Weltweit wurden 2020 mehr als 250 Millionen Tonnen Zuckerrüben geerntet und zu Haushaltszucker verarbeitet. Die Reste aus der Produktion landen zum grössten Teil in den Mägen von Nutztieren. Doch ihre Bestandteile liessen sich auch für gesundheitsfördernde Nahrungsmittel und neuartige Materialien nutzen. Mit Partnern in Dänemark arbeiten Empa-Forschende daran mit.

Graugelblich, bis zu rund 1,2 Kilogramm schwer, ein Fünftel davon Zucker: Die Zuckerrübe, einst gezüchtet aus der Runkelrübe, dient seit mehr als zwei Jahrhunderten als Grosslieferant von Saccharose. In der Schweiz wurden im Jahr 2020 rund 1,4 Millionen Tonnen geerntet, in Europa wurden 2020 mehr als 150 Millionen Tonnen geerntet – ein Massenprodukt also, das nicht nur Haushaltszucker liefert, sondern nach weiterer Verarbeitung auch delikaten Sirup, bevor der faserige Rest geschnitzelt in den Mägen von Kühen und anderen Nutztieren landet. Ein unscheinbarer Star der Landwirtschaft – und doch noch immer unterschätzt, wie Fachleute meinen. Denn in den Zellwänden stecken Polysaccharide wie Zellulose, Pektin und verwandte Verbindungen, die nützliche Eigenschaften haben – zum Beispiel als Grundlage für entzündungshemmende Nahrungsmittel oder auch für wiederverwertbare Materialien aus Zellulose-Fasern, an den Empa-Forschende um Gustav Nyström seit langem arbeiten.

„SURE“, die Zuckerrüben-Revolution

Im Rahmen des SURE-Projekts werden aus Zuckerrüben gewonnene Biomasse-Bestandteile als Nährstoffe und Bausteine für neue Kreislaufmaterialien verwendet. Bild: Luana Amoroso / Empa

Mit dem Forschungsprojekt „SUgar Beet REvolution: Enzymatic Biorefining of Sugar Beet Pulp to Nutraceuticals und Recyclable Materials“ – kurz: „SURE“ – will ein Konsortium mit Forschenden in Dänemark und an der Empa nun die Grundlagen dafür legen, dass die Zuckerrübe in Zukunft noch wertvoller wird. Finanziert wird das Projekt (siehe unten) von der dänischen „Novo Nordisk Foundation“ mit einem Gesamtbetrag von umgerechnet 8,1 Mio EUR.

Eine enorme Summe, die den Aufgaben angemessen ist, denen sich die Experten unter Federführung der Biotechnologin Anne S. Meyer von Dänemarks Technischer Universität (DTU) stellen werden. Vier Herausforderungen wurden für das Projekt definiert: neue Grundlagen schaffen für die effiziente und schonende Abtrennung von intakten Zellwandstrukturen mit Hilfe von Enzymen sowie Untersuchungen, wie Pektin-Verbindungen aus der Zuckerrübe im Detail auf die Gesundheit wirken, etwa bei Entzündungsprozessen. Aus materialwissenschaftlicher Sicht werden zudem biobasierte Verfahren erkundet, um aus den Rüben Nanozellulose mit hoher Festigkeit zu gewinnen. Und die Empa-Fachleute aus Nyströms Abteilung „Cellulose & Wood Materials“ werden Grundlagenforschung mit Blick auf die Praxis betreiben. Zum Beispiel zur Frage, wie aus Dispersionen aus Nanozellulose-Partikeln Materialien wie Gele, glasartige Strukturen oder Flüssigkristalle entstehen könnten. Und wie sich daraus wiederum brauchbare Werkstoffe herstellen liessen.

Fazit: ein ehrgeiziges und interdisziplinäres Projekt mit grossem Potenzial für praktische Anwendungen, das der Nachhaltigkeit dient und langfristig auch dazu beitragen soll, die biobasierte Nutzung von Biomasse zu fördern. „Ich freue mich sehr über die Möglichkeit, gemeinsam mit unseren Kollegen aus Dänemark an diesem strategisch wichtigen Thema zu arbeiten“, sagt Empa-Forscher Nyström, „wir werden gemeinsam neue Wege zur Aufwertung der Zuckerrüben-Biomasse untersuchen und auch neue Strategien entwickeln, um diese Materialien in recycelbaren Kompositwerkstoffen zu verwenden.“

Das Projekt

Das Forschungsprojekt „SUgar Beet REvolution: Enzymatic Biorefing of Sugar Beet Pulp to Nutraceuticals an Recyclable Materials“ („SURE“) ist eins von mehreren Vorhaben, das die „Novo Nordisk Foundation“ im Rahmen ihres Programms „Recycling for a sustainable society“ fördert. Die Mittel für „SURE“ betragen insgesamt umgerechnet 7,7 Millionen Franken. Die Projektleitung liegt bei Forschenden an Dänemarks Technischer Universität (DTU). Neben der Empa sind eine weitere Forschungsgruppe der DTU und die Universität Kopenhagen beteiligt. Das Projekt ist auf insgesamt sechs Jahre angelegt.

Bild oben: Aus den Resten der Verarbeitung von Zuckerrüben könnten hochwertige Grundstoffe gewonnen werden. Foto: Pixabay/distelAPPArath

Von fil