Die schwankende Leistung von Photovoltaikanlagen ist eine Herausforderung für die flächendeckende Nutzung erneuerbarer Energien. Gerade die Verteilernetze energieintensiver Betriebe stoßen hier schnell an ihre Grenzen. Fraunhofer-Forschende haben eine Lösung entwickelt, die Strom aus erneuerbaren Energien mit Strom aus dem öffentlichen Netz kombiniert und die Schwankungen durch Batterien ausgleicht. Davon profitieren vor allem Unternehmen, die mit Photovoltaik in Nachhaltigkeit investieren und gleichzeitig ihre Stromkosten senken wollen. Industriekunden können Komponenten und Systemlösungen bei Fraunhofer in einem praxisnahen Living Lab erproben. Auch Ladestationen für E-Autos können so effizienter gemanagt werden.

Immer mehr Industriebetriebe nutzen erneuerbare Energien wie Photovoltaik als zusätzliche Energiequelle neben dem öffentlichen Stromnetz. Doch die schwankende Leistung von Windkraft und Photovoltaik macht das Energiemanagement zu einer komplexen Aufgabe. Eine zentrale Rolle spielen dabei Batterien. Sie dienen als Puffer und gleichen die Schwankungen der elektrischen Leistung aus. Industrieunternehmen, die auf ihren Dächern Photovoltaikanlagen montiert haben, können enorm profitieren, wenn es gelingt, den selbst produzierten Strom aus Photovoltaik und den Strom aus öffentlichen Netzen effizient miteinander zu kombinieren. Diesen im Zeitalter der steigenden Strompreise immer dringender werdenden Bedarf adressiert das Projekt „Haid-Power“ des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg. Als Partner ist das ebenfalls in Freiburg angesiedelte Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik Ernst-Mach-Institut EMI an Bord.

Umfangreiches Energiemanagement-System

„Wir entwickeln eine Lösung, die von Unternehmen der produzierenden Industrie genutzt werden kann, die Photovoltaik in Kombination mit Batteriespeichern als Ergänzung für die Deckung ihres Energie- und Leistungsbedarfs einzusetzen“, erklärt Felix Stortz, Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Gruppe Angewandte Speichersysteme am Fraunhofer ISE. Das Institut kann hier seine Expertise als größtes Solarforschungsinstitut Europas einbringen.

Die Grundidee ist einfach: Die Software wird mit den Verbrauchsdaten aller Anlagen und den Daten zu Status und Ladekapazität der durch Photovoltaik aufgeladenen Batterien gefüttert. „Das Energiemanagement-System kann dann festlegen, wie viel Leistung die hauseigenen Batterien liefern können und wie viel Strom aus dem öffentlichen Netz entnommen werden muss“, erklärt Stortz.

Durch die bessere Nutzung des Potenzials der erneuerbaren Energien senken Unternehmen ihre CO2-Emissionen und sparen zugleich Stromkosten. Das intelligente Energiemanagement hilft auch dabei, größere Investitionen wie die Installation neuer Stromleitungen zu vermeiden.

Energiemanagement mit Prognose-Fähigkeit

Da die Intensität der Sonneneinstrahlung und damit die Leistung der Photovoltaikanlage teilweise schon Stunden bis Tage vorher prognostizierbar ist und gleichzeitig die typischen Verbrauchsdaten aller Maschinen in der Produktion vorliegen, lassen sich diese Informationen nutzen, um die Software mit Prognose-Fähigkeit auszustatten. So kann die Betriebsleitung eines Unternehmens im Voraus planen, wie viel Energie aus der Photovoltaik zu erwarten ist und wie viel aus dem öffentlichen Stromnetz entnommen werden muss. Grundsätzlich könnten auch die Strompreise in die Planung mit einfließen: Preisspitzen können mit Batteriebetrieb abgefedert werden.

Das System verlässt sich aber keineswegs auf die Prognosen. Die aktuellen Verbrauchsdaten der Maschinen fließen über intelligente Zähler in das System ein, ebenso der aktuelle Status der Batterien. So kann das System jederzeit reagieren, etwa wenn spontan eine Maschine hochgefahren werden muss.

Lastmanagement verhindert Verbrauchsspitzen

Ein zentraler Baustein der Lösung ist das integrierte Lastmanagement. Während das Energiemanagement als übergeordnete Instanz für die Gesamtstrategie von Stromproduktion und Stromentnahme aus den verschiedenen Quellen verantwortlich ist, dient das Lastmanagement als Tool, um auf Verbrauchsspitzen zu reagieren. Wenn beispielsweise die Ladekapazität der Energiespeicher erschöpft ist, gleichzeitig aber eine energieintensive Anlage wie etwa ein Ofen hochgefahren wird und damit mehr Strom aus dem öffentlichen Netz entnommen werden müsste, gibt das Lastmanagement ein entsprechendes Signal an das Energiemanagement. Dieses sorgt dann dafür, dass andere Maschinen gedrosselt oder abgeschaltet werden. „Denkbar wäre auch, Maschinen zu einem späteren Zeitpunkt, wenn die Batterien aufgeladen sind, laufen zu lassen. Natürlich nur, wenn die Produktion das zulässt“, erklärt Stortz.

Die Fraunhofer-Expertinnen und -Experten haben die Lastmanagement-Lösung in der Programmiersprache Python programmiert. Diese bietet volle Transparenz. Das System wird fortlaufend weiterentwickelt und läuft auf Industrie-PCs mit Standardschnittstellen. „Auch der Betrieb auf dem firmeneigenen Server, der sich übers Web ansteuern lässt, ist problemlos realisierbar“, sagt Stortz.

Living Lab testet Lösungen für Industriekunden

Um optimale Rahmenbedingungen für ihr Projekt zu schaffen und zukünftig weitere Forschungsvorhaben zu ermöglichen, bauen die Fraunhofer-Forschenden das Entwicklungs- und Prüfzentrum „Haidhaus“ auf. Es dient als flexible Technologie-Plattform mit Photovoltaikanlage und modularen Batteriespeichern als Hardware-Basis. Daneben arbeiten die Fraunhofer-Institute in Freiburg an einem Living Lab. Auch hier steht das Thema Batterietechnik im Mittelpunkt. Das Labor dient als Plattform für praxisnahe Tests von Komponenten oder Systemlösungen und deren Weiterentwicklung. Es steht auch Industriekunden offen, die ihre Konzepte oder Systeme unter realen Betriebsbedingungen testen und qualifizieren wollen.

Damit dient das Living Lab als Plattform für die Entwicklung zukunftsweisender Energiemanagementkonzepte, die sowohl gewerbliche als auch öffentliche Stromversorger für eine gelungene Energiewende rüsten. Das Prinzip des intelligenten Energiemanagements gilt auch im Bereich E-Mobilität als Erfolgsfaktor. Wenn etwa in einem Straßenzug viele E-Autos gleichzeitig aufgeladen werden sollen, könnte das System Lastspitzen im Verteilnetz verhindern, indem es zeitweise die Schnellladefunktion an den Ladestationen drosselt. Das Projekt Haid-Power wird vom Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in Baden-Württemberg gefördert.

Bild oben: Die modularen Batteriespeicher im Projekt Haid-Power werden durch Photovoltaik aufgeladen und ins Energiemanagement-System eingebunden. Das System ist in der Lage, auftretende Lastspitzen durch Drosselung der Ladeleistung zu begrenzen. Bild oben: Fraunhofer ISE

 

Von fil