Das Berliner Climate-Tech-Start-up C1 gibt heute mit seinen Partnern – dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES, dem Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, dem DBI-Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg sowie der Technischen Universität Berlin – den Start des Projekts „Leuna100“ bekannt. Ziel ist die marktreife und skalierbare Herstellung grünen Methanols für die Schiff- und Luftfahrt. Der Alkohol gilt als Schlüssel, um diese Industrien zu defossilisieren und aus der Abhängigkeit von Erdöl zu befreien. Dafür setzt das Konsortium auf das neuartige C1-Katalyseverfahren zur Herstellung von grünem Methanol. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) über die nächsten drei Jahre mit insgesamt 10,4 Millionen Euro gefördert.

Allein die Schifffahrt ist aktuell für den Ausstoß von rund 1,1 Milliarden Tonnen CO (rund drei Prozent der globalen CO2-Emissionen) sowie weiterer gesundheitsschädlicher Luftschadstoffe wie Schwefel- und Stickoxide oder Feinstaub verantwortlich. Durch den Ersatz fossilen Öls durch regenerative Schiffskraftstoffe lässt sich daher jedes Jahr mehr als eine Gigatonne CO2 einsparen. Für Container-Schiffe setzt sich grünes Methanol aktuell als klimaneutrale Treibstoffalternative in der Anwendung durch.

Neuartiges Verfahren zur wirtschaftlichen Herstellung grünen Methanols

Die heutige Produktion von Methanol beruht auf einem einhundert Jahre alten, technisch ausgereizten und emissionslastigen Herstellungsverfahren basierend auf fossilem Erdgas oder Kohle. C1 hat einen neuen, hocheffizienten Katalysator entwickelt, der dieses Verfahren revolutioniert. Dieser ermöglicht die wirtschaftliche Produktion von grünem Methanol aus nicht-fossilen Rohstoffen wie Biomasse oder CO2. Das Verfahren ermöglicht eine Methanolwirtschaft, bei der der eingesetzte Kohlenstoff in einem kontinuierlichen Kreislauf genutzt wird, anstatt zusätzliche CO2-Emissionen zu erzeugen.

„Im Jahr 1923 wurde in Leuna die erste kommerzielle Methanol-Anlage der Welt errichtet. Wir schreiben diese Erfolgsgeschichte nun fort, indem wir genau 100 Jahre später am gleichen Ort den Herstellungsprozess von Methanol komplett neu erfinden“, erklärt Dr. Christoph Zehe, der als Mitgründer von C1 das Projekt verantwortet. „Wir ebnen damit den Weg für die effiziente Nutzung regenerativer Eingangsstoffe zur Herstellung von grünem Methanol im industriellen Maßstab und leisten damit einen wichtigen Beitrag für die Entwicklung des Chemieparks Leuna zum Zukunftsstandort für grüne Chemie.“

„Leuna100“-Projekt für den Markthochlauf der grünen Methanolproduktion

Für den Markthochlauf des E-Methanol-Verfahrens müssen einzelne Prozessschritte und insbesondere ihre Kopplung zu einem Gesamtprozess optimiert und skaliert werden. Ziel des Projektes ist die weltweit erstmalige Realisierung des Gesamtprozesses aus strombasierter Synthesegas-Erzeugung und einer grundlegend neu entwickelten Methanolsynthese unter Realbedingungen.

„Die Klimakrise erzwingt eine enorm ambitionierte Reduktion des CO2-Ausstoßes. Deutschland und die EU haben verbindliche Ziele für den Verkehrssektor und Quoten für erneuerbare Kraftstoffe vorgegeben. Schwer zu elektrifizierende Bereiche wie Schiffs- und Luftverkehr haben aber keinen technisch etablierten Weg, dies ökonomisch und skalierbar zu erfüllen. Regenerative Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff und CO2 bieten eine Alternative, sind aber noch nicht bereit für den Markthochlauf. Genau hier setzen wir mit dem Projekt Leuna100 an, indem wir von CO2 bis Methanol die komplette Prozesskette innovieren und so das günstigste Verfahren zur Herstellung von grünem Methanol etablieren“, erklärt Dr. Kai junge Puring, Projektleiter am Fraunhofer UMSICHT.

