Der Markt für Altkunststoffe und Recyclate steckt in einer tiefen Krise, wie Dr. Dirk Textor, Vorsitzender des bvse-Fachverband Kunststoffrecycling, Anfang Juni beim 25. Internationalen Altkunststofftag in Dresden erklärte. Die Nachfrage sei niedrig, die Produktion werde eingeschränkt oder sogar stillgelegt, während der Lagerbestand stetig anwachse.
In einem Pressegespräch berichtete Dr. Textor von einem brutalen Preiskampf, der zwischen Neuware und Kunststoffrecyclaten tobt. Gegenwärtig dränge die billige Neuware die Recyclate auf allen Ebenen zurück. Der Absatz von Mahlgütern, Regranulaten und Compounds stockt. „Die Kunststoffrecycler laufen im Input mit Verarbeitungsware voll und finden für ihre Produkte im Warenausgang keine Abnehmer“, so Textor.
Keine Besserung in Sicht
Eine Besserung der Situation ist derzeit nicht absehbar. Es besteht die Befürchtung, dass der dauerhafte wirtschaftliche Betrieb der Recyclinganlagen kaum noch möglich ist. Dr. Textor verwies auf kürzlich erfolgte Werksschließungen wie bei Veolia PET Germany in Rostock oder der FVH Folienveredelung in Schwerin. „Wir sehen eine bedrohliche Situation, die das gesamte Recycling gefährdet.“ Er erklärte weiterhin, dass Recyclinganlagen kontinuierlich betrieben werden müssen, um die benötigten Mengen in geeigneten Qualitäten darstellen zu können. Es wäre ein Trugschluss anzunehmen, dass einmal stillgelegte Anlagen innerhalb kurzer Zeit wieder hochgefahren werden können.
Niedrige Preise für Neuware
Es gibt eine Reihe von Gründen, die zu der gegenwärtig schwierigen Situation führen. Dr. Textor nannte insbesondere den Preisverfall bei Neuware. Die Recyclathersteller können diesen Preisverfall aufgrund der höheren Prozesskosten nicht mitgehen. Die hohen Kosten für Energie und Transport, gestiegene Löhne und Nebenkosten wie Versicherungen, Wartung, Ersatzteile sowie Maschinen und Anlagen sind in dieser Situation kaum mehr zu verkraften.
Hauptverantwortlich für die Misere ist jedoch ein anderer Grund. „Die Unternehmen der kunststoffverarbeitenden Industrie setzen auf billige Neuware mit großem CO2-Rucksack und pfeifen auf die klimafreundlichen Recyclate“, betonte Dr. Dirk Textor. Er forderte alle Beteiligten der Kunststoffkette auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Besonders die Kunststoffverarbeiter, Verpacker und Inverkehrbringer seien in der Pflicht. Recyclate seien ein integraler Bestandteil der Kunststoffherstellung und -verarbeitung. Die kunststoffverarbeitenden Unternehmen sollten aus reinem Eigeninteresse ihr derzeitiges Marktverhalten überprüfen und sich schleunigst auf den Weg zu mehr Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz machen, so der eindringliche Appell des Vorsitzenden des bvse-Fachverband Kunststoffrecycling.
Bild oben: Dirk Textor beklagt die schwierige Lage auf dem Markt für Rezyklate. Foto: bvse