Um die Treibhausgasemissionen der Betonherstellung zu begrenzen, entwickelt das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) einen klimaneutralen Kreislaufbeton. Mit dem Start der Pilotanlage für Belit-Zementklinker wird nun ein wesentlicher Produktionsschritt praktisch erprobt.
Die Herstellung von Beton ist weltweit für etwa sechs bis neun Prozent aller vom Menschen verursachten CO2-Emissionen verantwortlich. „Ausschlaggebend dafür ist vor allem die Herstellung des Vorprodukts Zement“, erklärt Dr. Peter Stemmermann vom Institut für Technische Chemie (ITC) des KIT. „Typischer Portlandzement besteht zu einem großen Teil aus Klinker, der in einem energieintensiven Verfahren aus Kalkstein gebrannt wird.“ Seine Forschungsgruppe hat einen Klinker entwickelt, der stattdessen aus recyceltem Beton und nur zu einem Teil aus Kalkstein hergestellt wird.
„Die neue Pilotanlage für Recyclingbeton ist ein weiterer Meilenstein für mehr Klimaschutz und Ressourceneffizienz im Bausektor: Damit werden wichtige Ziele einer regionalen Kreislaufwirtschaft auch in der Betonherstellung – wie die Einsparung natürlicher Rohstoffe, die Vermeidung von Abfällen und die Reduzierung von Transporten – möglich“, sagt Dr. Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, anlässlich der Einweihung der Pilotanlage für Belit-Zementklinker am KIT.
Energieeffiziente Klinkerproduktion
Bei der Herstellung des Belit-Zementklinkers kommt neben einer vollelektrischen Brenntechnik für den Betrieb mit regenerativer Energie auch eine Kohlendioxidatmosphäre zum Einsatz, die den Energiebedarf des Verfahrens weiter reduziert. „Statt 1 400 Grad Celsius kommen wir mit 1 000 Grad Celsius Prozesstemperatur im Drehrohrofen aus“, erklärt Stemmermann. Insgesamt sinke der Energieeinsatz im direkten Vergleich zur konventionellen Klinkerherstellung um 40 Prozent. „Die unvermeidbaren CO2-Emissionen aus der Kalksteinreaktion im Brennofen werden aufgefangen und in einem zweiten Verfahrensschritt im Kreislaufbeton gebunden“, so Stemmermann. Dieser zweite Verfahrensschritt soll die Pilotanlage in einer zukünftigen Ausbaustufe ergänzen. In der Pilotanlage können aktuell rund 100 Kilogramm Klinker pro Tag hergestellt werden.
Beton im nachhaltigen Ressourcenkreislauf
Mit der neuen Pilotanlage testen die Forschenden am KIT einen wichtigen Baustein für ein zukünftiges Verfahren zur Herstellung von klimaneutralem Kreislaufbeton. „Grundlage ist das Recycling von Beton“, sagt Dr. Rebekka Volk vom Institut für Industriebetriebslehre und Industrielle Produktion des KIT, die den Ressourcenkreislauf gemeinsam mit dem Team des ITC entwickelt. „Statt hochwertige Reste zu deponieren oder im Straßenbau einzusetzen, nutzen wir Gebäude am Ende ihres Lebenszyklus als Ressource, um wieder einen hochwertigen Baustoff zu produzieren.“ Zur Herstellung des Zementklinkers werden dabei besonders feinkörnige Betonabfälle verwendet, die bislang kaum genutzt und meist deponiert werden.
Klimaneutral durch innovative Gesteinskörnung
Klimaneutral wird der Kreislaufbeton aus dem KIT durch die direkte Kopplung der Klinkerherstellung mit der Produktion von karbonatisierter Gesteinskörnung, also dem grobkörnigen Füllmaterial im Beton. Dabei wird das CO2 aus der Klinkerproduktion direkt zur Karbonatisierungshärtung grobkörniger Betonabfälle eingesetzt und so langfristig gebunden. Durch den zusätzlichen Einsatz von Prozesswärme aus der Klinkerproduktion ist auch dieser Verfahrensschritt in einem Druckbehälter besonders energieeffizient. „Es entsteht ein hochwertiger Zuschlagstoff“, betont Stemmermann. „Wir konnten zweifelsfrei nachweisen, dass die Karbonatisierung die Mikrostruktur der Gesteinskörnung verbessert, indem sie deren Porosität reduziert.“ Zur Herstellung von Kreislaufbeton wird dieses Aggregat dann gemeinsam mit Belit-Zement verarbeitet und sorgt insgesamt für eine ausgeglichene CO2-Bilanz.
Bild oben: In der Pilotanlage wird Belit-Zementklinker in einem elektrisch beheizten Drehrohrofen bei unter 1 000 Grad Celsius aus bisher kaum genutztem feinen Betonbruch und Kalk produziert. Foto: Helmut Reis, KIT