Die VDI-Konferenz „Kreislaufwirtschaft Kunststoff“ fand Anfang November 2023 in Köln statt. Die zweitägige Konferenz betrachtete alle relevanten Aspekte einer Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen.  Ausgehend von der grundlegenden Strategie der Bundesregierung zur Kreislaufwirtschaft beleuchtete die Konferenz alle Aspekte der Kunststoff-Kreislaufwirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Insbesondere die Schnittstellen zwischen Materialherstellern, Verarbeitern, Konsumenten, Entsorgern und Recyclingunternehmen standen dabei im Fokus.

Durch das Programm führte sehr kompetent Prof. Dr Hans-Josef Endres vom Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik des Produktionstechnischen Zentrums der Leibniz Universität Hannover. Forschungsschwerpunkte des Instituts sind die Entwicklung und Verarbeitung sowie das Recycling und die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen und Verbundwerkstoffen.

Stefanie Schäfter vom Bundesumweltministerium umriss die Grundzüge der Kreislaufwirtschaftsstrategie der Bundesregierung und hob die hohe Bedeutung des Sekundärrohstoffeinsatzes für die Erreichung der Ziele hervor. Die Vision für 2045 ist, daß Kunststoffe dann nur noch dort eingesetzt werden, wo sie einen positiven Netto-Nutzen auf die Nachhaltigkeitsziele haben und zwar auf einer weitgehend fossilfreien Rohstoffbasis und in geschlossenen schadstofffreien Stoffkreisläufen. Dafür ist eine transparente Wertschöpfungskette von der Herstellung bis zum Ende der Nutzungsphase notwendig. Sie wies darauf hin, dass sich daraus ergibt, dass Kunststoffe überall dort, wo sie nicht zu der Nachhaltigkeitszielen beitragen auch nicht eingesetzt werden sollten.

Zur Umsetzung dieser Ziele müssen grundlegende Definitionen getroffen werden. Stefanie Bierwirth vom DIN-Normenkontrollausschuss Kunststoffe wies auf die große Bedeutung von allgemeingültigen Normen etwa für das physikalische und chemische Recycling hin und rief die Teilnehmer auf am laufenden Normungsprozess teilzunehmen.

Die Mengen reichen niemals aus

Die Vorträge beleuchteten sämtliche Aspekte der Kreislaufwirtschaft mit Kunststoffen. Foto: Circular Technology

Die Organisation der Stoffströme, um ausgediente Kunststoffteile aus Automobilen mechanisch zu recyceln ist äußerst herausfordernd. Frank Stammer vom TecPart – Verband technische Kunststoffteile zeigte in seinem Vortrag, dass die für die Erreichung der vorgesehen Einsetzquoten notwendigen Rezyklatmengen derzeit unmöglich zu beschaffen sind. Unter dem Strich fehlen für die angestrebten 25 % PCR, die bis 2030 eingesetzt werden sollen rund 3 Millionen Tonnen hochwertiges Rezyklat pro Jahr. Hinzu kommt Stammer zufolge, dass der Anteil von Kunststoffen im Auto von rund 220 kg in Zukunft eher in Richtung 400 kg gehen wird und so die Lücke noch größer wird.

Ulf Seefeldt von M.Tec erläuterte, dass sich die heutige Vorgehensweise bei der Auslegung eines Produktes aus Kunststoff zukünftig immer schwieriger aufrechterhalten lässt. Material wird nicht mehr unbegrenzt in der gewünschten konstanten Qualität zur Verfügung stehen. Stattdessen muss von Schwankungen in der Qualität ausgegangen werden. Diese Schwankungen auszugleichen wird zukünftig im Zentrum der Prozessoptimierung stehen. Bei der Ausarbeitung kann KI nützliche Dienste leisten.

Kunststoffprodukte sollten so gestaltet werden, dass sie für das mechanische Recycling geeignet sind. Im Verpackungsbereich kann das bedeuten, Mehrschichtverpackungen durch Monolayer zu ersetzen. Dass ein solches Design for Circularity möglich ist zeigte Dirk Hardow von Südpack anhand konkreter Beispiele.

