ENGEL und Glassomer entwickeln gemeinsam neue Anwendungen für das Glasspritzgießen. Die beiden Unternehmen haben hierfür einen Kooperationsvertrag geschlossen. ENGEL stellt Glassomer eine Spritzgießmaschine für die gemeinsame Entwicklungsarbeit sowie für Kundenaufträge zur Verfügung. Die Technologie verbindet Wirtschaftlicheit mit Nachhaltigkeit.
2018 als Start-up gegründet, hat sich die Glassomer GmbH mit Sitz in Freiburg auf die Herstellung von im Spritzguss verarbeitbarem Quarzglas und die Produktion von hochwertigen Glasbauteilen spezialisiert. „Die Technologie bietet viel Potenzial, unter anderem für die Bereiche Optik, Medizintechnik, Solartechnik, Chemie und Automotive. Unser Ziel ist es, dieses Potenzial zu erschließen“, betont Clemens Kastner, Produktmanager Technologien bei ENGEL. „Gemeinsam mit Glassomer reduzieren wir die Hürden für den Einstieg in diese neue Technologie und ebnen der Serienproduktion großer Stückzahlen den Weg. Die Materialien von Glassomer können im Spritzgießverfahren verarbeitet werden. Wichtig ist, dass die Spritzgießmaschinen hohen Anforderungen an die Präzision gerecht werden.“
Das von Glassomer entwickelte und patentierte Material wird wie im herkömmlichen Spritzguss als Granulat der Spritzgießmaschine zugeführt. Es handelt sich um eine Kunststoff-Glas-Mischung, die bei Temperaturen von 130 °C und Zykluszeiten von unter 20 Sekunden im Spritzguss verarbeitet werden kann. Der Kunststoff wird im Anschluss an den Spritzgießprozess durch Entbindern entfernt. Die Bauteile werden gesintert, wobei die Bauteilgeometrie bis in die Mikrostrukturen exakt erhalten bleibt. Ohne Nachbehandlung lassen sich sehr hochwertige Oberflächen in optischer Qualität erhalten.
Höchste Präzision für feinste Strukturen
Üblicherweise erfordert die Formgebung von Glas sehr hohe Temperaturen und toxische Chemikalien. Die Spritzgießproduktion stellt hier eine deutlich energieeffizientere, wirtschaftlichere und nachhaltigere Alternative dar. Eine weitere Motivation für die Verarbeitung von Glas im Spritzguss ist die größere Designfreiheit. Im Spritzguss lassen sich nahezu beliebige Formen in kürzester Zeit herstellen. Viele davon wären in der klassischen Glasverarbeitung nicht denkbar. ENGEL und Glassomer arbeiten gemeinsam an der industriellen Umsetzung der Glasspritzgießtechnologie. In den neuen Produktionshallen von Glassomer in Freiburg laufen bereits die ersten Abmusterungen für Serienanwendungen. Um höchste Präzisionsanforderungen und auch den Bereich der Mikrotechnik abdecken zu können, hat ENGEL Glassomer eine vollelektrische e-motion 50 TL Spritzgießmaschine mit integriertem viper Linearroboter in Reinraumausführung zur Verfügung gestellt.
Viel Potenzial von der Mikrofluidik bis zur Optik und Sensorik
Die gemeinsame weitere Entwicklung profitiert vom Know-how und der langjährigen Expertise von ENGEL in den Anwendungsfeldern Optik und Mikrospritzgießen. Die e motion TL Maschinenbaureihe wurde ursprünglich für die Herstellung von Smartphone-Kameralinsen aus Polycarbonat und Cycloolefin-Copolymeren entwickelt und findet in dieser Industrie vielfach Einsatz. „In der Optik sorgt die Herstellung immer kleinerer Lichtquellen für immer höhere Energiedichten und macht die Herstellung feiner Linsenstrukturen in chemisch und thermisch hochstabilem Glas nötig“, erklärt Kastner die Motivation von ENGEL, sich mit dem Werkstoff Glas zu beschäftigen. Linsen für sehr hochauflösende Smartphone-Kameras, aber auch Sensorikanwendungen zum Beispiel im Automobil bilden einen Entwicklungsschwerpunkt. Darüber hinaus bietet das Glasspritzgießen im Bereich der Mikrofluidik, unter anderem für Lab-on-a-Chip-Anwendungen, viel Potenzial, höchste Abformpräzision mit einer hohen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit zu vereinen.
Bild oben: Der Kooperationsvertrag legt die Basis für die gemeinsame weitere Entwicklung der Glasspritzgießtechnologie. Von links: Rudolf Ehrenweber, Verkaufsleiter Teletronics bei ENGEL, Frederik Kotz-Helmer, CSO, und Dorothea Helmer, CEO von Glassomer, und Clemens Kastner, Produktmanager bei ENGEL. Foto: ENGEL