Ein DIW-Prognosemodell untersucht, unter welchen Voraussetzungen deutsche Emissionsziele erreicht werden können und welche Effekte dies auf das Wirtschaftswachstum hätte. Das Ergebnis: Der technologische Fortschritt müsste sich entweder beschleunigen oder zusätzliche Maßnahmen wie eine CO2-Bepreisung eingeführt werden, um die Emissionsziele zu erreichen. Der CO2-Preis hätte ohne Rückführung der Einnahmen eine dämpfende Wirkung auf das Wirtschaftswachstum.
Entweder muss sich der technologische Fortschritt stark beschleunigen oder zusätzliche Maßnahmen wie eine relativ hohe CO2-Bepreisung eingeführt werden, damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann. Eine CO2-Bepreisung würde aber zu Lasten des langfristigen Wirtschaftswachstums gehen, wenn die daraus generierten Einnahmen nicht an Haushalte und Unternehmen zurückgeführt werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin). Die DIW-Konjunkturexperten Timm Bönke, Geraldine Dany-Knedlik und Werner Roeger haben ein Prognosemodell mit Energiewende entwickelt und analysiert, unter welchen Voraussetzungen die Emissionsziele erreicht werden können und welche Effekte dies auf das langfristige Wirtschaftswachstum hätte. Dazu wurden verschiedene Szenarien im Vergleich zu einem Basisszenario ohne Emissionsreduktionen modelliert.
So sind die Ziele nicht zu erreichen
Bisher wächst der technologische Fortschritt, der zu Energieeinsparungen führt, jährlich lediglich um 2,7 Prozent. Bleibt es bei dieser Geschwindigkeit, können den Ergebnissen zufolge die Emissionsziele bis zum Jahr 2030 nicht erreicht werden, da der Energieverbrauch damit nur um 20 Prozent sänke. Der technologische Fortschritt müsste stattdessen auf jährlich 4,6 Prozent steigen, was den Energieverbrauch um 33 Prozent bis 2030 senken würde. Die Wirtschaft wüchse dadurch um fast 0,15 Prozent stärker als in einem Szenario ohne Emissionsreduzierung. „Dass sich der technologische Fortschritt so rasant beschleunigt, ist nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht unmöglich“, sagt Studienautorin Dany-Knedlik, die auch Co-Leiterin des Konjunkturteams im DIW Berlin ist.
In einem weiteren Szenario hat sie mit ihren Kollegen daher berechnet, was eine zusätzliche CO2-Bepreisung für Effekte hätte. „Beschleunigt sich der technologische Fortschritt nicht genügend, könnte eine entsprechend hohe CO2-Bepreisung zwar für Energieeinsparungen sorgen. Dadurch steigende Energiepreise würden aber die Unternehmen belasten und das langfristige Wirtschaftswachstum dämpfen“, erläutert Studienautorin Dany-Knedlik. Der langfristige Output könnte so um knapp zwei Prozent bis zum Jahr 2030 niedriger ausfallen.
Einnahmen aus CO2-Bepreisung klug investieren
Das Ergebnis fiele aber anders aus, gibt Dany-Knedlik zu bedenken, wenn die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung zum einen als Klimageld und zum anderen für Förderungen zum Ausbau der erneuerbaren Energien oder insgesamt als klimazielkonforme Investitionen wieder an Unternehmen und Haushalte zurückflössen. Damit ließen sich wirtschaftliche Verwerfungen und negative Verteilungswirkungen abmildern. „Wie auch immer die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung verwendet werden, müssen wir bei einer erhöhten Geschwindigkeit des energiesparenden technologischen Fortschritts jedenfalls mit keinen wirtschaftlichen Einbußen rechnen“, prognostiziert Dany-Knedlik. Eine Kombination aus einem forcierten technologischen Fortschritt und einer vernünftig gestalteten CO2-Bepreisung könne nicht nur den Energieverbrauch so stark senken, dass die Emissionsziele erreicht werden, sondern auch für wirtschaftliche Impulse sorgen.
Bild oben: Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollten direkt in den Klimaschutz investiert werden, um die Emissionsziele zu erreichen. Grafik: DIW