Ende 2023 wurde die erste internationale Norm für die Zertifizierung treibhausgasneutraler Organisationen und Produkte veröffentlicht: die ISO 14068-1. In einem Factsheet beschreibt das Umweltbundesamt den Kontext und die Inhalte dieser Norm, stellt ihre Stärken und Schwächen dar und zieht einige Schlussfolgerungen für Unternehmen, Zertifizierer, Gerichte und politische Entscheidungsträger.

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden Zahl an Unternehmen, die sich oder ihre Produkte klimaneutral nennen, und einer wachsenden Aufmerksamkeit gegenüber Grünfärberei, hat die Internationale Standard Organisation (ISO) Ende 2023 eine neue Norm zu Carbon Neutrality veröffentlicht. Sie richtet sich an Akteure, die Treibhausgasneutralität für eine Organisation oder ein Produkt erreichen wollen und sich dies zertifizieren lassen.

Systematische Schwächen

In einem Factsheet wirft das ⁠UBA⁠ einen Blick auf die ISO 14068-1, beschreibt den Hintergrund und den Inhalt der Norm und bewertet sie aus klimapolitischer Sicht. Das Factsheet würdigt durchaus, dass die Norm zu einem besseren Verständnis treibhausgasneutraler Organisationen und Produkten beitragen kann. Es weist aber auch auf die erheblichen Schwächen hin, da die Norm Aussagen zur Treibhausgasneutralität bei hohen fossilen CO2-Emissionen, mangelnder Umweltintegrität von ⁠Treibhausgas⁠-Entnahmen sowie unvollständigem Ausschluss von Doppelzählungen zulässt. Unternehmen, die glaubwürdig mit Treibhausgasneutralität werben wollen, müssen daher mehr tun, als die Anforderungen der ISO 14068-1 zu erfüllen. Vielmehr müssen sie ihre Treibhausgasemissionen konsequent im Einklang mit den internationalen Klimazielen verringern und aktiv negative Auswirkungen von Treibhausgasentnahmen verhindern.

Missverständliche Aussagen verbieten

Gerichte, die über Abmahnungen und Klagen von Treibhausgas-Neutralitätsaussagen zu entscheiden haben, sollten ihr Urteil nicht nur darauf stützen, ob die Anforderungen der ISO 14068-1 erfüllt werden. Die EU und Deutschland sollten rechtliche Regelungen verabschieden, um missverständliche Aussagen zur Treibhausgasneutralität zu verbieten. Die kommende EU-Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher (Empowering Consumers Directive) und die geplante EU-Richtlinie zu expliziten Umweltaussagen (Green Claims Directive) schaffen hierzu den rechtlichen Rahmen. Schließlich sollte auch die ISO schnellstmöglich die Norm zur Treibhausgasneutralität überarbeiten und deren Schwächen beseitigen.

Bild oben: Photovoltaikanlagen sind eine Option, wie Unternehmen ihre Treibhausgasemissionen senken können. Foto: Pixabay/gerhardt12

Von fil