Mit einem Gesamtumsatz von rund 355 Millionen Euro, der Auslieferung von 350 Extrudern und der Schaffung einer Recyclingkapazität von insgesamt 1,6 Millionen Tonnen Regranulat schloss die EREMA Gruppe das Geschäftsjahr 2022/23 erfolgreich ab. Im Gespräch mit Circular Technology erklären CEO Manfred Hackl und Geschäftsführer Markus Huber-Lindinger, wie EREMA auf Erfolgskurs bleibt, inwiefern die Mehrmarkenstrategie dabei hilft und worauf es in Zukunft bei der Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen ankommt.
Die beispiellosen Verwerfungen in den Lieferketten lösen sich langsam auf. Dennoch bleiben die Marktakteure unruhig und stellen teilweise Anschaffungen zurück. Manfred Hackl erklärt: „Wir sehen derzeit eine gewisse Abkühlung bei den Investitionen und wir rechnen mittelfristig damit, die Auswirkungen auch bei uns zu spüren. Wir versuchen durch Auftragspuffer und eine Verkürzung der Lieferzeiten darauf zu reagieren. Natürlich hängt viel davon ab, wie lange diese Delle in der Auftragslage bestehen bleibt.“
In der Unternehmensgeschichte einmalige Situation
„Solcher Verwerfungen in den Lieferketten gab es seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr. Dem zu begegnen hat enormer Anstrengungen bedurft und Ineffizienzen hinterlassen. Wir mussten, um lieferfähig zu bleiben Lagerkapazitäten — teilweise auch für unsere Lieferanten — aufbauen“, erklärt Markus Huber-Lindinger. So konnte der Betrieb resilienter aufgestellt werden, allerdings verursacht diese Sicherheit auch zusätzlich Kosten. „Wir hatten mit Auftragsstornierungen und Lieferproblemen zu kämpfen,“ blickt Huber-Lindinger zurück. Die Unsicherheit war riesig und trotz allergrößter Anstrengungen konnte auch EREMA zu dieser Zeit nicht aller Liefertermine einhalten. „Das hat uns sehr geschmerzt, weil wir es einfach gewohnt waren, dass Zuverlässigkeit für uns selbstverständlich ist“, sagt Markus Huber-Lindinger.
Breit aufgestellt durch schwierige Zeiten
Besonders schwierig war die Lage bei den Zulieferern von Elektro- und Elektronikbauteilen. Teilweise mussten Komponenten auf dem Spotmarkt beschafft werden, weil multinationale Elektronikhersteller keine belastbaren Aussagen zu ihrer Lieferfähigkeit treffen konnten. Mittlerweile zeichne sich eine Entspannung der Liefersituation ab, wirklich aufgelöst habe sich die Verknappung aber noch nicht. Hinzu kommen die nun steigenden Zinsen, die es Kunden erschwert, Investitionen zu finanzieren. „Wir haben bereits vor Jahren Modelle zur Finanzierung unserer Maschinen entwickelt, die sich nun einer wachsenden Beliebtheit erfreuen,“ erklärt Manfred Hackl. „Sehr geholfen hat uns unsere Mehrmarkenstrategie. Es gibt Märkte und Anwendungen bei denen es zur Zeit sehr ruhig ist. Da ist es sehr hilfreich, wenn man in Bezug auf die Anwendungsbereiche und regional flexibel aufgestellt ist. Auch für unsere Mitarbeiter bieten die verschiedenen Unternehmensteile sowohl inhaltlich als auch geografisch sehr interessante Möglichkeiten, sich zu verwirklichen. Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise von Österreich in die USA wechselt, dann entwickelt er selbst sich weiter, er bringt aber auch seinen neuen amerikanischen Kollegen wichtige Kenntnisse und Erfahrungen mit.“ So bleiben die wertvollen Fachkräfte motiviert und engagiert.
