Werner & Mertz gehört zu den deutschen Öko-Pionieren. Das Unternehmen entwickelte und vermarktete bereits umweltorientierte Reinigungsmittel, als der heutige Nachhaltigkeitsboom nicht einmal in Ansätzen erkennbar war. Der Erfolg gibt den Mainzern heute recht. Die Fragen wurden von Reinhard Schneider (Inhaber Werner & Mertz), Pamela Fandel (Leiterin Nachhaltigkeitsmanagement und Qualität bei Werner & Mertz) und Timothy Glaz (Leiter Corporate Affairs bei Werner & Mertz) beantwortet. Circular-Technology startet damit eine Serie in der wir in loser Folge Unternehmen vorstellen, denen es gelingt, nachhaltiges Wirtschaften mit unternehmerischem Erfolg zu verbinden.

CT: Was bedeutet Nachhaltigkeit für Ihr Unternehmen?

Werner & Mertz: Echte Nachhaltigkeit muss umfassend abgebildet und umgesetzt werden, sonst kann es schnell am eigentlichen Ziel vorbei gehen. Wir arbeiten nach einem ganzheitlich-nachhaltigen Ansatz, dem gelebten Kreislaufprinzip. Das bedeutet, dass wir uns nicht auf 1-2 Aspekte fokussieren, sondern die komplette Wertschöpfungskette unserer Produkte betrachten – von der Rezeptur über die Verpackung, hin zu Produktionsbedingungen und logistischen Prozessen. Unser Anspruch ist es, eine nachhaltige Lebensweise mehrheitsfähig zu machen und den vermeintlichen Widerspruch zwischen Ökologie und Leistungsfähigkeit zu überwinden. Daher fühlen wir uns langfristigen Initiativen verpflichtet, die oftmals über unsere eigenen Marken und Sortimente hinaus neue Maßstäbe der ökologischen Machbarkeit setzen. Insbesondere sind hier unsere Recyclat-Initiative und auch die Initiative Europäische Tenside hervorzuheben.

CT: Wann haben Sie im Unternehmen damit begonnen, eine nachhaltige Entwicklung in Gang zu setzen?

W&M: Mit der Einführung unserer Ökomarke Frosch begann 1986 ein neues Kapitel in der Geschichte unseres Unternehmens. Seither steht Nachhaltigkeit im Mittelpunkt unseres Handelns.

CT: Inwiefern hat sich Ihr Nachhaltigkeitsbegriff seitdem gewandelt?

W&M: Unser Ziel ist es, mit allen wesentlichen Elementen unseres Produktes, das heißt bei Rezeptur, Verpackung und Produktionsumständen, mindestens eine Entwicklungsgeneration vor der bisherigen ökologischen Benchmark zu liegen. Das heißt, dass wir in allen Aspekten so nachhaltig wie möglich sind – beziehungsweise oft das scheinbar Unmögliche erst möglich machen (Beispiele dazu siehe nächste Frage).

In den vergangenen Jahren ist es außerdem immer wichtiger für uns geworden, unser echtes nachhaltiges Handeln von reinen Greenwashing-Aktionen klar abzugrenzen. Mit unseren Recycling-Checks beispielsweise nehmen wir Versprechen in puncto nachhaltige Verpackung genauer unter de Lupe und klären auf unseren Social-Media-Kanälen über „Irrungen und Wirrungen“ in diesem Bereich auf.

CT: Welche Maßnahmen haben sie konkret ergriffen, um Ihr Unternehmen nachhaltig zu machen?

W&M: Seit 2003 ist Werner & Mertz EMAS-validiert und hat sein Umweltmanagement stets weiterentwickelt und 2007 zum Nachhaltigkeitsmanagement ausgebaut. Dabei verfolgt Werner & Mertz das Leitziel, ökologisch konsequent, ökonomisch wertschöpfend und sozial verantwortlich zu handeln. 2009 erhielt die Marke Frosch den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie „Deutschlands nachhaltigste Marke“. 2012 wurde unsere neue Hauptverwaltung mit LEED Platinum ausgezeichnet. Es ist das erste Verwaltungsgebäude in Deutschland, das durch Windkrafträder und Photovoltaik auf dem Dach kombiniert mit Geothermie-Nutzung mehr Energie erzeugt, als Heizen und Kühlen benötigen. 2012 haben wir die „Recyclat-Initiative“ ins Leben gerufen, mit der wir uns dafür einsetzen, dass Plastik als Wertstoff nach der Verwendung erneut hochwertig aufbereitet und wiederverwendet wird und dadurch im Kreislauf bleibt. Und wir beweisen, dass dieser Ansatz praxistauglich ist: Bislang haben wir über 570 Millionen Plastikflaschen aus Altplastik hergestellt und gelten weltweit als Best Practice für nachhaltige Verpackungen.

