Forschende der Universitäten Ulm und Kairo haben herausgefunden, dass Unternehmen, die besonders viel Kapital über Grüne Anleihen aufnehmen, in den Jahren darauf ihre Treibhausgasemissionen überdurchschnittlich stark reduzieren. Dieser Zusammenhang wird in den untersuchten Daten aber nur bei Unternehmen beobachtet, die einen geringen finanziellen Spielraum haben. Es lohnt sich also für klimabewusste Anlegerinnen und Anleger, genauer hinzusehen.
Grüne Anleihen – auf Englisch Green Bonds – sehen von der Zahlungsstruktur her wie normale Anleihen aus. Der wesentliche Unterschied ist, dass Unternehmen sich mit der Emission einer Grünen Anleihe dazu verpflichten, das aufgenommene Kapital in Projekte zu investieren, die die Umwelt schützen oder den Klimawandel bremsen sollen. Eine Studie der Universität Ulm hat nun mit internationalen Daten untersucht, welchen Umweltnutzen Green Bonds tatsächlich bringen. Dazu haben die Forschenden den Nutzen über das Ausmaß der Reduktion von CO2- und anderen Treibhausgasemissionen gemessen, und ihn dann mit dem Volumen der emittierten Grünen Anleihen verglichen. Das Ergebnis: Ein Zusammenhang zwischen dem aufgenommenen grünen Kapital und den Emissionsreduktionen der Folgejahre ist in den untersuchten Daten nur bei Unternehmen sichtbar, die einen geringen finanziellen Spielraum oder ein überdurchschnittliches Kreditrisiko haben.
Grüne Anleihen insbesondere für finanzschwache Unternehmen interessant
„Für diese Unternehmen können Grüne Anleihen besonders wertvoll sein, da sie den finanziellen Handlungsspielraum erweitern und damit zusätzliche Investitionen vielleicht erst ermöglichen. Finanzstarke Unternehmen könnten die Investitionen, die sie mit Grünen Anleihen finanzieren, in der Regel auch gut mit normalen Finanzierungsinstrumenten stemmen“, so Professor Gunter Löffler. Der Finanzmarktexperte forscht am Institut für Finanzwirtschaft der Universität Ulm zu Kapitalmärkten und Ratings und seit kurzem auch zu nachhaltigen Finanzinstrumenten. Gemeinsam mit Dr. Mona ElBannan, Associate Professor of Finance an der German University in Cairo, hat Löffler die im Journal of Banking and Finance veröffentlichte Studie verfasst.
Für die Studie wurden einschlägige Informationssysteme zu Grünen Anleihen genutzt. In die statistische Analyse flossen letztlich 356 unterschiedliche Green Bonds im Volumen von insgesamt 162 Milliarden Dollar ein. Angereichert wurde der Datensatz für die Analyse mit unternehmensspezifischen Informationen, darunter Kennzahlen zur Finanzsituation und Daten zum Ausstoß von CO2-Äquivalenten.
Zsammenhänge klären
Zunächst untersuchten die beiden Forschenden, ob ein Zusammenhang zwischen Anleihevolumen und nachfolgender Emissionsreduktion im Durchschnitt – über alle Unternehmen hinweg – vorliegt. Nachdem sich ein solcher Zusammenhang in den statistischen Analysen gezeigt hatte, gingen sie einen Schritt weiter. Wie ElBannan und Löffler herausfanden, ist der Zusammenhang nur bei Unternehmen mit geringem Finanzspielraum nachweisbar. Bei Unternehmen ohne Finanzierungsrestriktionen war kein Zusammenhang erkennbar.
Als Erklärung für ihre Ergebnisse favorisieren der Finanzmarktexperte aus Ulm und seine Kollegin aus Kairo direkte Finanzierungseffekte: Grüne Anleihen können gerade bei finanzschwachen Unternehmen Investitionen ermöglichen, die sonst nicht realisiert worden wären. Andere Wirkungskanäle lassen sich aber nicht ausschließen. „Grüne Anleihen können neben einem direkten Nutzen – über die Finanzierung von Projekten – auch zu einem indirekten Nutzen für die Umwelt führen, etwa indem sie durch die eingegangene Selbstverpflichtung und die Kontrolle von außen dabei helfen, das eigene Unternehmen intern auf Kurs zu mehr Nachhaltigkeit zu bringen“, ergänzt der Ulmer Wissenschaftler.
Umweltrendite unterschiedlich groß
Da die Umweltrendite von Grünen Anleihen laut den Ergebnissen der Studie unterschiedlich groß ist und dabei auch die Finanzsituation des jeweiligen Unternehmens eine Rolle spielt, kann es sich für Anlegerinnen und Anleger lohnen, bei der Auswahl der Unternehmen genauer hinzusehen. „Das kann helfen, mit dem eigenen Geld möglichst viel für die Umwelt zu bewegen, und es hilft der Umwelt, weil damit Kapital in Projekte gelenkt wird, die ansonsten vielleicht nicht realisiert werden könnten“, so Löffler. Da man aus Risikogründen aber auch darauf achten sollte, Anlagen auf viele Anleihen zu verteilen, bieten sich neben der Direktanlage auch Investitionen in Fonds mit Nachhaltigkeitsschwerpunkt an. Löffler ergänzt: „Hier ist es im Sinne der Umwelt wünschenswert, dass das Fondsmanagement nicht nur darauf schaut, ob Unternehmen die aufgenommenen Mittel in grüne Projekte investieren, sondern auch darauf, wie viel dies letztlich der Umwelt bringt.“
Bild ganz oben: Grüne Anleihen – Ein großer Schritt für die Umwelt? Foto: Gunter Löffler/Uni Ulm