An der Universität Rostock wurde ein neues interdisziplinäres, von der Europäischen Union (EU) gefördertes Forschungsprojekt zu den Gesundheitsauswirkungen von Ultrafeinstäuben aus Verkehrsemissionen gestartet. Das internationale Konsortium mit dem Namen ULTRHAS wird vom Norwegischen Institut für Gesundheit der Bevölkerung koordiniert.

Beteiligt sind von Rostocker Seite die Lehrstühle für Analytische Chemie sowie Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren. Weitere Partner sind das Helmholtz Zentrum München, die Universität der Bundeswehr in München, die University of Eastern Finland, die Université de Fribourg und das Finnish Institute for Health and Welfare. „Gesundheitseffekte ultrafeiner Partikel sind ein sehr aktuelles wissenschaftliches Forschungsfeld“, sagt Professor Ralf Zimmermann, der den Lehrstuhl für Analytische Chemie sowie das gemeinsame Massenspektrometrie-Zentrum der Universität Rostock und des Helmholtz Zentrums München leitet.

7 Millionen Tote durch Feinstaub pro Jahr

Feinstäube insgesamt sind der Umweltfaktor, der die Gesundheit am stärksten beeinträchtigt. Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO führt Feinstaub in der Luft jährlich weltweit zu etwa sieben Millionen vorzeitigen Todesfällen. Das Besondere am ULTRAHS-Konzept ist ein breiter, interdisziplinärer Ansatz, um besser zu verstehen, welche Eigenschaften der ultrafeinen Partikel für die Effekte verantwortlich sind. Die Inhalation von Feinstaub und Ultrafeinstaub ist risikoreich, da er in der Lunge z.B. Entzündungsprozesse oder Mutationen auslösen kann. Die gesundheitlichen Folgen der Luftverschmutzung, insbesondere mit Ultrafeinstaub, sind bislang allerdings noch unzureichend erforscht. „Es wird davon ausgegangen, dass ultrafeine Partikel aufgrund ihrer hohen Lungengängigkeit gesundheitsschädlicher als andere Feinstaubpartikel sind“, unterstreicht der Rostocker Forscher. Es ist nachgewiesen, dass diese feinsten Partikel aus der Lunge in die Blutbahn gelangen können.

Gesundheitliche Belastung von Ultrafeinstaub

Was aber ist Ultra-Feinstaub? Professor Zimmermann erklärt es so: „Einatembare Feinstäube bestehen aus Partikeln, die kleiner als 2,5 Mikrometer (das sind 2,5 millionstel Meter oder 2.500 Nanometer) sind. Von diesen einatembaren Feinstäuben ist der Ultrafeinstaub, mit Partikeldurchmessern von weniger als 100 Nanometern, die feinste Fraktion.“ Sie werden einerseits z.B. durch verschiedene Verkehrsemissionen, wie beispielsweise durch Autos, LKW, Schiffe und Flugzeuge in die Umwelt ausgestoßen, also durch den Menschen verursacht, und auf der anderen Seite durch natürliche Prozesse gebildet, betont Professor Zimmermann. Weiterhin können durch die photochemische Alterung (ageing) der Emissionen in der Atmosphäre neue und chemisch veränderte Ultrafeinpartikel erzeugt werden. „ULTRHAS hat zum Ziel herauszufinden, wie gesundheitlich belastend die unterschiedlichen Verkehrsemissionen sind und ob die Ultrafeinstaub-Teilchen aus Verkehrsemissionen dabei besonders gefährlich sind“, sagt der Rostocker Forscher. Neben der direkten Zelltoxizität wird auch untersucht, ob Genschäden, wie Mutationen, durch den Ultrafeinstaub ausgelöst werden. Die könnten einen Einfluss auf das Risiko, an Krebs zu erkranken, haben.

Die Abgase werden deshalb im so genannten Air-Liquid-Interface-Verfahren untersucht. Professor Zimmermann erklärt das kurz so: „Das Neuartige ist, dass die Emissionen mit den Ultrafeinstaubpartikeln vor Ort an der Emissionsquelle, also z.B. dem Motor, in einem Expositionsapparat direkt über die menschlichen Lungenzellkulturen geleitet werden, die in einem speziellen Verfahren an der Luft kultiviert werden. Dadurch wird die Expositionssituation in der Lunge simuliert. Nach der Exposition werden die biologischen Effekte der Schadstoff-Expositionen mit modernsten toxikologischen und molekularbiologischen Methoden untersucht. Gleichzeitig erfolgt eine umfassende physikalische und chemische Charakterisierung der Emissionen.

Zur Durchführung der Untersuchungen an Schiffsmotoren am Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren wird ein mobiles biologisches Labor vom Helmholtz Zentrum München nach Rostock gebracht, um die Zellen an Ort und Stelle zu exponieren und molekularbiologisch zu untersuchen. Professor Bert Buchholz vom Lehrstuhl für Kolbenmaschinen und Verbrennungsmotoren sagt: „Eine systematische und wissenschaftlich fundierte Bewertung der Emissionen aus Schiffsmotoren, die wir in ULTRHAS als erstes untersuchen, ist besonders wichtig, da kaum Verfahren zur Abscheidung von Fein- und Ultrafeinstäuben für Schiffe existieren.“ Die sehr positiv zu bewertende Absenkung der erlaubten Schwefelgehalte in den Schiffskraftstoffen führt aktuell zu grundsätzlichen Veränderungen im internationalen Markt für Schiffskraftstoffe. Die angepassten Herstellungsprozesse für die neuen Kraftstoffsorten führen neben dem reduzierten Schwefelanteil aber auch zu weiteren, teilweise erheblichen Änderungen in der Kraftstoffchemie. „Was das für die Verbrennung im Motor und die dabei entstehenden Fein- und Ultrafeinstäube hinsichtlich Menge und Gesundheitswirkung bedeutet, werden wir nun gemeinsam wissenschaftlich analysieren. Diese Erkenntnisse können wir auch direkt in ein paralleles Projekt einfließen lassen, dort geht es um die Entwicklung von praktisch einsetzbaren Verfahren zur Abtrennung der Feinpartikel aus dem Abgas von Schiffsmotoren. Auch dabei arbeiten wir mit Professor Zimmermann und seinem Team zusammen“, unterstreicht Professor Buchholz.

„Aktuell fehlt es noch an standardisierten Messungen und Daten für Studien zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Ultrafeinstaub“, betont Professor Zimmermann. Die sind aber erforderlich, um Gesundheitsrisiken besser einschätzen und Empfehlungen für z.B. Grenzwertfestlegungen erarbeiten zu können. Für das ULTRHAS-Gesamtkonsortium zur Ultrafeinstaub-Forschung stehen vier Millionen Euro Forschungsgelder der EU zu Verfügung, die Universität Rostock erhält für die nächsten vier Jahre davon 700.000 Euro.

Bild oben: Im Project ULTRHAS werden die Gesundheitseffekte von Verkehrsemissionen untersucht. Dabei steht die Wirkung von Nanopartikeln, die entweder von den Motoren generiert werden oder sich unter dem Einfluss des Sonnenlichts in der Atmosphäre aus den Abgasen bilden, im Vordergrund des Interesses. Grafik: Universität Rostock

Von fil