Unsere Initiative „Tenside auf Basis europäischer Pflanzen“ setzt über unsere Branche hinweg neue Impulse: Anstelle waschaktiver Substanzen auf Palmkernölbasis – als Alternative zu erdölbasierten Tensiden – werden zukünftig verstärkt pflanzliche Tenside europäischer Herkunft verwendet. Dies ist ein wichtiger Schritt zum Schutz tropischer Regionen und zur Schonung wertvoller Ressourcen. 2019 haben wir mit dem Bau unseres neuen Produktionszentrums die größte Recyclat-Flaschen-Fertigung der Welt geschaffen und dabei ebenfalls auf eine nachhaltige Bauweise gesetzt (bspw. größtmögliche Menge an Recycling-Beton, LED-Beleuchtung, Ökostrom-Nutzung, Begrünung der Außenwand etc.). Durch die Inhouse-Produktion und -Abfüllung der Flaschen sparen wir Transportwege und damit CO2 ein.

Generell leisten all diese Umsetzungen ihren Beitrag zur gelebten und auch auf ein hohes Maß skalierte Kreislaufwirtschaft und das bezogen auf die Beschaffung und Gestaltung von Rezeptur, Verpackung und Produktion. Und man sieht: Nachhaltigkeit ist nicht eine Kennziffer, sondern ein sinnvolles Zusammenspiel von effektiven und umgesetzten Maßnahmen, die einer breiten Masse an Menschen für ihren alltäglichen Gebrauch zugänglich gemacht werden. Denn nur ganzheitlich-nachhaltig gedachte Produktkonzepte eignen sich für ein Wirtschaften der Zukunft, einer Zukunft, die bei Frosch schon 1986 begonnen hat!

CT: Worauf sind Sie besonders stolz?

W&M: Wir gelten mittlerweile weltweit als Best Practice Beispiel für ganzheitliche Nachhaltigkeit und sind vielfach ausgezeichnet worden – ganz besonders stolz macht uns der Deutsche Umweltpreis, der unserem Inhaber Reinhard Schneider 2019 für seine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie verliehen wurde.

CT: Glauben Sie, dass der Nachhaltigkeitsansatz Ihrem Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber Unternehmen verschaffen kann, die sich nicht mit dem Thema befassen?

W&M: Ja

CT: Wenn das so ist – worin besteht dieser Vorteil/diese Vorteile?

W&M: Dank unserer langjährigen, ganzheitlich-nachhaltigen Strategie konnten wir sowohl bei unseren Handelskunden, als auch bei den Endverbraucher*innen tiefes Vertrauen aufbauen. Unabhängige Studien wie die jährliche Trusted Brands Studie im Auftrag von Reader’s Digest bestätigen dieses große Vertrauen in unsere Marke. Vertrauen ist in puncto Nachhaltigkeit der Schlüssel, denn anders als bei anderen Aspekten – wie beispielsweise die Reinigungsleistung – können Konsument*innen Nachhaltigkeit nicht überprüfen, sondern müssen auf die Aussagen der Herstellerunternehmen vertrauen.

CT: Haben Sie den Eindruck, dass Nachhaltigkeit in der öffentlichen Diskussion heute einen größeren Stellenwert einnimmt als noch vor 10 Jahren?

W&M: Ja, auf jeden Fall. Der Klimawandel, die Vermüllung der Meere durch Plastik – das sind allseits bekannte Themen.

CT: Welche externen Faktoren können zu dieser Entwicklung beigetragen haben?

W&M: Die Medienberichterstattung hat sicher dazu beigetragen, aber auch die Empörung in der Zivilbevölkerung, gerade unter den jungen Menschen, wie beispielsweise die Fridays-for-Future-Bewegung.

CT: Was sind die wichtigsten Voraussetzungen, um ein Unternehmen gleichzeitig wirtschaftlich solide sowie ökologisch und sozial nachhaltig zu führen?

W&M: Eine nachhaltige Wirtschaftsweise setzt einen langfristigen Planungshorizont voraus. Als Familienunternehmen haben wir das Privileg und die Verantwortung in Generationen zu denken und nicht in Quartalsberichten. Nachhaltigkeit lässt sich nicht mit kurzfristigen Aktionen erreichen, sondern muss dauerhaft und umfassend umgesetzt werden.

Bild ganz oben: Inzwischen ein vielfach ausgezeichnetes Best-Practice-Beispiel: Die Reinigungsmittel von Werner & Mertz. Foto: Werner & Mertz

Von fil