Michael Seirig, Abteilungsleiter Wasserstofflabore und Feldtests beim Fraunhofer IWES, ergänzt: „Das Projekt Leuna100 adressiert eine zentrale Herausforderung: Es gibt gerade ein sehr großes Momentum im Bereich der regenerativen Kraftstoffe, mit vielen einzelnen Innovationen. Was aber fehlt, ist deren Verknüpfung, um wirklich einen großtechnischen Markthochlauf zu ermöglichen. Viele verschiedene Schritte in der Erzeugung von regenerativen Kraftstoffen lassen sich elektrifizieren und so auf erneuerbare Energien umstellen. Praktisch erfordert die Defossilisierung der Produktion jedoch nicht nur die Befähigung einzelner Teilschritte, sondern die Kopplung und den lastdienlichen Betrieb als Ganzes. Hier schafft die Förderung des BMDV eine Möglichkeit, genau dieses umzusetzen. Mit dem Hydrogen Lab Leuna bietet das Fraunhofer IWES zudem eine einzigartige Forschungsinfrastruktur für die Erprobung von H2– und PtX-Technologien im Industriemaßstab und unter Realbedingungen – damit bestehen optimale Voraussetzung für das Projekt.“

Das Projekt „Leuna100“ startet im August 2023 im Chemiepark Leuna und ist auf drei Jahre angelegt. Es wird im Rahmen des Gesamtkonzepts Erneuerbare Kraftstoffe mit insgesamt 10,4 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert. Die Förderrichtlinie für die Entwicklung regenerativer Kraftstoffe wird von der NOW GmbH koordiniert und durch die Projektträger VDI/VDE Innovation + Technik GmbH sowie die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e. V. umgesetzt.

Hintergrund

C1 stellt den neuen Katalysator sowie den eigens entwickelten und mit der Firma OilRoq aus Halle (Saale) realisierten Reaktor zur homogenen Katalyse von Methanol zur Verfügung. Dieser wird an zwei unterschiedliche Technologien zur CO2-basierten Erzeugung von Synthesegas als Eingangsstoff gekoppelt: Das Fraunhofer UMSICHT liefert eine neue Niedertemperatur-Co-Elektrolyse, DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg setzt eine Reverse-Water-Gas-Shift-Anlage ein. Das Fraunhofer IWES stellt den Standort und die Infrastruktur vor Ort im Hydrogen Lab Leuna zur Verfügung und evaluiert die Lastflexibilität der Komponenten und des Gesamtprozesses. Die TU Berlin entwickelt ein effizientes Betriebskonzept auf Basis eines dynamischen Gesamtprozessmodell und erstellt anwendungsnahe mathematische Methoden zur Bewertung und Optimierung der Lastflexibilität.

Eine zentrale Innovation ist neben der Option der strombasierten und lastflexiblen Nutzung der Synthesegaserzeugung die homogene Katalyse für die Methanolerzeugung selbst. Weltweit erstmalig kommt nicht wie bisher eine zweidimensionale Oberflächenreaktion mit Festkörperkatalysatoren (heterogene Katalyse) zum Einsatz, sondern die von C1 entwickelte, dreidimensional skalierbare Reaktion in der flüssigen Phase (homogene Katalyse). Diese ist nicht nur hochselektiv, besser skalierbar und geeignet für einen lastflexiblen Betrieb, sondern bietet auch Kostenvorteile unabhängig von der Anlagengröße. Das eingesetzte CO2 stammt aus industriellen Prozessemissionen. Mit der integrierten End-to-End-Prozesskette schafft „Leuna100“ so die Voraussetzung für eine RED-II-konforme Produktion von grünem Methanol. Die abschließende Evaluation des produzierten Methanols auf seine Eignung als Schiffskraftstoff und zur weiteren Verarbeitung zu Kerosin stellt die Anwendbarkeit sicher.

Bild oben: Niedertemperatur-CO2-Elektrolyseur am Fraunhofer UMSICHT. Foto: Fraunhofer UMSICHT/Mike Henning

Von fil