Autonom fahrende Transportboote könnten zukünftig in Metropolregionen den Straßenverkehr entlasten, indem, sie Pakete ausliefern oder den Müll abtransportieren. Ein enstprechendes System wurde an der TU Berlin entwickelt und befindet sich nun in der Testphase.

Bienengleich schwärmen viele leuchtend gelbe Boote über die Flüsse und Kanäle der Hauptstadt aus. Sie verteilen, autonom fahrend und umweltfreundlich mit Strom betrieben, Pakete in der wasserdurchzogenen Metropole Berlin, transportieren Müll oder andere Güter. Soweit die Vision des Projekts „A-SWARM: Autonome elektrische Schifffahrt auf Wasserstraßen in Metropolregionen“. Zwei der „Schwärmer“ in der für Versuchsträger typischen Farbe Gelb liegen bereits zur Erprobung im Berliner Westhafen.

Radar- und laserbasierte Sensoren an allen vier Ecken sorgen für eine verkehrssichere Navigation. Foto: TU Berlin Felix Noak

„Wir streben an, die Güterströme über das Wasser wieder aufzubauen und damit Straßenverkehr und Umwelt zu entlasten. Kleine, flexible, autonom und abgasfrei fahrende Elektroboote, ein ‚Schwarm‘, sind das Herzstück dieses Projekts“, erklärt Tim Holzki, M.Sc., vom TU-Institut für Land- und Seeverkehr, Fachgebiet Entwurf & Betrieb Maritimer Systeme (EBMS) von Prof. Dr.-Ing. Gerd Holbach. „Die mehr als 200 Kilometer langen Wasserstraßen Berlins bieten massive freie Verkehrskapazitäten für die Verlagerung von Güterverkehren auf das Wasser“, so Holzki. „Auch ein zentraler Knotenpunkt ist mit dem Westhafen, der an den Schienen-, LKW- und PKW-Verkehr angebunden ist im Berliner Innenstadtgebiet vorhanden.“ Über ein solches Transportsystem könnten Güter in die Metropole gebracht und an viele dezentrale Hubs, gegebenenfalls mit Abholstationen, verteilt werden. „Von dort aus legen sie dann mit landgestützten, ebenfalls selbstfahrenden Kleintransportern oder Lastenfahrrädern die letzte Meile des Verteilverkehrs zurück.“

Für Handel und Logistik sind allerdings Schnelligkeit und Kosteneffizienz vorrangig. Daher gehören neben der Auslegung des Fahrzeugkonzepts, neben Lastenberechnungen und Propelleranordnung, auch Simulationen der Logistikketten zum Projekt. Der autonome Betrieb der Einheiten spare zudem einerseits hohe Personalkosten und begegne andererseits dem mangelnden Fachkräfteangebot in der Binnenschifffahrt.

Müllabfuhr auf dem Wasser

London und Amsterdam experimentieren ebenfalls bereits mit wassergebundenen Transportsystemen. In Amsterdam hat man die Wasserstraßen für die Abfallentsorgung wiederentdeckt. Das entlastet Straßen und vor allem Brücken von Müllfahrzeugen. In London fahren Boote Pakete aus, allerdings nicht autonom. In Berlin seien neben der Paketverteilung, der Getränke- oder Palettenlogistik, ebenfalls Mülltransporte denkbar. Für genug Stauraum unter Deck ist gesorgt.

„Wir müssen natürlich auch prüfen, wo die Boote anlegen und Andockstationen für ihr magnetisches Kopplungssystem eingerichtet werden können, welche begeh- oder befahrbaren Wege es bereits am Wasser gibt, welche man noch schaffen kann und welche Orte gegebenenfalls als Packstationen dienen könnten“, erklärt Holzki. A-SWARM-Projektleiter ist die Schiffbau-Versuchsanstalt Potsdam. Weitere Partner wie die Berliner Hafen- und Lagerhausgesellschaft BEHALA, die Universität Rostock sowie die Technologiefirmen Veinland und Infineon kümmern sich um Verkehrssicherheit und Steuerung, um LiDAR- und Radarsensoren, GPS-Empfänger oder Funksysteme für die autonome Navigation.

Demonstrationsfahrten im Sommer

Im Sommer werden die beiden A-SWARM-Boote zu Demonstrationsfahrten auslaufen, denn es ist noch viel Forschungsbedarf. Doch auch ein digitales Testfeld für eine innovative und vernetzte City-Logistik über Berlins Grenzen hinaus ist bereits in Arbeit. Das Projekt „DigitalSOW“ untersucht die Möglichkeiten für automatisierte Binnenschiffe entlang der Oder-Spree-Wasserstraße (SOW). Diese Strecke soll mit digitaler Sensortechnik für die Echtzeiterfassung von Verkehrslage, Zustand der Wasserstraße und Schiffsposition ausgestattet werden. Auch an diesem vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr bis Mitte 2023 mit insgesamt 4,2 Millionen Euro geförderten und bei dem Technologieunternehmen Alberding GmbH angesiedelten Projekt ist das TU-Fachgebiet EBMS beteiligt. „Wir betrachten im Projektkonsortium den gesamten Transportprozess und beziehen dabei das automatisierte Fahren auf dem Wasser ein.“ Bis also nur noch „die letzte Meile“ auf Berlins Straßen zurückgelegt werden muss, wird noch etwas Wasser die Spree hinunterfließen.

Bild ganz oben: Probefahrt im Berliner Westhafen: Eins der A-SWARM-Transportboote kreuzt autonom auf dem Wasser und wartet auf Ladung. Foto: TU Berlin/Tim Holzki

Von fil