Der Kasseler Produktdesigner Johannes Kastner will im Senegal eine Recyclingwerkstatt gründen, um Plastikmüll zu verringern, indem daraus Möbel entstehen. Diese sollen in Formen aus Recyclingbeton hergestellt werden, was erheblich günstiger ist als solche aus Metall.
Unmengen von Plastikmüll stellt einen klassischen Fall von globaler Umweltverschmutzung dar. Bis zu 13 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle landen jährlich vom Land aus in den Ozeanen. Für den Kunsthochschulabsolventen Johannes Kastner gehen die Bestrebungen zur Eindämmung von Plastikmüll zu langsam vorwärts: „Die Bewegungen rund um die Themen Plastikmüllreduzierung und mehr Recycling empfinde ich als schleppend. Besonders im globalen Süden zeichnen sich die katastrophalen Folgen der gescheiterten Umweltpolitik ab,“ so der Absolvent. Darauf aufbauend suchte er in seiner Diplomarbeit zum Thema „Offenes Plastikrecycling im globalen Süden. Die Erprobung einer neuen Herstellungsmethode im Senegal, Dakar“ nach anwendungsorientierten Lösungsansätzen.
Alles begann mit drei Hockern
Im Mai 2022 – während einer Studienreise in Senegal, Dakar – lernte Kastner über das Projekt „DesignUp“ Handwerkerinnen und Handwerker kennen, mit denen er drei Recycling-Hocker herstellte. „Hochwertige Plastikabfälle können problemlos recycelt werden, um effektiv gegen die zunehmende Plastikverschmutzung vorzugehen“, erklärt der Designer. Gemeinsam mit der Senegalesin Sally Wayne entwickelte Kastner die Start-up-Idee, um hochwertige Möbel aus recyceltem Plastik für den afrikanischen Markt herzustellen. „Unser Fokus liegt auf dem Recycling von Plastikmüll in den städtischen Bereichen, wozu in meiner Diplomarbeit Ergebnisse aus dem Bereich Spritzgusstechnik angewendet werden sollen“, so Kastner. Um neue Produkte im Spritzgussverfahren herzustellen, werden gewöhnlich Gussformen benötigt, die aus einem Metallblock gefräst werden. Dieser Herstellungsprozess ist sehr kostspielig und zeitintensiv. Um diesen Prozess zu optimieren, schlägt Kastner vor, mit Recycling-Beton zu arbeiten. Die Gussformen aus Recycling-Beton sind nachhaltiger und lassen sich kostengünstiger überall herstellen: „Durch dieses Herstellungsverfahren ist zudem eine Kleinserienproduktion möglich, was vorher nicht realisierbar war“, so der Produktdesigner.
Zusammenarbeit fördern
Im Sommer 2023 beendete Kastner erfolgreich sein Produktdesignstudium. Er reist im Herbst für ein halbes Jahr in den Senegal, um seine Start-up-Idee zu realisieren. Im Rahmen seiner Recyclingwerkstatt möchte er die Zusammenarbeit mit den regionalen Lieferanten fördern. Zugleich ist ihm die Vernetzung sehr wichtig: „Ich möchte in Dakar mit dem Goethe-Institut, mit der Universität und mit den Handwerkerinnen und Handwerkern zusammenarbeiten“, betont der Produktdesigner. „Mein Ziel ist, dass die Werkstatt sich irgendwann selbstständig trägt und ich als Designer aus Deutschland mitarbeite. Doch die Herausforderung wird erst einmal sein, binnen sechs Monaten ein Grundgerüst für die Werkstatt zu schaffen“, sagt Kastner. Für Kastner gibt es keinen idealisierten Endzustand im Design. Er möchte Ansätze für nachhaltiges Produktdesign entwickeln und diese zur Diskussion und Weiterentwicklung stellen. „Ich bin kein Besserwisser, der mit seinem Design- und Technologieansatz die Welt verbessert“, betont Kastner. Deshalb ist ihm beispielsweise in Dakar wichtig, „mit den Menschen vor Ort zusammenzuarbeiten, die dort leben und sich mit den Problemen und Herausforderungen im eigenen Land am besten auskennen!“
Von 2016 bis 2023 studierte Kastner an der Kunsthochschule Kassel (Schwerpunkt Industriedesign). Während seines Studiums verbrachte er ein Auslandssemester an der Zürcher Hochschule der Künste in Zürich, Schweiz. 2022 wurde Kastner für sein Projekt „Profil-System“ – Entwicklung von Werkzeugen zur Abfallverwertung – beim Unikat-Ideenwettbewerb mit dem Sonderpreis „Social Entrepreneurship“ ausgezeichnet. Mit dem Unikat-Ideenwettbewerb zeichnet die Universität Kassel neuartige Produkt- und Geschäftsideen aus, die aus der Hochschule kommen.
Bild oben: Diplom-Designer Johannes Kastner in der Werkstatt. Foto: Johannes Kastner