In Zeiten, während derer die Menschen weniger reisen können, kommt den Grünflächen in den Städten eine besondere Bedeutung zu: Sie helfen dabei, stressigen Straßen- und Eisenbahnlärm im Siedlungsraum als weniger belastend zu empfinden, wie Empa-Forscher herausgefunden haben. Nur beim Fluglärm scheint dies kontraproduktiv: Je grüner die Umgebung, umso störender der Fluglärm.

Vor dem Haus lärmt der Straßenverkehr, ein Zug donnert in der Ferne vorbei – das ist der Geräuschalltag für viele von uns. Fast 75% der europäischen Bevölkerung lebt in urbanen Gebieten und nur ein Viertel auf dem Land. Lärmbelästigung durch Autos, Bahn und Flugzeug ist da an der Tagesordnung und ein nicht zu unterschätzendes Gesundheitsproblem. Gemäß der Weltgesundheitsorganisation WHO führt eine erhöhte Lärmbelastung zu zahlreichen negativen Effekten auf die Gesundheit, von Stress über Schlafstörungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes.

Doch wie lassen sich diese negativen Auswirkungen der Lärmbelastung in dicht besiedelten, urbanen Regionen vermindern, und gibt es Möglichkeiten, das subjektive Lärmempfinden zu beeinflussen? Forschende der Empa rund um Beat Schäffer von der Abteilung „Akustik / Lärmminderung“ haben zusammen mit Experten des Bundesamts für Umwelt (BAFU), des „Swiss Tropical and Public Health Institute“ sowie der Universität Basel herausgefunden, dass das funktioniert. Ein Blick aus dem Fenster hinaus ins Grüne kann die Lärmbelästigung erheblich senken. Ob eine nahe Parkanlage, ein Teich oder die Bergkette am Horizont: Ein Blick in die Natur, und der Lärm stört uns weniger.

Verändertes Lärmempfinden

Für ihre Studie nutzte das Forscherteam den sogenannten NDVI („Normalized Difference Vegetation Index“), der auf Basis von Fernerkundungsdaten errechnet wird und die gesamte Grünfläche einer bestimmten Region dokumentiert – von einzelnen Baumgruppen an Straßenrändern bis zu großen Parkanlagen. Außerdem nutzte die Forschungsgruppe die Daten von Swisstopo. Dort sind alle Parks und Gartenanlagen sowie weitere Grünflächen wie Landwirtschaftszonen und Wälder verzeichnet. Um dann herauszufinden, wie sich das Lärmempfinden bei Bewohnerinnen und Bewohnern urbaner Regionen verändert, glich das Team die Daten von Swisstopo und des NDVI mit den Befragungsresultaten der SIRENE-Studie ab. Diese Studie mit rund 5600 Teilnehmenden lieferte 2019 Informationen zur Lärmbelästigung durch Straßen-, Bahn- und Fluglärm. Durch das Abgleichen der Daten zu den Grünflächen in der Schweiz mit den Resultaten aus der Befragung konnten Schäffer und sein Team ermittelten, wie sich Naherholungsgebiete auf das Lärmempfinden auswirken. Fazit der Studie: Parks und Grünflächen helfen dabei, das Lärmempfinden durch Straßen- und Zuglärm zu senken. Je näher die Erholungszone zum eigenen Wohnort, umso niedriger die subjektiv empfundene Belästigung durch Lärmemissionen.

Fluglärm stört mehr

Dass Grünflächen unsere Wahrnehmung gegenüber Lärm beeinflussen, ist keine überraschende Erkenntnis. Viel Interessanter jedoch ist das Resultat bezüglich Fluglärm. Denn hier nützen Grünflächen offenbar nichts – im Gegenteil: Je mehr Grünflächen, umso gestörter fühlen wir uns durch den Fluglärm, ergab der Abgleich der Daten. Das hat gemäss Schäffer unterschiedliche Gründe. „Während wir dem Straßen- oder Zuglärm durch etwas mehr Distanz entfliehen können, gelingt uns das beim Fluglärm nicht“. Wir seien dem Lärm aus der Luft quasi hilflos ausgeliefert, denn wir können dem Lärm nicht durch ein paar wenige Meter Abstand entkommen. Dieses „Ausgeliefertsein“ führe womöglich dazu, dass wir diesen Lärm als störender wahrnehmen. Ein zweiter Punkt ist die sogenannte Inkongruenz: „Wir erwarten in einem Park, dass es leise ist. Wird diese Ruhe dann durch etwas gestört, das wir nicht beeinflussen können, dann nehmen wir dieses Geräusch als weitaus belastender wahr“, sagt Schäffer. So falle uns ein Flugzeug am Himmel kaum auf, wenn wir etwa in einer Grossstadt unterwegs sind.

Grün fürs Stadtklima

Grünflächen haben nicht nur eine positive Wirkung auf unser Lärmempfinden, sondern auch auf das Stadtklima. Hilfreich sind Parks und Gartenanlagen vor allem im Kampf gegen sogenannte Hitzeinseln, wie eine Studie der Empa herausgefunden hat. Als Beispiel diente der Münsterhof in Zürich. Die Forscher haben den Platz ausgewählt, um Klimasimulationen durchzuführen, deren Ergebnisse sich auch auf andere Orte und Städte übertragen lassen. Die Berechnungen zeigen, dass die Temperaturen auf dem Münsterhof deutlich tiefer wären, wenn der Platz nicht gepflastert, sondern mit Erde und Gras bedeckt wäre. Über Nacht würde der Boden dadurch stärker abkühlen und tagsüber weniger Wärme speichern. Das Resultat wäre eine deutlich geringere Aufheizung der Fläche.

Stressabbau untersuchen

In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden noch weiter auf die psychischen und insbesondere auch physiologischen Aspekte von Lärm eingehen und weitere Faktoren mit einbeziehen. Eine gerade gestartete Sinergia-Studie des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) namens RESTORE entsteht in Kollaboration mit der Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) und ist auf vier Jahre ausgelegt. Das Team will dabei genauer analysieren, welchen Effekt Grünflächen auf physiologischen Stress haben und welche Kriterien Naherholungszonen erfüllen müssen, damit sich Bewohnerinnen und Bewohner optimal von Stress erholen können. Ziel ist es, diese Erkenntnisse künftig auch in den Bereich der Städteplanung einfließen zu lassen– vor allem in stark besiedelten urbanen Gebieten.

Bild oben: Parks helfen Stadtbewohnern Stress abzubauen. Foto: Pixabay/Pexels

Von fil