Huber-Lindinger ergänzt: „Wir haben zur letzten K mit dem chemischen Recycling und dem Faser-zu-Faser Recycling zwei neue Bereiche gegründet. Diejenigen Materialien für die ein mechanisches Recycling aus welchen Gründen auch immer nicht in Frage kommt können aufbereitet und homogenisiert extrudiert werden. Die nachgelagerten Prozesse zum Aufbrechen der Kohlenwasserstoffketten erfordern Temperaturen und Drücke, die teilweise sehr hoch sind. Wir können solche Bedingungen aus der Extrusion heraus erzeugen.“
„Unsere Aufgabe besteht darin, das Material mit unserer Chemarema zur Schmelze zu bringen und für die nachgelagerten Prozesse vorzubereiten. Wirklich entspannt ist die Lage nämlich noch lange nicht. „Wir erleben eine ruhige Phase, aber es ist nicht gesagt, dass das nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm ist,“ erklärt Hackl. „Wir müssen mit der Inflation, den Lohnkosten und der Zinslandschaft umgehen und unsere Kunden ebenfalls.“
Einwegprodukte-Steuer ist noch nicht die endgültige Lösung
Die Einführung einer Abgabe für Einwegprodukte aus Kunststoff sieht Hackl zwiespältig. Einerseits sei es gut, bestimmte unnötige Produkte, etwa im Verpackungsbereich nicht mehr zu produzieren, andererseits werden durch die Strafsteuer bestimme Produkte, die bisher aus Kunststoff waren nun einfach aus anderen Materialien hergestellt, womit der Umwelt nicht gedient ist. „Wenn ich beispielsweise einen Kunststoffstrohhalm durch einen aus Papier ersetze, der sich entweder auflöst oder mit problematischen Beschichtungen tauglich gemacht werden muss.“ Eine Einschränkung ist nur dann sinnvoll, wenn das verbotene Produkt umweltverträglicher substituiert werden kann.
Digitalisiert in die Zukunft
Die technische Entwicklung bei EREMA geht unvermittelt weiter. Huber-Lindinger fasst zusammen: „Wir haben in den vergangenen drei Jahren den Durchsatz im PET-Bereich verdoppelt und gleichzeitig den Energiebedarf um 12 Prozent gesenkt. Wir haben ein System für das Polyolefin-Recycling vorgestellt, das mit einer doppelten Filtration nicht nur den Kunststoff schonend bei niedrigen Temperaturen behandelt, sondern dabei auch noch Energie spart. Beim Faserrecycling können wir nun mit Spinnöl versetzte Produktionsabfälle direkt wieder in verspinnbares Granulat überführen können. Das sind echte technologische Meilensteine. Auch bei der Digitalisierung geben wir in der Branche den Takt vor.“ Mit BluPort hat EREMA kürzlich ein digitales Ökosystem vorgestellt, das vom Teileeinkauf über Aus- und Weiterbbildung bis hin zum Kauf gebrauchter ‚Maschinen zahlreiche Services bündelt.
In der nun beginnenden Aufbauphase sehen die Lenker von EREMA auch Chancen auf eine verbesserte, stabilere Ausrichtung. Huber-Lindinger sieht besonders Chancen in der zunehmenden Digitalisierung und dem Einsatz von künstlicher Intelligenz. „Wir wissen, dass die Erfassung und Aufbereitung von Daten rund um unsere Maschinen sehr wichtig sind. Bereits auf der vorletzten K-Messe haben wir einen virtuellen Durchsatzsensor vorgestellt. Wir arbeiten ständig daran, Daten transparent darzustellen und aus ihrer Analyse Zusammenhänge zu erkennen, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind. Natürlich sind in diesem Zusammenhang auch unsere prädiktiven Wartungssysteme PredictOn zu erwähnen. In Zukunft werden diese Themen zusätzlich Fahrt aufnehmen. Gleichzeitig müssen wir uns immer fragen, ob eine Digitalisierungsmaßnahe auch wirklich einen zusätzlichen Nutzen für den Kunden mit sich bringt, sonst ist es nur eine schöne technische Spielerei.“
Und so geht es weiter
In nächster Zukunft wollen die EREMA-Geschäftsführer die zahlreichen neu eingeführten Technologien und Services im Markt etablieren und weiterentwickeln. „Wir wollen prozessübergreifend noch größer denken“, kündigt Manfred Hackl an. „Die Industrie schafft es immer besser, sich von linear zum zirkulären zu bewegen. Wir haben technisch ausgereifte Systeme im Bereich der Filtration und Extrusion in einer Vielzahl von Anwendungen. Immer mehr geht es auch darum, die unseren Aktivitäten vorgelagerten Prozesse zu verstehen. Denn diese Prozesse haben natürlich einen Einfluss auf Filtration und Extrusion. Daher stellen wir uns sie Frage, wie wir hier ein tiefergehendes Wissen erlangen können, um unsere Kunden noch besser bei der Herstellung hochwertiger Kunststoffrezyklate unterstützen zu können und so den nächsten Level in der Industrialisierung des Recyclings zu erreichen.“
Bild ganz oben: Im Gespräch mit Manfred Hackl und Markus Huber-Lindinger. Foto: Circular Technology