umweltgutachter*innen ihre Arbeit zu zertifizierbaren Industrie- und Management-Standards einbringen können. Zudem trägt dies zur lange ersehnten Entschlackung der Berichtspflichten von Unternehmen bei – und das ohne Qualitätsverlust“, betont Ebinger.

Im Fokus der Debatte sollte demnach nicht das Ringen um neue Geschäftsfelder für Prüfer*innen stehen, sondern der bestmögliche Dienst an Klima- und Umweltschutz, sowie für die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten. Der Umweltgutachterausschuss will sein Anliegen weiter beim Bundesjustizministerium einbringen, welches federführend für die nationale Umsetzung der CSRD ist. Eine zweite Runde des Dialogforums ist für den 11. Oktober vorgesehen.

Bild oben: Das Reporting im Rahmen der CSRD wird demnächst zur Pflicht. Grafik: Pixabay/Pexels

Von fil