Der schädliche Einfluss des Klimawandels auf die europäischen Wälder ist seit der Dürre 2018 weithin sichtbar. Unklar ist, welche Anpassungspotenziale die heimischen Wälder angesichts der drastischen und rasanten Umweltveränderungen haben. Die internationale und interdisziplinäre Forschungsgruppe „PhytOakmeter“, an der auch Wissenschaftler:innen des UFZ beteiligt sind und die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) mit rund 8 Millionen Euro finanziert wird, will in den nächsten acht Jahren dieser Frage nachgehen. Im Mittelpunkt steht dabei die Stieleiche als Modellbaum.
Der Projektname „PhytOakmeter“ ist Programm der Kooperation: Die Eiche (engl. Oak) und ihr Mikrobiom sollen in ihrer Reaktion auf Umweltveränderungen so gut verstanden werden, dass sie als Pflanzensensor („Phytometer“) für Klimastress im Wald gelten können. Den Forschenden kommt dabei entgegen, dass sie bei der betrachteten Stieleiche (Quercus robur L.) über einen 40 Jahre alten Klon verfügen, der sich einfach vermehren und auf einem Nährmedium heranziehen lässt. Klon bedeutet hier, dass die Eichen genetisch identisch sind und bereits kleine Stecklinge manche Eigenschaften von erwachsenen Bäumen haben. Die Forschenden können so herausfinden, wie stark die Rolle der Lebenspartner, des Mikrobioms, bei Anpassungsleistungen sein kann.
Klon schafft Vergleichbarkeit
In ihren Experimenten untersucht die Forschungsgruppe die Eichensprösslinge, die am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ), dem Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) sowie der Universität Marburg etabliert sind. Künstlich geschaffene Miniatur-Ökosysteme ermöglichen es, Umweltparameter wie Hitze und Trockenstress zu variieren und den Gasaustausch der Pflanzen zu verfolgen. Daneben wird der Klon in den Forschungswäldern der Universitäten Marburg und Basel sowie an zwölf Standorten zwischen Südwestfrankreich und Südfinnland untersucht. Die Fachleute betrachten in allen Forschungsplattformen die Interaktionen des Wurzelwerks mit spezialisierten Pilzen und Wurzelnematoden. Andere untersuchen hoch oben in den Baumwipfeln Fraßinsekten. Aus ihren Ergebnissen wollen die Forschenden auch ableiten, wie bei zukünftigen Baumanpflanzungen der Waldbaum mit seinem Mikrobiom ideal für den Boden und zu erwartende Umweltveränderungen vorbereitet werden kann. „Wir suchen in den Daten nach Mustern und Mechanismen, wie sich Eichen auf den Klimawandel einstellen“, sagt Pflanzenökologe Prof. Lars Opgenoorth, der an der Universität Marburg das Gesamtprojekt koordiniert.
Die Projektpartner vom UFZ befassen sich im Rahmen mehrerer Projekte bereits seit fast 20 Jahren mit der Stieleiche als Modellbaum. Seit den 1990er Jahren untersuchen Wissenschaftler:innen den Eichenklon DF159, der auch das Rückgrat der neuen DFG-geförderten Forschergruppe PhytOakmeter ist, und beschäftigten sich mit der Frage, wie Eichen ihre eigene Entwicklung und ihre zahlreichen Interaktionen mit nützlichen und schädlichen Mikroorganismen und Tieren regulieren.
Somit bietet das UFZ beste Voraussetzungen, um sich intensiv an PhyOakmeter zu beteiligen. Die UFZ-Departments Bodenökologie und Umweltmikrobiologie sind mit vier Teilprojekten involviert, in denen sich die Wissenschaftler:innen unter anderem mit folgenden Themen befassen:
- Erforschung der Genregulation von Eichen und assoziierten Bakteriengemeinschaften;
- Erforschung der Ektomykorrhiza-Symbiose, die für den Nährstofferwerb und die Stressresistenz von Eichen grundlegend ist;
- Erforschung von Pilzen und Bakterien, die eine Schnittstelle zwischen den Eichen und dem sie umgebenden Boden bilden;
- Überwachung der DF159-Setzlinge, die das UFZ bereits an 12 Standorten in Europa und Mitteldeutschland ausgepflanzt hat;
- Koordination eines zentralen Experiments zu Trockenheit und Herbivorenbefall im iDiv/UFZ Ecotron;
- Erforschung der Nematoden, die den Nährstoffkreislauf im Boden stimulieren, aber auch die Wurzeln parasitieren können.
„Nur wenn wir die Veränderungen in der Vielfalt und in den funktionellen Eigenschaften dieser Eichen-assoziierten Lebensgemeinschaften und der Eichenphysiologie gemeinsam bewerten, können wir ihre Bedeutung für die Stresstoleranz der Eiche beurteilen“, sagt Mika Tarkka.
Bild oben: Anhand von Eichen soll der EInfluss des Klimawandels auf Waldbäume untersucht werden. Foto: André Künzelmann / UFZ