Ehe eine Karosserie von der Schrottpresse zusammengedrückt wird, sollen im Zuge des Recyclings vorher möglichst viele Wertstoffe ausgebaut werden. Die Autoverwertung Herfel, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb aus dem baden-württembergischen Kirchardt, zerlegt die Fahrzeuge in ihre Einzelteile. Dafür hat sich der Familienbetrieb einen neuen Cat Umschlagbagger MH3024 mit einer besonderen Pinzette bei der Zeppelin Niederlassung Böblingen zugelegt. Mithilfe einer sogenannten Powerhand VRS200 werden die Pkw auseinandergenommen. 

Möglichst viele Wertstoffe sollen mithilfe des Cat Umschlagbaggers MH3024 ausgebaut werden. (Foto: Zeppelion/Caterpillar)

Dass Kraft und Feinmotorik keine Gegensätze sind, die sich ausschließen, zeigt der Firmenchef Mario Herfel, wenn er selbst in der hochfahrbaren Kabine seines neuen Arbeitsgeräts sitzt und sich Altauto für Altauto vorknöpft. Dann fixiert er mit den Klemmarmen, die am Unterwagen des Umschlagbaggers angebracht sind, das Fahrzeug, während von oben die Pinzette, montiert am Ausleger, Stück für Stück die Karosserie auseinandernimmt. Damit schneidet er das Dach des Autos auf, trennt die Autotüren ab, reißt die Achsen heraus oder separiert das Aluminium am Kühler. Die Messerklingen an den Klammerarmen sind so scharf, dass er darüber Motor- und Getriebe vom Motorblock trennt. In knapp 15 Minuten hat er einen Wagen Stück für Stück zerlegt. 

Ziel ist maximale Wertschöpfung

„Unser Ziel ist die maximale Wertschöpfung sowie eine kontinuierliche Verbesserung der Recyclingquoten. Um an die Kabel zu gelangen, müssen wir in die hintersten Winkel und Ecken eines Fahrzeugs kommen“, erklärt er zum Vorgehen, wenn er am Kabelbaum zieht und zerrt. Und da wird es besonders filigran. „Kabel zu entfernen, ist manchmal ganz schön knifflig, aber mit der Pinzette erreiche ich auch tiefere Stellen in einem Auto“, sagt Mario Herfel. 

Bei der Vielzahl der verschiedenen Automarken, die zerlegt werden, helfen Erfahrung und Routine. Bevor Umschlagbagger und Powerhand loslegen können, müssen die Fahrzeuge, die das Unternehmen in der Regel bei Autohändlern im Umkreis von 300 Kilometern mit dem eigenen modernen Fuhrpark abholt, auf dem Betriebsgelände trockengelegt werden. Den ein Altauto enthält nicht nur viele Wertstoffe, sondern auch umweltgefährdende Substanzen. Das heißt, Betriebsmittel wie Sprit oder Öle werden abgepumpt, abgesaugt und abgelassen. Das Gelände hat deswegen eine entsprechende BImSch-Genehmigung und Abscheidevorrichtungen. Reifen werden demontiert. Batterien werden alle ausgebaut und Airbags gesprengt. Dann erst darf der Bagger ran. 

„Für uns ist die neue Baumaschine eine Investition in die Zukunft, weil wir dann schneller vorankommen und unsere Prozesse verbessern können“, so das erklärte Ziel des Entsorgers. Wenn früher ein Mitarbeiter manuell die Wertstoffe aus den Autos holte, war das zeitaufwendig. Auch mit einem alten Umschlagbagger und Greifer war das Ergebnis nicht optimal – ein Großteil der wertvollen Metalle blieb zurück. Für eine bessere Ausbeute soll der neue Cat MH3024 mit der Powerhand sorgen, wenn er die Teile abzwickt und die verschiedenen Fraktionen sortiert. 

Da laut Mario Herfel ein Bagger für das Unternehmen eine teure Anschaffung ist, hat er sich bei der Konfiguration seines neuen Arbeitsgerätes entsprechend intensiv damit beschäftigt. Grundvoraussetzung ist eine optimale Auslastung der Maschinenkapazität gepaart mit einem Full-Service-Vertrag, um Risiken wie zum Beispiel teure Reparaturen auf ein Minimum zu reduzieren. „Wichtig ist uns eine transparente Kostenkalkulation für die nächsten Jahre und dass das Gesamtpaket stimmt“, erklärt er. Beraten haben ihn Alexander Tress, Verkaufsleitung Materialumschlag und Recycling, und sein Kollege Fritz Renz, Verkaufsrepräsentant von der Zeppelin Niederlassung Böblingen. 

