Täglich landen rund 480 Tonnen Abfall auf den Straßen von Khulna, der größten Stadt im dichtbesiedelten Ganges-Delta. Darunter Unmengen an Kunststoff, welcher über die angrenzenden Gewässer in die Ozeane geschwemmt wird. Ohne Gegenmaßnahmen wird die Verschmutzung der Meere weiter zunehmen. Ziel eines neuen Verbundprojektes ist es daher, ein nachhaltiges Abfallsystem in Khulna zu etablieren, um Kunststoffabfälle langfristig zu reduzieren und den Lebensraum Wasser zu schützen. Das mit rund vier Millionen Euro geförderte Vorhaben wird unter Federführung der Bauhaus-Universität Weimar bis 2024 umgesetzt.

Tüten, PET-Flaschen, Hygieneartikel – rund drei Viertel des Mülls im Meer besteht aus Kunststoff. Bis zur völligen Zersetzung können Tausende Jahre vergehen. Bis dahin verfallen die Kunststoffteile in immer kleinere Partikel. Häufig werden diese von Meerestieren mit Nahrung verwechselt, was zum qualvollen Tod führen kann. Doch wie gelangen Kunststoffe ins Meer und was können wir dagegen tun? „Ein Großteil der Abfälle wird von Land aus über die Flüsse in die Ozeane geschwemmt“, weiß Projektleiter Prof. Dr.-Ing. Eckhard Kraft von der Bauhaus-Universität Weimar. „Dies geschieht vor allem in den Ländern, wo das Sammeln von Abfällen nicht richtig funktioniert“, fügt der Professor für Biotechnologie in der Ressourcenwirtschaft hinzu.

Abfallwirtschaft in Khulna neu organisieren

Eines der Länder mit der höchsten Verschmutzung durch Kunststoff im Meer ist Bangladesch. Das Problem: In Städten wie Khulna fehlt eine zentrale Anlaufstelle, welche die Abfallwirtschaft organisiert und koordiniert. Technische Anlagen zum Trennen und Recyceln gibt es nicht, sodass der meiste Abfall unsortiert und unbehandelt am Straßenrand sowie auf offenen Deponien landet. „Die herumliegenden Abfälle verursachen nicht nur Geruch und Krankheiten auf dem Land, sondern gefährden auch das Wohl von Tieren und Pflanzen in den angrenzenden Gewässern“, erläutert Prof. Kraft. Das erklärte Ziel des Forschungsprojektes „Sustainable Capacity building to reduce Irreversible Pollution by plastics“ (kurz: SCIP plastics) ist daher, die Abfallwirtschaft in Bangladesch neu zu organisieren, um Kunststoffmüll erst gar nicht in die Umwelt gelangen zu lassen.

Vernetzen und aufklären im SCIP-Hub

Herzstück des Projektes ist das sogenannte „SCIP-Hub“, ein Wissenstransferzentrum, welches auf dem Campus der Khulna University of Engineering and Technology (KUET) eingerichtet wird. Im Hub werden interdisziplinäre Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft miteinander vernetzt, um einen Masterplan zur Reorganisation der Abfallwirtschaft in Khulna zu entwickeln und verschiedene Pilotmaßnahmen im Bereich Kunststoffprävention umzusetzen. Geplant ist unter anderem ein Awareness Center im Innenstadtbereich von Khulna einzurichten, um die Bevölkerung für das Sammeln, Trennen und Entsorgen von Müll zu sensibilisieren und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, Abfälle auch als Ressource zu gebrauchen.

Aus Pilotprojekten lernen

Grundlage des Vorhabens bildet zunächst die Untersuchung der bestehenden Wertstoffkette unter sozioökonomischen Gesichtspunkten. An vier Pilotanlagen soll die Sammlung von wiederverwertbaren Kunststoffen optimiert sowie neue Strategien zur emissionsarmen Entsorgung in den Deponien erprobt werden. Auch die bislang eher informell organisierten Recycling-Shops sollen in das Konzept integriert und nach ökologischen Standards verbessert werden. Ferner wird überprüft, inwiefern Kunststoffe langfristig durch lokal produzierte Jute ersetzt werden kann. Ergänzend analysiert eine Fallstudie im Hafen von Mongla, inwiefern die drohende Verschmutzung durch Kunststoff in Bangladeschs Häfen aufgehalten werden kann. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im Hub ausgewertet und in Kooperation mit der Khulna City Corporation vor Ort umgesetzt. Langfristiges Ziel ist es, eine nationale Abfallstrategie zu entwickeln, die dabei hilft, Kunststoffabfälle zu vermeiden.

Bild oben: Staatlich institutionalisierte Recyclinganlagen gibt es in Bangladesch nicht. Häufig sammeln die Menschen Abfälle aus den Müllbergen und trennen diese von Hand. Foto: Florian Wehking/Bauhaus-Universität Weimar

Von fil