Der neue Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung Robert Schlögl forderte heute in Berlin Investitionen in internationale Wissenschaftskooperationen. „Wir brauchen Wissenschaft, um unsere Probleme zu lösen – und zwar im internationalen Austausch. Wissenschaftliche Erkenntnis gewinnt man nur, wenn man aus verschiedenen Richtungen auf ein und dieselbe Sache blickt. Sind die Perspektiven fachlich oder national verengt, gehen die größeren Zusammenhänge schnell verloren“, sagte der Chemiker und Experte für Energiekonversion, der am 1. Januar 2023 sein Amt für die Stiftung angetreten hat. „Das Netzwerk der Alexander von Humboldt-Stiftung mit über 30.000 Forschenden weltweit kann hierzu sehr gut beitragen, weil es so vielfältig ist – es ist eben nicht disziplinär oder national ausgerichtet“, betonte Schlögl.

Deutschland sollte internationale Perspektiven stärker nutzen, etwa um schneller in der Umsetzung zu werden und um Bürokratie abzubauen, sagte Schlögl. Zwar sei Deutschland beispielsweise beim Thema Energiewende sehr gut aufgestellt, was die Forschung an Grundlagen und komplexen Großanlagen angehe. „Doch wir schränken uns durch regulatorische Rahmenbedingungen stark ein und diskutieren zu lange, anstatt die Umsetzung zu wagen“, sagte Schlögl. Hierdurch habe Deutschland einen Nachteil gegenüber Konkurrenten wie den USA. „Wir brauchen einen vernünftigen Mix aus deutscher Gründlichkeit und amerikanischem Hands on! Das ist das Gute am Wissenschaftsaustausch à la Humboldt. Wir können viel voneinander lernen“, so Schlögl. Als Beispiel nannte er den Energieaufwand bei der Herstellung von E-Fuels. „Junge Technologien müssen sich entwickeln können, dann werden sie schon bald effizienter sein. Aber Deutschland und Europa müssen jetzt starten mit alternativen Treibstoffen, um von der Kriechspur auf die Überholspur zu wechseln“, sagte der neue Präsident der Stiftung.

Expertise besser nutzen

Schlögl will die Expertise der Geförderten der Stiftung besser nutzen und das Humboldt-Netzwerk in Ländern stärken, deren Potenzial zu wenig ausgeschöpft wird. Viele Länder des Globalen Südens seien in der Spitzenwissenschaft unterrepräsentiert, teilweise auch im Humboldt-Netzwerk, so Schlögl. „Eines meiner Ziele ist, die Vielfalt unter den Geförderten auszubauen. Exzellente Wissenschaft ist keine Frage der geografischen Herkunft. In unserem Netzwerk arbeiten viele herausragende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die in ihren Heimatländern Motoren sind für Fortschritt und Entwicklung, gerade in Afrika: von der Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria über die Förderung von Demokratie und Frauenrechten bis zur Entwicklung von Techniken für Grüne Energie oder zum Schutz der Umwelt und der Gesundheit. Die Forschung in Deutschland verliert, weil wir dieses Potenzial vielfach nicht kennen und nicht genug einbinden“, unterstrich Schlögl.

Robert Schlögl lehrte und forschte als Professor für Anorganische Chemie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, war bis 2022 Gründungs- bzw. geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr und ist Direktor am Fritz-Haber-Institut in Berlin. Er ist ein international renommierter und vernetzter Wissenschaftler mit dem Forschungsschwerpunkt Energieumwandlungsprozesse und Katalysatoren. Mit seinen Arbeiten hat er zu einem neuen Verständnis katalytisch aktiver Materialien beigetragen. Als Experte für Energiesysteme der Zukunft und die komplexen Herausforderungen der Energiewende ist er auch in der Politikberatung und Wissenschaftskommunikation sehr erfahren und gefragt, so war er zum Beispiel wissenschaftlicher Leiter der vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekte zur Energiewende Kopernikus und Carbon2Chem. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Eni Award in Energy Transition. Neben seiner Forschung ist Robert Schlögl national wie international in zahlreichen Gremien und Beiräten aktiv. Er ist Vizepräsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und Mitglied mehrerer anderer Akademien, so auch Fellow der Royal Society of Chemistry in London.

Der Alexander von Humboldt-Stiftung ist Robert Schlögl bereits lange verbunden: Er war von 2010 bis 2019 Mitglied des Ausschusses zur Vergabe von Humboldt-Forschungspreisen und selbst mehrfach wissenschaftlicher Gastgeber von Geförderten der Stiftung.
Er wurde von einer international besetzten Findungskommission mit einstimmiger Zustimmung des Stiftungsrates als neuer Stiftungspräsident vorgeschlagen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat ihn für fünf Jahre ab dem 1. Januar 2023 in das neue Amt berufen.

Bild oben: Robert Schlögl ist neuer Präsident der Humboldt-Stiftung. Foto: Humboldt-Stiftung | David Ausserhofer

Von fil