Am Rande des 24. Internationalen Altkunststofftages zeigte sich Textor dennoch „sehr zufrieden“ mit der Marktlage. „Die Nachfrage ist hoch und die Läger sind leer. PE- und PP-Recyclingkunststoffe übertreffen immer wieder die Neuwarepreise; nicht zuletzt auch deswegen, da Neuware nicht ausreichend verfügbar ist.“ „Der mittlerweile 24. Internationale bvse-Altkunststofftag ist das nationale und europäische Branchentreffen. Zur Tagung haben sich in diesem Jahr wieder rund 300 Branchenteilnehmer angemeldet. Damit sind wir sehr zufrieden.“ führt Textor weiter aus. 

Er machte aber auch deutlich, dass sich die Recyklatpreise zunehmend aufgrund der hohen Kosten für Personal, Transport & Logistik und vor allem Energie erhöhen. „Es spricht viel dafür, dass wir in Deutschland angesichts der explodierenden Energiepreise in eine Rezession hineinsteuern“, warnte Dirk Textor.

Er rief dazu auf, „diese Krise als Chance zu begreifen“ und alle Anstrengung auf eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft auszurichten. Das bedeute auch, dass die Recyclinganlagen, wo immer das noch möglich sei, auf Energieeffizienz getrimmt werden müssen. „Wir werden über Jahre keine fallenden Energiepreise mehr erleben. Das muss allen Verantwortlichen klar sein“, betonte der Vorsitzende des bvse-Fachverbandes Kunststoffrecycling.

Dirk Textor meint: „Die gegenwärtige Marktlage für Altkunststoffe und Recyklate sei nach wie vor sehr gut. Die Nachfrage ist hoch und die Läger sind leer. In der gegenwärtigen Krise übertreffen die PE- und PPRecyclingkunststoffe immer wieder die Neuwarepreise; nicht zuletzt auch deswegen, da Neuware nicht ausreichend verfügbar ist. Die hohen Recyklatpreise werden aber auch durch die hohen Kosten für Energie, Personal, Transport & Logistik bedingt. Darüber hinaus wird das Verarbeitungsmaterial, das sind die Kunststoffabfälle, teuer gehandelt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Kunststoffrecycler schon jetzt aufgrund der allgemeinen Kriseneinflüsse teilweise mit erheblichen Margenproblemen zu kämpfen haben. Wir befürchten, dass sich diese Situation weiter verschärfen wird. Wir können es drehen und wenden wie wir wollen.

Es spricht viel dafür, dass wir in Deutschland angesichts der explodierenden Energiepreise in eine Rezession hineinsteuern. Wir können also nicht anders, als diese Krise als Chance zu begreifen und zu nutzen. Wir müssen unsere Art des Wirtschaftens grundlegend ändern. Für unsere Branche heißt das, alle Anstrengung auf eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft auszurichten. Das bedeutet auch, dass wir unsere Recyclinganlagen, wo immer das noch möglich ist, verstärkt auf Energieeffizienz trimmen müssen. Wir werden über Jahre keine fallenden Energiepreise mehr erleben. Das muss allen Verantwortlichen klar sein. Letztendlich stellen Krisen das Erreichte auf den Prüfstand. So stellen sich folgende Fragen: Welche Mengen an Recyclaten sind verfügbar? Welche Möglichkeiten gibt es, den Recyklateinsatz zu steigern? Für welche Anwendungen können die Recyclate eingesetzt werden? Wie funktioniert die Preisfindung – auch im Unterschied zur Neuware? Von den in Deutschland angefallenen Kunststoffabfallmengen wurden im Jahr 2019 rund 2,9 Mio. t werkstofflich recycelt, s. Consultic Studie 2020. Die Gesamtmenge von eingesetzten Recyklaten betrug im Jahr 2019 mehr als 1,9 Mio. t. Der Anteil von Kunststoffrecyklaten an der Verarbeitungsmenge (14,2 Mio. t) beträgt insgesamt 13,7 %; der Anteil von Recyklat aus Post-Consumer-Abfällen liegt bei ca. 7,2 % bzw. einer Menge von 1,0 Mio. t. Der Einsatz der Recyklate findet insbesondere im Baubereich sowie zur Herstellung von Verpackungen, aber auch im Landwirtschaftssektor, im Fahrzeugbereich oder bei Elektro und Elektronik Anwendung. Dabei ergänzen die Recyklate einerseits die Neuware und anderseits erfolgen Anwendungen aus dem Hoch- und Tiefbau, um Holz, Beton oder Stahl vorteilhaft zu ersetzen.

