Kunststoffe begegnen uns überall: in der Elektronik, der Kleidung, beim Sport und in der Freizeit – um nur einige Beispiele zu nennen. Zwar gibt es inzwischen biobasierte Materialien als „grünere“ Alternativen, deren Anteil an der weltweiten Kunststoffproduktion lag 2021 allerdings bei weniger als zwei Prozent – ein Bruchteil von insgesamt mehr als 390 Millionen Tonnen. In einem Forschungsprojekt soll jetzt das chemische Recycling biobasierter Kunststoffe vorangetrieben werden, um die Vorteile dieser Werkstoffgruppe besser zu nutzen.
„Die Zukunft der Kunststoffindustrie hängt im Wesentlichen von der Entwicklung nachhaltiger Polymermaterialien ab, die aus erneuerbaren Rohstoffen gewonnen werden und sich für ein chemisches Recycling als Teil einer Kreislaufwirtschaft eignen“, sagt Prof. Dr. Thomas Werner von der Universität Paderborn und assoziierter Wissenschaftler am Leibniz-Institut für Katalyse. Der Chemiker leitet ein Forschungsprojekt, das verschiedene Methoden zum chemischen Recycling von biobasierten Polymeren hervorbringen soll. Es geht um die Umwandlung von biobasierten Materialien in wertvolle, wiederverwendbare Produkte, um zur Reduzierung von CO2-Emissionen und Kunststoffmüll beizutragen. Im Rahmen des „Kollaborative Exzellenz Programms“ der Leibniz-Gemeinschaft arbeiten dabei Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Katalyse (LIKAT), des Leibniz-Instituts für Plasmaforschung und Technologie (INP), des Leibniz-Instituts für Polymerforschung (IPF) und der Universität Paderborn Hand in Hand an Lösungsansätzen. Die Leibniz-Gemeinschaft fördert „SUSTAIN“ – so der Titel – mit rund einer Million Euro.
Verbrennen, mechanisch oder chemisch recyclen – alles hat Vor- und Nachteile
„Derzeit gibt es drei Optionen für den Umgang mit Kunststoffabfällen: die Verbrennung zur Energiegewinnung, die mit einem großen CO2-Fußabdruck verbunden ist, und das mechanische Recycling, das häufig zu einem erheblichen Verlust der Leistungseigenschaften führt. Diese Einschränkungen haben zu einem zunehmenden Interesse an der dritten Option geführt, dem chemischen Recycling“, erklärt Werner. Dabei geht es vor allem um die sogenannte Depolymerisation, also die Zerlegung von Polymeren zu Monomeren. Ausgangsstoffe oder kleinere Fragmente sollen am Ende im Rahmen der Repolymerisation wieder zu hochwertigen Produkten aufbereitet werden. Werner: „Dafür untersuchen wir verschiedene Ansätze mit unterschiedlichem Technologiereifegrad und geeigneten Kombinationen. Das Hauptaugenmerk liegt auf dem Einsatz katalytischer Verfahren. Darüber hinaus kommen mechano-, elektro- und photochemische sowie Plasma-basierte Methoden zum Einsatz.“
Biobasierte Polykondensate gewinnen an Bedeutung
Für die Herstellung der Kondensate können gleich mehrere Monomere durch katalytische Umwandlungen aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. „Typischerweise sind das oxidierte Produkte wie Diole und Dicarbonsäuren oder sogar Diamine“, erklärt Werner. Daher könne erwartet werden, dass biobasierte Polykondensate in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden – für die Industrie, die Endverbraucher*innen und vor allem für die Umwelt. Mit ersten Ergebnissen rechnet das Team Mitte kommenden Jahres.
Bild oben: Am IPF werden biobasierte technische Polymere wie Polyethylenfuranoat (PEF) (links) und Polybutylenfuranoat (PBF) (rechts) als nachhaltige Alternative zum bekannten PET synthetisiert. Foto: Emanuel Richter/Leibniz-IPF