Der Grüne Punkt, das Reinigungsmittelunternehmen Werner & Mertz sowie der Naturschutzbund Deutschland (NABU) fordern eine einheitliche Definition für Kunststoffrezyklate. Post-Consumer-Rezyklate sollen dabei besser gestellt werden als Produktionsabfälle. 

Das Thema Circular Economy wird im kommenden Jahrzehnt eine, wenn nicht die wesentliche Aufgabe in puncto Umweltpolitik sein. Doch im Gegensatz zu Papier und Glas wird Kunststoff bisher immer noch zu einem deutlich geringeren Prozentsatz recycelt und danach zur Herstellung neuer Produkte genutzt erklärten die drei Beteiligten in einer gemeinsamen Pressemeldung. Bis 2025 müssen laut EU-Verpackungsrichtlinie 50 % der Kunststoffverpackungen in der EU recycelt werden. Da zudem künftig Aufbereitungsverluste nicht mehr in die Berechnung der Recyclingquote einfließen dürfen, bedeutet das, dass sich die Recyclingmenge von Kunststoffverpackungen europaweit von aktuell etwa 4,6 Mio t in den nächsten Jahren auf etwa 8 Mio t Tonnen fast verdoppeln muss. Es bedarf deshalb einer erheblichen Kraftanstrengung und klarer politischer Rahmenbedingungen, um Umwelt und Rohstoffe durch das richtige Kunststoffrecycling zu schützen, heißt es in der Erklärung.

Neuware ist zu billig

Die geringe Recyclingquote ist den Unterzeichnern zufolge vor allem darauf zurückzuführen, dass die Verwendung von Neuware viel günstiger ist als der Einsatz von Rezyklat – durch die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise habe sich dieser Kostenunterschied noch einmal verstärkt: Mit dem sinkenden Rohölpreis sind auch die Recyclingquoten rapide zurückgegangen. Laut einer aktuellen Umfrage des Entsorgerverbandes BDE fragen Verpackungshersteller 30 % weniger Rezyklat nach. Aus diesem Grund sei eine finanzielle Förderung von Verpackungen, die ganz oder teilweise aus Rezyklat hergestellt werden, unumgänglich.

Der Teufel steckt im Detail

So schreibt es das seit 2019 geltende Verpackungsgesetz vor und das ist auch der Ansatz der ab 2021 geltenden von der EU beschlossenen sogenannten „Plastiksteuer“ auf nicht recyceltes Plastik. Doch dabei ist eine Definition des Rezyklat-Begriffs entscheidend: Wenn gesetzliche Regelungen Mindestquoten für Rezyklatanteile in Verpackungen festsetzen oder der Einsatz von Rezyklaten finanziell privilegiert werden soll, muss entsprechend klar definiert sein, worauf sich die Regelungen beziehen und zwar im zur Novellierung anstehenden Kreislaufwirtschaftsgesetz. Eine echte Kreislaufwirtschaft setzt voraus, dass Abfälle, die beim Endverbraucher anfallen, hochwertig recycelt und wieder in den Produktkreislauf zurückgeführt werden. Die Verwertung von Produktionsabfällen hingegen, sogenanntes „Post-Industrial-Rezyklat“, hilft nicht dabei, der Plastikvermüllung unseres Planeten entgegenzuwirken.

PCR ist zu bevorzugen

Deshalb fordern Der Grüne Punkt, die Werner & Mertz GmbH sowie der NABU eine gesetzlich bindende Definition für Kunststoffrezyklate, bei der „Post-Consumer-Rezyklate“ (PCR) bei der Förderung klar bevorzugt werden. Produktionsabfälle hingegen sollten entsprechend nicht als förderwürdiges Rezyklat anerkannt werden und sollen auch nicht in die Berechnung zukünftiger Mindestquoten für Rezyklatanteile in Verpackungen herangezogen werden.

Denn wenn industrieller Kunststoffabfall ebenfalls als Rezyklat gilt, könnten sich viele Unternehmen für diesen einfacheren und billigeren Weg entscheiden, wie Reinhard Schneider, Geschäftsführender Gesellschafter der Werner & Mertz GmbH, betont: „Als der Pionier der hochwertigen Verwendung von PCR aus dem Gelben Sack wissen wir, dass die von uns entwickelten marktfähigen Lösungen sich nicht weiter durchsetzen werden, wenn Industrieabfälle für den Umweltschutz fälschlicherweise als gleichwertig behandelt werden. Industrieabfälle lassen sich deutlich günstiger aufbereiten und sind letztlich die Folge ineffizienter Prozesse. Dies sollte der Staat nicht auch noch subventionieren. Die Verbraucher erwarten hier zu recht nachhaltige Angebote und keine Tricks.“

Design for Recycling und Förderung des Einsatzes von PCR

Jörg-Andreas Krüger, Präsident des NABU, betont die große Bedeutung des Recyclings für den Umweltschutz: „Um Klima und Rohstoffe zu schützen, müssen wir unseren Verpackungsaufwand minimieren und die Kunststoffe in engen Kreisläufen führen. Dafür braucht es Hersteller, die auf recyclingfreundliches Design achten und Recyclingmaterial in hochwertigen Anwendungen einsetzen. Doch zu oft rechnen Unternehmen ihre Recyclingerfolge schön, indem sie lediglich ihre Produktionsreste verwerten. Sie lassen damit wahre Produktverantwortung vermissen. Damit mehr in das technisch herausfordernde Recycling von Abfällen aus dem Gelben Sack investiert wird, muss der Gesetzgeber die Verwertung dieser Abfallströme in besonderer Weise fördern und eine gesetzlich Definition für KunststoffRezyklate einführen.“

Michael Wiener, CEO Der Grüne Punkt, geht sogar noch einen Schritt weiter und macht deutlich, dass die gesamte Kreislaufwirtschaft von der richtigen Definition abhängt: „Wir werden die Plastikkrise nur lösen, wenn Kunststoff kreislauffähig wird. Dazu müssen wir gerade an die Kunststoffabfälle heran, die beim Endverbraucher anfallen und bei denen das Recycling eine echte Herausforderung ist. Das Recycling von Produktionsabfällen braucht keine Förderung – das Recycling von Post-Consumer-Abfällen sehr wohl. Aus diesem Grund ist die Unterscheidung von grundlegender Bedeutung – und sie entscheidet über das Gelingen oder Scheitern der Kreislaufwirtschaft für Kunststoff.“

Alle drei sind sich einig, dass nur eine klare Definition des Rezyklatbegriffs die Kreislaufwirtschaft retten und damit Klima und Umwelt schützen wird. Der Herkunftsnachweis könnte über das RAL Gütezeichen „%-Recycling Kunststoff“ erfolgen, das den prozentualen Anteil recycelter Kunststoffmaterialien aus dem Gelben Sack oder der Gelben Tonne in Produkten angibt. Die Wiederverwertung von Gewerbe- und Industrieabfällen wird in die Prozentangaben ausdrücklich nicht einbezogen, um gezielt Anreize für die Wiedernutzung von Plastikmaterialien aus Haushaltsabfällen zu schaffen.

Von fil