Ganz klar muss kommuniziert werden, dass 1,9 Mio. t an Recyklaten die strukturellen Mängel an der Verfügbarkeit von Neuware nicht wird ausgleichen können. Recyklate ergänzen die Neuware, ersetzen diese aber nicht. Von der BKV-Studie „Potenzial zur Verwendung von RecyclingKunststoffen in der Produktion von Kunststoffverpackungen in Deutschland“, veröffentlicht 2020, werden unter verschiedenen Annahmen weitere Potenziale für den Einsatz von Recyklaten aufgezeigt. Je nach Modell ergeben sich hier Einsatzpotenziale von 0,96 Mio. t, über 1,7 Mio. t bis hin zu 2,2 Mio. t. Die Studie bezieht sich dabei auf die in Verpackungen verwendeten Kunststoffe. Oder anders ausgedrückt, könnte unter Nutzen von Kunststoffabfällen aus Gewerbe und Industrie der Recyklateinsatz um insgesamt etwa 1,9 Mio. t bis bestenfalls 4,4 Mio. t gesteigert werden. In einer ersten Abschätzung erscheint uns eine Steigerung um 1,9 Mio. t an Recyklaten, also auf insgesamt 2,9 Mio. t, in den nächsten Jahren (bis 2035), realistisch zu sein, wenn hierfür die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Es ist sicherlich notwendig, sich weitere Quellen für die Recyclatherstellung zu erschließen. Als Quellen kommen ungenutzte Abfallpotenziale, s. Gewerbe und Industrie, wie auch Importe in Frage. Recyklate werden dabei sowohl aus post-industrial (pi) wie auch aus post-consumer-Abfällen (pc) zurückgewonnen. Allerdings müssen für einen Ausbau des Recyclings die Voraussetzungen stimmen, dazu kommen wir im Verlauf des Pressegesprächs noch einmal. Mischkunststoffe Immer wieder stehen die Mischkunststoffe (MK) im Zentrum von Auseinandersetzungen um das Kunststoffrecycling. Völlig zu Unrecht. Nur durch die Verwertung von Mischkunststoffen können die bestehenden anspruchsvollen Recyclingquoten erfüllt werden. Es ist uns deshalb immer noch unklar, warum Verantwortliche aus der Exekutive, das sind insbesondere BMUV, UBA und ZSVR, das Mischkunststoffrecycling nicht genügend wertschätzen. Immer noch ist unverstanden, dass, selbst bei bester Sortierung, Mischkunststoffe anfallen werden. Denn es werden weiterhin LVPVerpackungen generiert, die sich nur für MK-Produkte eignen. Und immer noch ist unverstanden, dass auch in Krisenzeiten eine hohe Nachfrage nach Mischkunststoffprodukten besteht. Und um es klar und deutlich zu sagen, Mischkunststoffprodukte haben gegenüber ihren Gegenstücken aus Beton, Holz oder Stahl deutlich bessere Materialeigenschaften wie bspw. bei Lebensdauer und Arbeitsschutz. Mischkunststoffprodukte finden weltweit Einsatz im Hoch- und Tiefbau. Typische Produkte sind Rasengittersteine, Bretter, Pfosten, Bohlen, Bauzaunfüße, Bakenfüße, Rohre, Schächte oder Kanäle. Im Gegensatz zu ihren Gegenstücken aus Beton oder Holz sind sie nach der Gebrauchsphase wieder recycelbar. Was also ist negativ an solchen langlebigen, nützlichen und kreislauffähigen Produkten?

Foto: Dirk Textor (Quelle bvse)

Von AG