Vergleichbarkeit entscheidend

Um die umweltverträglichste Lösung für eine bestimmte Anwendung identifizieren zu können braucht es allgemein vergleichbare Kriterien. Venkateshwaran Venkatachalam vom Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik (IKK) zeigte, wie die Ökobilanzierung von Kunststoffen von statten geht. Venkatachalam, der zurzeit zu einem Thema aus dem Bereich Ökodesign und Nachhaltigkeitsbewertung am IKK promoviert zeigte die zahlreichen Optionen bei der Erstellung einer Ökobilanz auf und unterschied etwa die Cut-off von der Avoided Burden Methode. Die Cut-Off-Methode in der Ökobilanzierung trennt rezyklierte Materialien in zwei verschiedene Produktsysteme, wobei Recyclingprozesse vollständig dem System zugeschrieben werden, in dem das Recyclingmaterial verwendet wird. Im Gegensatz dazu belohnt die Avoided Burden Methode die Recyclingfähigkeit eines Materials oder Produkts, indem sie Einsparungen durch die Substitution von Primärmaterial durch Recyclingmaterial an das abgebende Produktsystem vergibt, entweder durch einen Gutschriften-Ansatz oder einen Verlagerungs-Ansatz.

Sein Kommilitone vom IKK, Felix Mehrens gab Einblicke in die Möglichkeiten und Grenzen des Closed-Loop-Recyclings von Lebensmittelverpackungen. Im Spannungsfeld zwischen Kontaminationen und gesetzlichen Vorgaben gilt es möglichst hohe Recyclingquoten zu erzielen. Dabei helfen können technische Ansätze, wie die Vakuumentgasung, Stripping-Mittel oder Additive.

Vom IKV aus Stuttgart berichtete Mauritius Schmitz, wie KI die Kreislaufführung von Kunststoffverpackungen erleichtern kann, indem sie helfen, komplexe Zusammenhänge zu modellieren und so Handlungsoptionen aufzeigen.

Chemisches Recycling kann sinnvoll sein

Wo kein mechanisches Recycling möglich ist kommen chemische Recyclingverfahren in Frage. Prof. Dr. Ing. Peter Georg Quicker von der RWTH Aachen setzte die verschiedenen Verfahren in Beziehung. Er zeigte, dass alle bekannten Verfahren einen hohen Energieaufwand bedeuten, aber im Rahmen der EU-Taxonomie durchaus zukünftig eine Option für das Recycling anders nicht verwertbarer Kunststoffabfälle sein wird. Quicker wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass nicht nur die Energieverbrauch der Verfahren für ihre Bewertung beachtet werden muss, sondern auch die Qualität der möglichen Eingangsströme und Prozessrückstände. Dafür sei entscheidend, die Qualität des Eingangsmaterials zunehmend zu steigern.

Eine neue Perspektive zur Weiterverwendung von ausgedienten Kunststoffprodukten gab Marcin Orawiec. Sein Konzept sieht vor, aus alten Rotorblätter von Windkraftanlagen, die derzeit nicht mechanisch recycelt werden können neue Produkte herzustellen. Orawiec zeigte Baupläne für Schallschutzwände aus Rotoren und schwimmende Pontons auf denen von Wohngebäuden über Parks bis hin zu Wald vielfältige Nutzungen möglich sind. Durch ihre modulare Bauweise könnten auf diese Weise auch sehr große Flächen schwimmenden Lebensraumes geschaffen werden.

Die Teilnehmer lobten das besonders hohe fachliche Niveau der Beiträge und die Referenten freuten sich über rege Diskussionen im Anschluss an die Vorträge. Im kommenden Jahr ist eine weitere Ausgabe der Veranstaltung angedacht.

Bild ganz oben: Durch das Programm führte hochkompetent Prof. Dr. Hans-Josef Endres. Foto: Circular Technology

 

Von fil