Es ist zum Verrücktwerden. Die menschliche Spezies hat seit ihren Anfängen stetig immer mehr Wissen angesammelt. Manches ist im Lauf der Zeit verloren gegangen – wer weiß heute schon noch, wie man eine Glocke gießt – aber insgesamt verstehen wir uns selbst und unsere Umwelt immer besser. Dieser Wissensexplosion steht aber eine eherne Trägheit gegenüber, die je nach eigener Interessenlage gesicherte Erkenntnisse relativiert oder sogar ignoriert.
Wenn es dabei um die Meisterschaftsaussichten der Frankfurter Eintracht oder die Frage Pils oder Helles geht, ist das gesamtgesellschaftlich zu verkraften. Aber bei grundlegenden Dingen, wie etwa der Sinnhaftigkeit nachhaltigen Handelns hört der Spaß am Diskurs auf. Wir wissen eigentlich seit fast 50 Jahren, dass von Menschen verursachte Emissionen einen negativen Einfluss auf unser Weltklima haben. Wir kennen eigentlich seit noch längerer Zeit die Grundlagen eines gelingenden Gesellschaftsvertrages. Aber zu viele tun so als ob wir in einer uneigentlichen Welt leben würden, in der es eine Frage von Haltung oder Geschmack sei, ob man fundierte Erkenntnisse ernst nimmt und danach handelt. Das ist es aber nicht!
Es gibt keinen einzigen ernstzunehmenden Klimaforscher, dessen wissenschaftliche Erkenntnisse grundlegend von denen eines anderen ernstzunehmenden Klimaforscher abweichen würden. Wer will, der kann die katastrophalen Projektionen jederzeit nachlesen. Und es zeigt sich, dass die Klimatologen in der Vergangenheit keinesfalls übertrieben haben, sondern eher zu konservativ waren in ihren Annahmen. Wir gehen unter – als Spezies, wenn wir nicht…Sätze dieser Art werden inzwischen zwar täglich gehört, aber offensichtlich nicht verstanden.
Frösche sind schlauer, als oft behauptet
Von Fröschen sagt man, sie würden in langsam heißer werdendem Wasser so lange sitzen bleiben, bis sie gekocht sind, weil sie langsame Temperaturveränderungen nicht wahrnehmen können. Amphibien sind zwar einfach gestrickt, aber selbstverständlich merkt ein Frosch, wenn es ihm zu heiß wird und er springt aus dem Wasser. Technisch ausgedrückt folgt auf den Hitzereiz die Reaktion der Flucht. Das menschliche Nervensystem ist ungleich komplexer. Aufgrund mehrfacher Vernetzungen kommunizieren unsere Nervenzellen miteinander und gleichen Reize mit früheren Eindrücken ab. Das hilft bei der Einordnung der Eindrücke, schadet aber wenn Kategorien vertauschet werden.
Die einzigartige Herausforderung des Klimawandels kann mit keiner bekannten Erfahrung der Menschheit abgeglichen werden. Entscheidend ist eine möglichst präzise Zustandsbestimmung. Diese ist lang erfolgt, aber anders als ein Frosch kann der Mensch sich etwas vormachen. Anders als der Frosch kann er seine Sinneseindrücke relativieren. Eine wesentliche Gemeinsamkeit zwischen Frosch und Mensch besteht jedoch im Selbsterhaltungstrieb. Wie der Frosch aus dem heiß werdenden Wasser springt kann der Mensch beginnen, richtig zu handeln.
Da hilft es nicht, wenn etwa Verbrauchswerte von Fahrzeugen weiterhin systematisch kleingerechnet werden, wenn Steuerschlupflöcher einfach nicht geschlossen werden und die anlasslose Überwachung der Bürger Schrittchen für Schrittchen erweitert wird. Die Unternehmen der sogenannten Plattformökonomie vermitteln die Leistung anderer zu oft unanständigen Konditionen und werden viel zu selten vom Kartellamt gestoppt. Wenn Sie ein wenig nachdenken, dann fallen Ihnen sicher selbst zahllose Beispiele ein, wo so getan wird, als wüssten wir es nicht besser. Aber ob mir etwas persönlich gefällt, sollte kein Kriterium sein, ob ich etwas für wahr halte. Diskutieren wir also. Unbedingt auch über Nachhaltigkeit und Zusammenhalt. Und dann tun wir einfach endlich gemeinsam das den Umständen entsprechende!
Bild oben: Gleich wird der Frosch den Topf verlassen. Foto: Pixabay/Pedalkraft