Gewisse Umgewöhnung nötig

Auf der Plattform YouTube gab es ein Video, welches das Funktionsprinzip der Powerhand erklärte und das den Unternehmer dann letztlich von dem An- und Umbau an seiner Baumaschine überzeugte. Diesen realisierte die Firma Echle Hartstahl, die sich ebenso um die CE-Zertifizierung gekümmert hat. Schließlich mussten nicht nur Hydraulik und Elektrik, sondern auch die Baggersteuerung angepasst werden. Eine Vorgabe des Entsorgungsbetriebs: Die Funktionen „Auf“ und „Zu“ für die Pinzette sollen nahezu analog erfolgen, wie bei dem alten Umschlagbagger, der seit 2012 mit einem Greifer die Autos auseinandernimmt. Denn in Zukunft soll nicht Mario Herfel den Bagger bedienen, sondern sein Fahrer, der sich beim Gerätewechsel nicht allzu lange umstellen soll. 

Klemmarme, die am Unterwagen des Umschlagbaggers angebracht sind, fixieren das Fahrzeug, während von oben die Pinzette, montiert am Ausleger, Stück für Stück die Karosserie auseinandernimmt. (Foto: Zeppelin/Caterpillar)

Mit einer gewissen Umgewöhnung müsse jedoch gerechnet werden – das sei einfach normal, so die Zeppelin Vertriebsmitarbeiter, denn im Gegensatz zum Greifer kommen noch zwei Funktionen für den Maschinisten dazu: Die Pinzette kann sich endlos drehen und muss in einem bestimmten Winkel positioniert werden, wenn sie dann Autoteil für Autoteil herausgreift. 

Ob dem Unternehmer nicht auch mal das Herz blutet, wenn so ein Auto verschrottet wird? „Überhaupt nicht, ein Auto ist für mich ein Gebrauchsgegenstand und zum Fahren da. Durch die fachgerechte und umweltschonende Verschrottung erfüllen wir unseren Betriebszweck. Emotionen sind da fehl am Platz. Nur wenn die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gegeben ist, können wir unsere Verträge erfüllen, Kunden binden und Arbeitsplätze langfristig sichern“, so der Firmenchef. Trotzdem macht er manchmal eine Ausnahme: Besondere Modelle wie einen Trabi oder einen VW-Käfer lässt er unversehrt – sie werden in seinem Regellager platziert und sollen ein Blickfang sein. Manchen Käufer hat er über die besondere Oldtimer-Ausstellung, die bis ins Jahr 1960 zurückreicht, schon gefunden.

Mario Herfel hat die Autoverwertung 2006 mit seiner kürzlich verstorbenen Frau gegründet und mit ihr gemeinsam aufgebaut. Seit bereits mehreren Generationen widmet sich die Familie dem Recycling von Altmetallen. „Das werden auch meine Kinder fortführen, die bereits alle im Betrieb arbeiten“, berichtet er stolz. Der erste Standort, der nach wie vor besteht, liegt in Abstatt. 2016 wurde das Gelände am heutigen Firmensitz in Kirchardt erschlossen. 

„Mittlerweile haben wir siebzehn Mitarbeiter und konnten unsere Verwertungsquoten ständig verbessern. Jedoch hat es schon eine Weile gedauert, bis wir die Zahlen von heute erreicht haben“, so Mario Herfel. Die ersten Jahre zerlegte man an die 200 Fahrzeuge pro Jahr und steigerte sich dann auf tausend Pkw im Jahresdurchschnitt. 2021 waren es circa 7 000 Autos, die der Betrieb verwertete. In Zukunft will sich Mario Herfel noch mehr der Entsorgung widmen und hat darum als ein weiteres Standbein die Herfel Entsorgung GmbH gegründet – sie soll sich voll und ganz auf das Recycling von Altmetallen konzentrieren. Auch auf die Entsorgung von Elektrofahrzeugen hat er sich bereits vorbereitet. „Wir haben bereits alle die nötigen Schulungen“, meint er. Darüber hinaus wird das Gelände auf 12 000 Quadratmeter entsprechend vergrößert. „Doch die Entsorgung der Akkus bringt große Herausforderungen und Investitionen mit sich, was nicht ganz einfach werden wird. Trotzdem wollen wir auf die Zukunft vorbereitet sein und die Weichen dafür schon stellen, damit wir dann loslegen können“, sagt er auch im Hinblick auf den neuen Umschlagbagger mit der Pinzette.

Titelfoto: Firmenchef Mario Herfel (links) mit Alexander Tress (Mitte), Verkaufsleitung Materialumschlag und Recycling, und seinem Kollegen Fritz Renz (rechts), Verkaufsrepräsentant, von der Zeppelin Niederlassung Böblingen. (Quelle Zeppelin/Caterpillar)

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Von AG