„The future is now“. Es war ein American Football-Coach, dem dieser Wiederspruch in sich zugeschrieben wird. Er sagte ihn in den 1970er Jahren. Damals hegte die Menschheit unglaubliche Erwartungen an die Zukunft. Im Jahr 2000 würde man nur noch zum Spaß arbeiten und zwar rund zwei Stunden am Tag. Man erwartete, dass durch technischen Fortschritt jegliche Mühsal aus dem Leben der wie die Jetsons durch die Luft fliegenden Menschen wegentwickelt werden könnte. Es kam bekanntlich anders. Prognosen sind eben besonders schwierig, wenn sie die Zukunft betreffen. Außerdem überschätzen wir die kurzfristigen Auswirkungen technischer Neuerungen und unterschätzen gleichzeitig die langfristigen. KI wird in drei Jahren noch lange nicht so mächtig sein, wie viele heute befürchten, aber welche Veränderungen diese Technologie in 10 Jahren bewirkt haben wird, können wir uns noch gar nicht vorstellen. Wenn die Ergebnisse eines maschinell organisierten kognitiven Prozesses grundsätzlich valider sind als menschliche Überlegungen, dann werden wohl irgendwann Maschinen das Nachdenken komplett übernehmen.
Was sagt uns das alles?
Wir tendieren dazu, die Zukunft und die Vergangenheit zu verklären, damit sie mit unserem aktuellen Weltbild in Einklang stehen. Im Nachhinein war alles nicht so schlimm und morgen wird alles schon nicht mehr so heiß gegessen. Veränderung aber passiert ausschließlich im Jetzt. Und dieses Jetzt enthält viel mehr von dem was wir für die Zukunft halten, als uns bewusst ist. Viele der Prozesse, die unser Leben grundlegend verändern laufen scheinbar unendlich langsam ab. So langsam, dass wir den Wandel zunächst kaum wahrnehmen können. Es scheint sogar zunächst sehr lange so, als seien diejenigen, die den Wandel ignorieren im Vorteil.
Es geht um den richtigen Zeitpunkt
Wer zu früh kommt, der wird genauso vom Leben bestraft wie der Nachzügler. Entwicklungen, die ganz am Anfang stehen sind noch sehr schwer zu fassen und in Handlungskonsequenzen umzumünzen. So kam es, dass zu Beginn des Internetzeitalters jedes Unternehmen eine Webseite bauen ließ und dann kaum jemand wusste, was er mit diesem virtuellen Gästebuch anfangen sollte. Wer in den 80 Jahren Rezyklate in Kunststoffprodukten einsetzen wollte fand weder die passenden Stoffströme noch Abnehmer für die Produkte. Heute versuchen alle auf den schon recht schnell fahrenden Zug aufzuspringen. Aber nicht nur der richtige Zeitpunkt ist wichtig, ehemals äußerst vielversprechende Trends haben sich totgelaufen. Erinnert sich noch jemand an die Begeisterung für Atari?
Wie unterscheidet man also Trends von Bedeutung von Belanglosem? Umfassende Kompetenz und Erfahrung bieten auch in disruptiven Zeiten Orientierung. Aber niemand kann alles wissen. Es nützt also, die Gegenwart aus möglichst vielen verschiedenen Perspektiven im Auge zu behalten und sich darüber auszutauschen. Wie schön, dass es jetzt wieder Möglichkeiten gibt, sich in größerer Runde auszutauschen und gemeinsam zu versuchen, Erkenntnisse über das Wesen der Zukunft zu gewinnen.
Bild oben: Die Zukunft ist längst da, man muss sie nur erkennen können. Foto: Pixabay/Al3xanderD