Eine Forschungskooperation entwickelt klimaneutrale Produktion mit Hilfe von Bakterien aus dem Rinderpansen – Das BMBF fördert das Projekt mit 2,6 Millionen Euro.
Um die Klimakatastrophe abzumildern, intensiviert die Forschung ihre Anstrengungen, industrielle Produktionsprozesse, die auf dem Verbrauch fossiler Rohstoffe wie Erdöl basieren, durch klimaneutrale Alternativen zu ersetzen. Das gelingt beispielsweise durch Fermentationen, in denen Bakterien pflanzenbasierte Zucker und Kohlendioxid nutzen, um höherwertige chemische Substanzen im Bioreaktor herzustellen. Im Projekt FUMBIO wollen Forschende des Zentrums für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) der Uni Marburg, Kolleg*innen der Universitäten in Saarbrücken und Kaiserslautern-Landau sowie als koordinierender Partner das Unternehmen BASF einen solchen nachhaltigen Herstellungsprozess entwickeln.
Chemische Grundstoffe per Biokatalyse erzeugen
FUMBIO steht für „FUMarsäure BIObasiert“ und bezeichnet den biokatalytischen Weg, auf dem das Bakterium Basfia succiniciproducens aus nachwachsenden Zuckern und Kohlendioxid aus industriellen Abgasströmen das chemische Zwischenprodukt Fumarsäure erzeugt. Fumarsäure ist eine Plattformchemikalie, die tonnenweise in der Lebensmittel-, Pharma- und Kosmetikindustrie verwandt wird. Aus Sicht der Forscher*innen ist das gleich doppelt nachhaltig und klimafreundlich: CO2 wird der Umwelt entzogen, zudem wird auf Erdöl als Ausgangschemikalie verzichtet. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Forschungskonsortium im Zeitraum der Jahre 2024 bis 2026 mit insgesamt 2,6 Millionen Euro in seinem Programm „Klimaneutrale Produkte durch Biotechnologie“.
Projekt FUMBIO
„Das ist wegweisende Forschung, in der Universitäten und Industrie gemeinsam an der Entwicklung CO2-neutraler Produktionsprozesse arbeiten. FUMBIO ist ein Paradebeispiel für die klimarelevante Forschung in unserem Schwerpunkt ‚Microbes-for-climate‘ (M4C)“, sagt Prof. Dr. Thomas Nauss, Präsident der Philipps-Universität Marburg. Das Projekt FUMBIO soll die gesamte wirtschaftliche Wertschöpfungskette von den nachhaltigen Ausgangsstoffen über das Zwischenprodukt Fumarsäure bis hin zur biokatalytischen Umwandlung in biobasierte Endprodukte entwickeln. Ziel ist es, Produkte herzustellen, deren CO2-Fußabdruck gegenüber der herkömmlichen petrochemischen Produktion deutlich geringer ist – durch die Nutzung von CO2 aus Abgasströmen vielleicht sogar negativ wird. Begleitende Lebenszyklusanalysen sollen die Umweltverträglichkeit der Prozessschritte untersuchen und bewerten.
Bakterium stammt aus Kuhmägen
Das Bakterium Basfia succiniciproducens, das ursprünglich aus dem Pansen von Kühen isoliert wurde, wird bereits in anderen industriellen Fermentationsprozessen genutzt. Nun wollen die Forscher*innen aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Anke Becker von SYNMIKRO der Uni Marburg untersuchen, wie sich der Stoffwechsel des Bakteriums derart modifizieren lässt, dass es möglichst viel Furmarsäure herstellt. „Wir nutzen Methoden des sogenannten ‚metabolic engineering‘ und der synthetischen Biologie, um das Bakterium so umzuprogrammieren, dass es Fumarsäure produziert“, erläutert Dr. Tamara Hoffmann aus der Arbeitsgruppe.
Kolleg*innen aus Saarbrücken analysieren daraufhin die Bakterienstämme und deren Stoffwechsel. Das Industrieunternehmen BASF aus Ludwigshafen betrachtet die biotechnologische Fermentation und entwickelt gemeinsam mit den Forscher*innen aus Kaiserslautern die Weiterverarbeitung der Fumarsäure zu klimafreundlichen Produkten. Durch die Zusammenarbeit von Industrie und Uni-Forschung verspricht sich das BMBF eine rasche und konsequente Entwicklung, weitere Innovationen sowie wettbewerbsfähige Technologien.
Bild oben: Die Biologin Anke Becker leitet das Marburger Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO).Foto: Rolf K. Wegst Die Biologin Anke Becker leitet das Marburger Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO). Foto: Rolf K. Wegst