Der EU-Umweltrat hat sich auf einen gemeinsamen Standpunkt zur europäischen Altfahrzeugverordnung (ELV) verständigt. Ziel ist es, die Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit von Fahrzeugen bereits im Entwicklungsprozess zu verankern – ein Schritt, den der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) ausdrücklich begrüßt.
„Ein ökologisches Design ist der Schlüssel für effizientes Recycling und den Schutz unserer Umwelt“, erklärt Johannes Hanke, bvse-Experte für Altfahrzeugverwertung. „Der Kreislaufgedanke muss fester Bestandteil von Forschung und Entwicklung werden.“
Besonders positiv bewertet der bvse, dass künftig eine Abmeldung von Fahrzeugen ohne Verwertungsnachweis nicht mehr möglich sein soll. „Dies ist ein wirksames Instrument gegen die illegale Verbringung von Altfahrzeugen“, so Hanke. Gleichzeitig mahnt er jedoch an, dass bestehende Regelungen bislang häufig unzureichend umgesetzt würden: „Ein automatisierter Abgleich allein genügt nicht. Wir brauchen einen deutlich gestärkten Vollzug, um illegale Exporte wirksam zu unterbinden.“
Abgrenzung zwischen Alt- und Gebrauchtfahrzeugen
Zudem begrüßt der bvse die präzisierte Abgrenzung zwischen Altfahrzeugen und Gebrauchtfahrzeugen – betont aber, dass diese Unterscheidung auch kontrolliert werden müsse.
Kritisch sieht der bvse hingegen die geplante Einmischung des EU-Rats in die etablierte Praxis der Recyclingindustrie: „Der Eingriff in die industrieintern abgestimmte Shreddersorte entbehrt jeder fachlichen Grundlage“, so Hanke. „Hier ist kein staatliches Eingreifen erforderlich – zumal die Vereinbarungen zwischen Recycling- und Stahlindustrie bereits präzise und flexibel genug sind.“
Als zentralen Schritt auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft bezeichnet der Verband die vorgesehene Ausweitung der Herstellerverantwortung (EPR). So sollen Hersteller künftig auch die Kosten für Fahrzeuge tragen, deren Produzent nicht mehr existiert oder aus Drittländern stammt. Hanke warnt jedoch vor drohenden Belastungen für kleinere Verwertungsbetriebe: „Eine klare und faire Kostenregelung ist unverzichtbar – ebenso wie die Möglichkeit, höhere Aufwendungen je nach Zustand des Fahrzeugs geltend zu machen.“
Auch dem geplanten digitalen Verwertungsnachweis steht der bvse grundsätzlich positiv gegenüber – sofern praktikable Rahmenbedingungen geschaffen werden. „Ein Abbau der Bürokratie darf nicht zulasten der Praxistauglichkeit gehen“, betont Hanke. „Daten müssen einfach an Behörden übermittelt werden können, und eine Abmeldung darf erst nach vollständiger Prüfung erfolgen.“
Dr. Katharina Schlegel von PlasticsEurope
Dr. Katharina Schlegel, Direktorin für Kreislaufwirtschaft bei Plastics Europe, in Brüssel: „Wir begrüßen die Fortschritte, die der Ministerrat heute bei der Altfahrzeugverordnung (ELVR) erzielt hat. Die Beschlüsse sind wichtig, da die Industrie jetzt einen klaren und verlässlichen Rechtsrahmen braucht, um Kreislauftechnologien zu skalieren. Doch auch wenn die heutigen Entwicklungen vielversprechend sind, sehen wir bei der Altfahrzeugverordnung weiterhin großes Verbesserungspotenzial.
Wir begrüßen, dass das Rezyklateinsatzziel von 25 % beibehalten wurde, stimmen aber dem Vorschlag der Kommission zu, dieses Ziel bereits in 72 Monaten umzusetzen – und nicht erst nach 120 Monaten, wie es der Ministerrat nun vorschlägt. Wir sind überzeugt, dass eine Zielvorgabe von mindestens 25 % recyceltem Kunststoff in Fahrzeugen, unter Einbeziehung aller Recyclingtechnologien und mit bis zu 5 % Materialien aus zirkulären Quellen, wie biobasierten Rohstoffen, realistisch und erreichbar ist.
Alternativ empfiehlt Plastics Europe, dass biobasierte Kunststoffe ausdrücklich in den Artikel 55 der Altfahrzeugverordnung aufgenommen werden. Das würde die wachsende Bedeutung nachhaltiger Materialinnovationen in Europa gerecht werden. Eine Aufschiebung von 95 Monaten bis zur offiziellen Aufnahme biobasierter Kunststoffe in diesen Katalog ist jedoch viel zu lang. Wir fordern den Rat und das Parlament daher auf, diese Frist deutlich zu verkürzen, damit biobasierte Lösungen schneller zur Kreislaufwirtschaft beitragen können.
Die Zeit drängt: Die Industrie braucht jetzt einen klaren Rechtsrahmen, um Recycling und Kreislauftechnologien voranzutreiben. Wir sind bereit, konstruktiv mit den EU-Institutionen zusammenzuarbeiten, um sicherzustellen, dass die ELVR für Europa industriell praktikable, nachhaltige und innovative Ergebnisse hervorbringt.“
Ohne klare rechtliche Anreize ist nach Einschätzung von Plastics Europe zu befürchten, dass die vorhandenen Potenziale und Ressourcen, beispielsweise aus dem Haushalts- und Gewerbeabfall, zu langsam gehoben werden. Nach einer aktuellen Studie der Conversio Market & Strategy GmbH werden in diesen beiden Abfallströmen alleine in Deutschland rund 2 Millionen Tonnen Kunststoffe unsortiert verbrannt – das entspricht der Menge der insgesamt eingesetzten Rezyklate.