Zwischen 18 und 21 Millionen Tonnen Plastikmüll gelangen jährlich in die Gewässer dieser Welt. Die Tendenz: steigend. Um der Herausforderung zu begegnen, ist es nötig, ein breites gesellschaftliches Bewusstsein für die Verschmutzung der Umwelt mit Plastikabfall und dem daraus resultierenden Mikroplastik zu schaffen. Deshalb hat das Helmholtz-Zentrum Hereon nun eine digitale englischsprachige Informationsplattform zur Plastikverschmutzung entwickelt.

Unter Federführung des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes wollen Forschende verschiedener Disziplinen am Helmholtz-Zentrum Hereon dazu beitragen, das öffentliche Bewusstsein für die Plastik- und Mikroplastikkrise zu stärken. Zusätzlich konnten anerkannte Spezialistinnen und Spezialisten aus anderen Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft und Universitäten für weitere Beiträge zu ausgewählten Themen gewonnen werden. Daher wurde kürzlich das sogenannte „Microplastic Compendium“ online veröffentlicht. Die digitale Anwendung in englischer Sprache ist eine Informationsplattform rund um das Thema Plastik- und Mikroplastikverschmutzung sowie deren Gefahren, Verbreitung und zugrundeliegende wissenschaftliche Untersuchungen. Das Kompendium, kurz MPC, ist für eine breite Leserschaft angelegt und enthält komprimierte Informationen zu vielen wissenschaftlichen Studien aus dem Bereich Mikroplastik. Etwa auch zu Themen wie Trinkwasser, Lebensmitteln, Transportpfaden, verschiedenen Ökosystemen, politischen Initiativen, Forschungsprojekten, aber auch Lösungsansätze und verwandte Themen wie Reifenabrieb werden diskutiert.

Das MPC ist Teil der Coastal Pollution Toolbox, einer zentralen Anlaufstelle für Forschende und alle, die an der Bewältigung von Verschmutzung in Küstengebieten und der marinen Umwelt beteiligt sind. Ganz egal, ob die Verschmutzung organischer oder anorganischer, traditioneller oder neuartiger Natur ist oder durch die Dynamik von Nährstoffen und Kohlenstoff beeinflusst wird. Ziel ist, eine dynamisch-lebendige Plattform zu erschaffen, die aktuelle Erkenntnisse integriert und auf hieraus abgeleitete Anforderungen reagiert. Das MPC wird künftig ausgebaut und um Beiträge zu anderen Schwerpunktbereichen globaler Umweltveränderungen erweitert: „Wir laden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unseres wachsenden Partnernetzwerkes unterschiedlicher Fachbereiche der Schadstoffforschung ein, Beiträge aus ihren Arbeiten zu unserem Kompendium beizutragen“, sagt Dr. Marcus Lange, Koordinator vom Hereon-Institut für Umweltchemie des Küstenraumes. Das MPC ist damit ein Meilenstein für die betreffende Forschung und die Information darüber.

Hintergrund

Einmal in die marine Umwelt eingetragen, kann Plastikmüll viele Jahre in unseren Gewässern verbleiben. Der World Wide Fund For Nature (WWF) vermutet, dass Meereslebewesen in erheblichem Maße durch Plastikmüll beeinträchtigt sein können. Nach Schätzungen kanadischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen Menschen jährlich zwischen 74.000 und 121.000 Mikroplastikpartikel und –fasern im Größenbereich von 0.001 – 5 Millimeter über die Nahrung und die Atemluft auf. Wegen dieser erschreckenden Zahlen sprechen Umweltschützerinnen und Umweltschützer auch von einer „Plastikkrise“. Dabei geht eine erhöhte Gefahr von Mikroplastik aus, da es wegen seiner Größe leicht von Organismen aufgenommen werden kann.

Die weltweiten Ströme von Mikroplastik kennen dabei keine Ländergrenzen. Flüsse funktionieren als Transportwege. Experten gehen davon aus, dass ein großer Teil des Plastikmülls durch unkontrollierte und zum Teil auch illegale Entsorgung oder Wetterereignisse vom Land in die Meere gelangen. Daher kann die Plastikkrise nur durch globales Handeln bekämpft werden. Eine Vielzahl von Initiativen auf nationaler wie internationaler Ebene kümmern sich bereits um diese Problematik. Erst jüngst erteilte die fünfte Umweltversammlung der Vereinten Nationen (UNEA) in Nairobi das Mandat zur Verhandlung für ein globales Plastikabkommen. Es sieht vor, alle Bereiche der Umwelt entlang des gesamten Lebenszyklus von Plastik – von der Produktion über den Konsum bis zur Entsorgung – zu betrachten und verbindlich zu regulieren.

Kleinsten Plastikpartikeln auf der Spur

Am Helmholtz-Zentrum Hereon wird sowohl zur Existenz von Mikroplastik in der Umwelt als auch den Wechselwirkungen zwischen Mikroplastik und Co-Schadstoffen umfangreich geforscht. Prof. Ralf Ebinghaus, Leiter des Instituts für Umweltchemie des Küstenraumes am Helmholtz-Zentrum Hereon, sagt hierzu: „Mikroplastik-Partikel enthalten je nach Art, Größe und Verweildauer in der Umwelt einen vielfältigen Mix an Chemikalien. Darunter sind solche, die bei der Herstellung absichtlich zugesetzt worden sind und andere, die sich am Partikel später anreichern. In beiden Fällen können es auch für den Menschen gesundheitsschädigende Stoffe sein, die wie mit einem trojanischen Pferd in den menschlichen Organismus gelangen. Ich halte es für zentral, dass solchen Risiken in einem globalen Plastikabkommen oder im Rahmen der Einrichtung eines wissenschaftspolitischen Gremiums zu Chemikalien und Mikroplastik Rechnung getragen wird.“

Bild oben: Blick vom Forschungsschiff SONNE bei einer Expedition in Sachen Mikroplastik. Foto: Hereon/ Tristan Zimmermann

Von fil